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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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sogar für deinen Wadim . . . Bleib sitzen, hab ich gesagt! Weißt du etwa nicht, dass man uns manche Dinge nicht abschlagen darf? Sonst nehmen wir uns, was uns von Rechts wegen zusteht. Weil Gott uns . . . mir. . . die Opferbereitschaft gegeben hat. . . den Todesmut. . . Gott, verstehst du? Ich nehme mir nur, was mir gehört. Es ist mein Recht. . .«
    »Was redest du für einen Schwachsinn? Lass mich los! Wozu brauche ich dein Opfer!« Katja versuchte noch immer, sich aus seinem Griff zu befreien, doch ihr Widerstand wurde schwächer. Sie fühlte sich völlig in seiner Macht. Und obwohl in ihrer Seele Zorn und Widerwillen, Angst und Scham miteinander kämpften, war das Gefühl seiner körperlichen Nähe, seiner Kraft und gleichzeitig seiner Schwäche – er war ja vor Verlangen außer Atem – plötzlich gar nicht mehr so abstoßend für Katja. Sein Körper, seine Hände, seine Lippen, seine Stimme, das Pochen seines Herzens . . . dies alles bezwang Katja mehr und mehr. Und Basarow wusste, was sie empfand. Ganz vorsichtig drehte er sie zu sich herum.
    »Siehst du«, flüsterte er, »wie wunderbar alles mit uns werden könnte? Gleich sind wir da. . . und dann werde ich dir die Schuhe ausziehen wie ein Sklave seiner Prinzessin. Die Füße werde ich dir küssen und dich auf Händen tragen. Du darfst nur nicht mit mir streiten . . . Lisa ist danach immer sehr zufrieden mit mir, auch wenn sie vorher schreckliche Szenen macht. . . sich nicht unterwerfen will. Dumm ist sie. Sie versteht nicht, wie ich sie lieben will, wie sehr ich sie liebe . . . Früher habe ich nächtelang nicht geschlafen, nur neben ihr gelegen und sie angeschaut, wie schön sie ist.« Er vergrub sein Gesicht an Katjas Brust. »Ich bin schmutzig, ja? Das ist Ruß, nicht weiter schlimm, gleich wasche ich es ab . . .« Er umarmte sie fest und küsste die Stelle am Hals, wohin er sie zuvor mit der Handkante geschlagen hatte. »Habe ich dir Schmerz zugefügt? Verzeih . . .«
    »Stepan, bitte . . . hör auf, um Himmels willen.« Katja schloss die Augen. Er hielt sie nicht mehr fest, doch sie versuchte auch nicht mehr, sich von ihm loszureißen. Sie fühlte sich wie die Raupe, die gleich von seinen Zähnen zerbissen werden sollte.
    Der Jeep passierte die baufällige Backsteinmauer. Im Licht der Scheinwerfer tauchte die dunkle Fassade des ehemaligen Touristenheims auf. Stepan sprang aus dem Wagen und hob Katja vorsichtig heraus. Sie befreite sich nicht aus seiner Umarmung.
    »Eine verrückte Nacht ist das heute.« Er legte den Kopf zurück. »Dunkel, mondlos. Wie in der Höhle eines Bären . . . du zitterst ja. Ist dir kalt?« Katja zuckte zusammen: Den gleichen Satz, mit der gleichen Betonung, hatte Stepans Bruder in der Todesnacht seines Vaters zu ihr gesagt.
    »Es ist nicht die Kälte, es ist Angst. Habe ich dich erschreckt?«
    »Wer. . .« Katja holte Luft. »Wer hat dir. . . Wer bist du denn, dass ich Angst vor dir haben müsste . . .?«
    Er blickte sie an und lächelte wieder leicht, wie in Gedanken, als ob sie Gott weiß was für dummes Zeug redete.
    »Wenn die Menschen etwas sehr, sehr wollen, müssen sie es auch tun«, sagte er. »Nun komm schon her!« Mit einem Ruck hob er Katja ein Stückchen in die Höhe und legte die Hände zusammen, damit sie fest auf seinen Hüften sitzen konnte. Dann trug er sie ins finstere, hallende, leere Gebäude, setzte sie auf eine staubige Fensterbank, zog seine Jacke aus und öffnete den Reißverschluss seiner Jeans. Mit einer jähen Bewegung riss er Katja die Jacke weg. Die Plastikknöpfe kullerten über den gefliesten Boden. Es kam ihr vor, als machten sie einen Lärm wie ein Steinschlag, wie eine Berglawine.
    »Nein!«, schrie sie und stieß ihn weg. »Nein! Niemals! Um keinen Preis . . . nein!«
    »Ja!« Stepan schlug sie auf die Wange. »Ja, hab ich dir gesagt! Ja! Ja! Ja!«
    Er warf sie auf den Boden, drehte sie um, zog sie auf die Knie, packte sie an den Haaren und riss ihren Kopf nach unten. Katja hörte ein Knirschen – die Naht ihres Rockes war der Länge nach gerissen.
    Und dann spürte sie, wie irgendeine Kraft sie von Basarow wegzog. Ein dumpfer Schlag war zu hören, wütendes Fluchen. Von oben streckte jemand Katja die Hand hin.
    Es war Dmitri. Stepans Zwillingsbruder stand vor ihr, in blitzblank geputzten Schuhen und strahlend weißem Hemd, dessen Ärmel hochgekrempelt waren; sogar eine Krawatte trug er, die allerdings ein wenig verrutscht war. Trotzdem sah es so malerisch und gleichzeitig albern aus,

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