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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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Katja versuchte wieder, sich loszureißen. Das Sirenengeheul verlieh ihr frische Kräfte. »Der Frau dort geht es schlecht, sie hat einen Herzanfall! Ich muss Tabletten für sie holen . . . Lass mich gehen!«
    »Wenn du weiter so zerrst, breche ich dir den Arm«, sagte Stepan mit erschreckender Ruhe.
    »Tu’s doch, zum Teufel!« Katja schlug ihn mit der Faust heftig gegen die Brust. Aber genauso gut hätte sie gegen einen Stein schlagen können. Beinahe hätte sie vor Wut und Hilflosigkeit getobt und geheult.
    Auf Basarows Lippen lag wieder die Andeutung eines Lächelns. Er schien zu überlegen, was er tun sollte.
    »Ein gebrochener Arm – das fehlte noch.« Mit einer jähen Bewegung verdrehte er ihr die Hand. Vor Schmerz stieß Katja einen unterdrückten Schrei aus. »Ja, jetzt heulst du Rotz und Wasser. . . Ich hielt dich bloß für eine blöde Ziege, aber du bist eine dumme, hysterische Kuh . . . noch dazu mit Prinzipien. Und so schön, wie Dmitri meint, bist du auch nicht. . . Und dabei wolltest du doch immer nur mich, nicht ihn, Katjuscha. Ich habe es in deinen Augen gesehen. Ich sehe alles . . . ich spüre es auf eine Werst Entfernung.«
    Katjas Herz zog sich zusammen. Mochte er sie für eine hysterische Kuh und für hässlich halten, das war ihr egal, doch er hatte die Wahrheit über die Gefühle gesagt, die sie vor kurzem noch für ihn empfunden hatte – und deswegen wäre sie am liebsten wieder auf ihn losgegangen.
    »Du lügst, lügst, lügst!« Katja wollte nicht, dass er die Tränen sah, die ihr in den Augen standen.
    »Halt die Schnauze, blöde Kuh!«, zischte er und schmetterte ihr die Handkante gegen den Hals, und die Welt um Katja wurde schwarz . . .
    Sie kam in einem Auto wieder zur Besinnung, in einem Jeep, in dem Stepan und sechs seiner »Schüler« saßen. Katja selbst saß auf Basarows Schoß; er hielt sie mit der linken Hand fest. Katja erwachte in dem Moment, als er mit den Lippen ihren Hals berührte. Es war kein Kuss; er leckte mit der Zunge über ihre Haut. Sie konnte seinen Atem und seinen Herzschlag hören. Dann knöpfte er sich die Jacke auf – darunter war er nackt – und presste sich an Katja. Durch den dünnen Stoff ihrer eigenen Jacke spürte sie seinen heißen Körper. Ihr Schlüsselbein und ihr Hals schmerzten dumpf.
    Nachdem Basarow sie geschlagen hatte, war in ihrem Innern irgendetwas zersprungen. Es hatte nichts mit dem Schmerz zu tun: Noch nie hatte jemand die Hand gegen sie erhoben und sie derart angeschrien. Katja hätte sich nicht einmal vorstellen können, dass jemand es wagte, sie so brutal und entwürdigend zu behandeln . . .
    Unterwegs hielt das Auto zweimal an. Je zwei Schüler stiegen aus, nickten kurz und verschwanden in der Dunkelheit. Niemand verfolgte sie, die Chaussee war wie leer gefegt. Bald saß sie allein mit Basarow und dem Fahrer im Jeep. Der schaute nur auf die Straße und drehte sich nicht um.
    »Deine Haut duftet nach Wermut«, flüsterte Basarow. Katja spürte seinen Atem im Nacken. »Was bist du doch für ein kleines Biest, Katja.« Er presste sich noch fester an sie. »Du hättest mir glatt den Schädel einschlagen können, und es hätte dir nicht mal Leid getan. . . Hätte es dir wirklich nicht Leid getan?«
    Er küsste ihre Schultern, ihren Hals, ihr Haar.
    »Wir fahren jetzt zu mir. . . Und reden wie Menschen miteinander . . . nicht wie Tiere. Das sagt Lisa immer: wie Menschen, nicht wie Tiere. Bleib sitzen, reiß dich nicht los. Ich tue dir doch gar nichts . . . Katja, mein Liebes . . .«
    »Wage es ja nicht, mich anzurühren«, flüsterte Katja.
    »Wadim ist bestimmt immer sehr rücksichtsvoll, wie?« Er hörte nicht auf sie. »Er kränkt dich nie, ist niemals grob. Aber er ist nicht zufällig impotent?«
    »Er wird dich umbringen, Stepan.« In diesem Moment hätte Katja nur zu gern geglaubt, dass Wadim, wenn er zurückkam, sich wie ein Ritter für sie schlüge.
    »Eine Schlafmütze ist er! Kraft hat er ja, aber keinen Verstand. So einem drehe ich in null Komma nichts den Hals um . . .«
    Katja erstarrte.
    »Degeneriert ist er, dein Wadim! Ihr alle seid degeneriert!« Basarow atmete schwer, als schwämme er durch einen Ozean und müsste gegen die Wellen kämpfen. »Ihr habt keinen Opfergeist. Euch fehlt, was den Menschen zum Menschen machte und den Mann zum Mann. Verfaulen werdet ihr, und niemand wird sich an euch erinnern. Keine Lieder werden über euch gesungen. Aber ich, ich gebe mein Leben für euch . . . für dich, für Lisa, für Dmitri,

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