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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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Staates im Ostteil benötigte, wurde sichtbar, als 1954 sogar ein kleines, durch Grünflächen aufgelockertes «entmischtes» Hochhausensemble, die Ernst-Reuter-Siedlung im an der Grenze liegenden Stadtteil Wedding, zu einem politischen Symbol des Westens erhoben wurde. Zur Einweihung der Sozialwohnungen reiste immerhin Bundespräsident Theodor Heuß an. Weitere Wohnbauten an der Grenze zum Osten folgten. Unter anderem wurden ab 1956 die Otto-Suhr-Siedlung und die Siedlung Waldeckpark in Kreuzberg direkt am Grenzstreifen errichtet. «Der Wiederaufbau der zerstörten Stadtkerne», erklärte der Regierende Bürgermeister Otto Suhr in seiner Regierungserklärung 1955 programmatisch, «sollte vor allem an den Sektorengrenzen gefördert werden, um den Eindruck der Steinwüsten an der Grenze zu beseitigen und gegenüber der Fassadenkultur des Ostsektors echte zukunftsvolle Baugesinnung und neuen Lebensstil zum Ausdruck zu bringen». 57 Dies war auch eine der Leitideen für den zwei Jahre zuvor gestarteten großen Städtebauwettbewerb Westberlins, der den zentralen Gegenentwurf zur Stalinallee entwickeln sollte, «ein klares Bekenntnis zur Architektur der westlichen Welt [...] im Gegensatz zu dem falschen Prunk der », wie Bausenator Mahler 1953 betonte. 58 Wie stark der Wettbewerb vom globalen Systemkonflikt und seinen Symbolen geprägt war, ließ sich nicht zuletzt daran erkennen, daß 1954 zwar ein Gewinner ermittelt wurde, sein prämierter Entwurf aber nicht zur Ausführung kam, weil man sich statt dessen entschied, zur Erhöhung der Wirkung auf international bekanntere Namen zu setzen. Die Bauten, die 1957/58 während der Internationalen Bauausstellung im sogenannten Hansaviertel des Bezirks Tiergarten entstanden, stammten von den Stars der Architekturszene, unter anderem von Walter Gropius oder Alvar Aalto. Die «Interbau» in Westberlin zeige, hieß es zur Eröffnung 1957 programmatisch, «wo wir stehem und wohin wir wollen»». 59 Inhaltlich setzten die wiederum nahe der

    POSTKARTE zum «SCHAUFENSTER DER SYSTEME» OST Die Planung der Stalinallee, die «Erste sozialistische Straße» in Ostberlin, ging auf das Jahr 1949 zurück und wurde in verschiedenen Bauabschnitten verwirklicht. Die sieben- bis neungeschossigen «Arbeiterpaläste» sollten an eine «Architektur der nationalen Tradition» anknüpfen und erinnerten viele gerade deshalb an die von Albert Speer für Berlin geplanten Bauten des NS-Staats.
    Grenze plazierten Hochhäuser nicht auf symmetrisch-geordnete, «totalitäre» Blockbebauung wie an der Stalinallee, die tatsächlich fatal an die NS-Planungen erinnerten, sondern in bewußter Abgrenzung auf unregelmäßig angeordnete, freistehende Bauten. Sie sollten einen «demokratischen», einen freien Stil symbolisieren. Nur ein Jahr nach der «Interbau» antwortete die DDR mit einem modernen Gegenentwurf, der 1958 in Sichtweite des Westteils begonnenen Hochhaussiedlung im sogenannten Heinrich-Heine-Viertel.
    Zu einer anderen, weit emotionaler besetzten Konkurrenzebene zwischen den Blöcken entwickelte sich der Sport. 60 Er gehörte schließlich zu den wenigen Bereichen, in denen nach einhelliger Auffassung dem Ostblock tatsächlich häufig das «Überholen» im Kampf der Systeme gelang. Den Sport betrachteten die Sowjetunion und ihre Verbündeten daher auch viel mehr als der Westen als ein Instrument der Außenpolitik, mit dem sich die meiste An-

    Postkarte zum «schaufenster der SYSTEME» west Das «entmischte» Hansa-viertel mit seinen freistehenden modernen Bauten in Westberlin verstand sich als «antitotalitärer» Gegenentwurf zur Stalinallee. Die Internationale Bauausstellung (Interbau) 1957 sollte ein Bekenntnis zum «westlichen Baustil» und seinen Architekturtheorien sein.
    erkennung in der Welt erreichen ließ. «Hohe sportliche Leistungen haben eine große politische Wirksamkeit», hieß es 1961 zum Beispiel in einer Sportdirektive der SED. «Sie tragen dazu bei, die Überlegenheit der sozialistischen Gesellschaftsordnung der DDR gegenüber dem militärisch-militaristischen Westdeutschland unter Beweis zu stellen.» 61 Zwar gab es das sogenannte Doping, den gezielten Einsatz von Medikamenten zur Erreichung sportlicher Höchstleistungen, auch im Westen. Doch im Ostblock wurde es von staatlicher Seite systematisch, gezielt, dauerhaft, umfassend und ohne Rücksicht auf gesundheitliche Folgeschäden eingesetzt. Dies rechtfertigte sich aus Sicht des Ostblocks aus dem übergeordneten

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