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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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Wibeau: «Ich hatte nichts gegen Lenin und die. Ich hatte auch nichts gegen den Kommunismus und das, die Abschaffung der Ausbeutung auf der ganzen Welt. Dagegen war ich nicht. Aber gegen alles andere. Daß man Bücher nach der Größe ordnet zum Beispiel [,..].» 51
    Illoyalität und politischer Widerstand klang anders. Dennoch blieb das staatliche Mißtrauen gegenüber der eigenen Liberalität. An ihm scheiterte schließlich auch der Versuch der SED, Pop- und Rockmusiker aus dem Westen für die eigene Seite im Kalten Krieg zu verpflichten. «Rock für den Frieden» war eine 1982 in der Tradition der «X. Weltfestspiele der Jugend» begonnene Initiative, die diesmal direkt in eine gezielte Propagandakampagne gegen den Westen - gegen die Stationierung nuklearer Mittelstreckenraketen in der Bundesrepublik - eingebunden war. Tatsächlich ließen sich zunächst sogar einige in der westdeutschen Friedensbewegung engagierte Musiker anwerben, so etwa die Kölner Gruppe BAP. Sie zog sich allerdings zurück, als die ostdeutsche Staatsführung nur ausgewählte Titel akzeptieren wollte und schließlich sogar zu dem Schluß kam, daß auch diese Gruppe im Grunde genommen ein Teil des großangelegten westlichen Plans sei, die DDR zu destabilisieren. Auch in den folgenden Jahren fühlte sich die mißtrauische SED-Führung immer wieder in diesem Bild bestätigt. Als der Senat in Westberlin wenige Jahre später genehmigte, daß westliche Rockstars wie David Bowie oder die Gruppe Genesis während der Pfingstfeiertage 1987 nur wenige Schritte von der Mauer am Brandenburger Tor entfernt, ein Open-Air-Konzert veranstalten durften, das dann auch bis weit nach Ostberlin hinein zu hören war, war das alte Feindbild des Kalten Krieges unmittelbar präsent. Als dann noch auf der Straße «Unter den Linden», auf DDR-Seite, Hochrufe auf Gorbatschow laut wurden, stimmten die Fronten des Kalten Krieges wie 1969, als die ostdeutschen Behörden Hunderte Fans der Rolling Sternes festgenommen hatten: 1987 waren es immerhin 158 Personen, die vom MfS wegen ihres Interesses für Musik aus dem Westen verhaftet wurden.
    Trotz ihrer Vorbehalte gegen Gorbatschows Reformprogramm schien auch die SED-Politilc in den letzten beiden Jahren der DDR wieder mehr Liberalität zu signalisieren. In der Sowjetunion waren «gemischte» Konzerte, auf denen Musiker aus dem Westen und dem Osten gemeinsam spielen durften, bereits seit 1985 bekannt.
    1988 gab es das berühmte Konzert im Luschniki-Stadion in Moskau, auf dem unter anderem westliche Rockstars wie Carlos Santa-na auftraten. Auch in die DDR durften nun Rockgrößen aus dem Westen - so etwa Joe Cocker, Bob Dylan oder Bruce Springsteen -einreisen und Konzerte geben. 1989 ging man sogar auf das Angebot aus den USA ein, in der DDR ein Festival unter dem Titel «20 Jahre Woodstock» zu veranstalten. Die Realisierung scheiterte dann zwar wiederum am Mißtrauen der SED-Führung. Doch ein halbes Jahr später war ohnehin «die Mauer offen» und DDR-Bürger konnten zu Konzerten in den Westen reisen.
Schaufenster oder Feindbild: Kunst, Architektur, Sport
    Kultur blieb eine universale Waffe im Kalten Krieg. Wie umfassend sie tatsächlich war, läßt sich daraus ersehen, daß eigens verdeckte Organisationen gegründet wurden, deren einzige Aufgabe es blieb, neben den offiziellen Institutionen möglichst unaufdringlich westliches oder sowjetisches Gedankengut auf der jeweils anderen Seite des Konflikts zu popularisieren. Für den Westen besorgte dies zwischen 1950 und 1967 der durch CIA-Gelder finanzierte «Kongreß für Kulturelle Freiheit» (CCF), «eine Art NATO der Kultur», wie es 1962 in einer bissigen Satire hieß. 52 Der CCF versammelte in diesen Jahren einige der bekanntesten Größen des Kulturlebens: George Orwell, Arthur Koestler, Manes Sperber, Bertrand Russell oder Ignazio Silone. Wie die USIA, die ganz offiziell im Namen der amerikanischen Regierung US-Jazzmusiker wie Dizzy Gillespie oder Louis Armstrong oder auch ganze Broadway Musicals wie Porgy and Bess als Botschafter des Westens durch die Welt sandte, schickte der CCF unter anderem komplette Symphonieorchester um den Globus, organisierte große Kongresse und gab anerkannte Zeitschriften wie Der Monat oder Encounter heraus. Rund 170 Stiftungen, sogenannte Dummie Foundations, unterhielt der amerikanische Geheimdienst CIA allein für den Zweck, die wahren Auftraggeber und die politischpropagandistische Instrumentalisierung nicht deutlich werden zu lassen. Mit

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