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Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters

Titel: Der Kalte Krieg 1947-1991 - Geschichte eines radikalen Zeitalters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Stöver
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R-16 (SS-7 Saddler). Sie war mit ihren ebenfalls rund 11 500 km Reichweite zum ersten Mal in der Lage, die USA auch in ihren Zentren zu treffen. Die Zielabweichung von fast drei Kilometern entsprach in etwa der Atlas-Serie. Die mangelnde Zielgenauigkeit glich die R-16, wie ihr ebenso ungenauer Nachfolger R-9 (SS-8 Sasin), mit einer den US-Ralceten zum damaligen Zeitpunkt deutlich überlegenen Sprengkraft von 5 Megatonnen aus. Das Prinzip wurde zunächst beibehalten. Mit 25 Megatonnen gehörte die 1966 folgende R-36 (SS-9 Scarp ), eine wie in den USA in Silos verbunkerte ICBM, zu den stärksten jemals gebauten Interkontinentalraketen. Ihr Auftauchen bei den Paraden auf dem Roten Platz in Moskau sorgte im Westen für erhebliche Aufregung. Zehn Jahre später stellten die Sowjets dann als Nachfolger der Scarp die größte jemals während des Kalten Krieges gebaute ICBM in Dienst: die mit 350 Metern Zielabweichung extrem treffgenaue R-36-M (SS-18 Satan) mit einem 20 Megatonnen-Sprengkopf, später ebenfalls mit zehn Mehrfachsprengköpfen von je 500 Kilotonnen. Die R-36 wurde von den Amerikanern zum ersten Mal sogar als Gefährdung der Minuteman-Silos betrachtet. Noch 1966 wurde auch die erste Generation einer «sowjetischen Minuteman», die UR-100 (SS-11 Sego), in Dienst gestellt. Sie wurde die mit Abstand am häufigsten produzierte Interkontinentalrakete der UdSSR. Parallel dazu setzten die Sowjets weiterhin auf mobile ICBM-Systeme, die in den USA weitgehend zugunsten der Silos aufgegeben worden waren. Gerade diese ab 1971 in Dienst gestellten Raketen vom Typ RT-21/RS-14 (SS-16 Sinner) und die ab
    1985 verfügbaren, auf Kraftfahrzeugen oder Eisenbahnschienen mobil einsetzbaren Typen (RT-2PM Topol/SS-25 Sickle) waren aus westlicher Sicht eine Infragestellung des atomaren Gleichgewichts.
    Der Wettstreit im Kalten Krieg um Strategische Waffensysteme betraf selbstverständlich nicht nur die sogenannten Supermächte. 18 Nicht zuletzt aus Prestigegründen zündeten weitere Staaten in den folgenden Jahren eigene Nuklearwaffen: Großbritannien ließ die erste Atombombe am 3. Oktober 1952 detonieren, die erste genuine thermonukleare Bombe folgte am 8. November 1957. Während man für atmosphärische Tests der Atombombe zwölf Mal Australien (Monte-Bello-Inseln/Emu Field/Maralinga Proving Grounds) auswählte, wurde für die ersten H-Bomben wiederum der Pazifik ausgewählt - die Malden-Inseln. Frankreich folgte mit entsprechenden Sprengsätzen 1960 und 1968. Sie wurden in Algerien (Reggane) und im Pazifik (Französisch-Polynesien: Fangataufa und Mururoa-Atoll) gezündet. China zog 1964 und 1967 auf seinem Testgebiet, der Salzwüste Lop Nur in Sinkiang, nach. Während Großbritannien und Frankreich auf den Bau von Interkontinentalraketen verzichteten und dafür auf Strategische Bomber setzten (Vickers Valiant 1955/Dassault Mirage IVA 1965), gelang China auch der Bau einer eigenen ICBM. China profitierte dabei von der bis
    1959 gewährten sowjetischen Waffenhilfe. Neben taktischen Raketen des Typs R-l (SS-1 Scanner) und R-2 (SS-2 Sibling) wurde an Peking auch die erste mit nuklearem Sprengkopf verwendbare R-5 (SS-3 Shyster) geliefert. Waffentechnisch war die Multipolaritität des Kalten Krieges spätestens zu dem Zeitpunkt erreicht, als die Chinesen 1966 in der Lage waren, mit der Dong Feng 2A (DF 2A/CSS-1) eine auf der SS-3 fußende eigene Rakete zu starten. 1971 folgte dann die erste chinesische ICBM unter dem Namen Chang Zheng 1 (Langer Marsch/CSS-3) mit 10 0001cm Reichweite. Schon 1970 konnte auch der erste chinesische Satellit ins All gebracht werden. 19
    Außer in den genannten drei Blöcken wurden auch in weiteren Staaten Atomwaffen hergestellt und bereitgehalten. 20 Mit französischer Hilfe konnte Israel 1973/90 eine Kurz- und eine Mittelstrek-kenralcete (Jericho I/II) entwickeln. Bereits seit 1967 besaß Israel eine Atombombe. Indien zündete seine erste Bombe 1974, das zwei Jahre zuvor gestartete pakistanische Nuklearwaffenprogramm wurde 1987 einsatzfahig. Man fror es zwar am Ende des Kalten Krieges 1991 für einige Jahre ein, doch 1998 meldete sich auch Pakistan mit einer ganzen Serie von Nukleartests zurück.
    In der offensiven Endphase des Kalten Krieges wurde eine Waffengattung noch einmal prominent, die bereits zu Beginn des Kalten Krieges im Mittelpunkt der Diskussion gestanden hatte: die Anti-Raketen-Ralceten (ABM), die unter anderem auch in der Lage sein sollten, angreifende Interkontinentalraketen abzuwehren. Das ab

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