Der Kalte Kuss Des Todes
Hände und rieb sie, um sie zu wärmen. »Und hör auf, meine Gefühle zu manipulieren.«
»Entschuldige.« Er verneigte sich leicht. »Ich wollte dich nur beruhigen. Aber es stimmt, Bastien ist nicht länger mein Herr. Aber noch gefällt es uns beiden, dies vor der Welt zu verschweigen. Ihm, weil es seinem Ruf schmeichelt, einen wie mich beherrschen zu können, und mir, weil es mich vor unerwünschten Herausforderungen schützt. Man würde es sich sehr gut überlegen, bevor man einen Anschlag auf mich verübte und damit das Missfallen des Autarchen auf sich zöge.«
»Tja, dann haben wir ein Problem! Old Liz scheint sich nicht allzu viele Sorgen um das ›Missfallen des Autarchen‹ zu machen.«
»Sie glaubt zweifellos, seine Gunst erringen zu können, indem sie ihm dein Blut offeriert. Ich denke, sie geht davon aus, dass er einem geschenkten Gaul nicht weiter ins Maul schauen und vielleicht gar nicht so unglücklich darüber sein würde, mich loszusein«, sagte er ruhig. »Und wahrscheinlich glaubt sie, wie die anderen auch, dass Sidhe-Blut zusätzliche Kräfte verleiht. Sie hofft, dann jedem Herausforderer gewachsen zu sein, selbst dem Autarchen.«
»Okay, jetzt lass uns das mal vollkommen klarstellen«, sagte ich mit verengten Augen. »Wenn Rosa ihren öffentlichen Kniefall vor dir gemacht hat, werden alle Vamps glauben, dass ich nun dem Autarch gehöre – nur er selbst nicht und du natürlich auch nicht.«
»Exakt.«
»Wenn er mich also zurückhaben wollte, müsste er dich herausfordern, oder du könntest mich ihm zurückgeben?«
»Ja.«
Mein Magen krampfte sich zusammen. Ob Malik wohl um mich kämpfen würde? Oder würde er mich widerstandslos der Bestie ausliefern? Aber diese Überlegungen musste ich
auf später verschieben. Im Moment gab es dringendere Probleme. Zum Beispiel, wie ich lebend aus diesem Schlamassel herauskommen sollte. Und es sah nicht so aus, als ob der Vamp, der müde vor mir an der Liftwand lehnte, eine große Hilfe sein konnte. Er sah aus, als könnte er nicht mal ein Kätzchen verscheuchen, geschweige denn, es mit einem eins fünfzig Meter langen Breitschwert aufnehmen.
Ich schürzte die Lippen und stellte die Frage, die mich am meisten beschäftigte. »Wenn du gewusst hast, dass Liz oder ein anderer Vamp dir an die Kehle wollen, warum hast du dich dann nicht vorher ordentlich satt getrunken?«
»Keiner, der seine Autonomie bereits errungen hat, war bereit, mir seinen Hals anzubieten, und jene, die zu einem Blutclan gehören, darf ich nicht beißen. Jedenfalls nicht ohne Zustimmung des jeweiligen Herrn. Deshalb habe ich ja den Blutzehnten beantragt.«
»Aber in Sucker Town laufen doch jede Menge Junkies frei herum, die keinem Herrn gehören. Ich meine, warum schnappst du dir nicht einen von denen?«
»Du weißt, dass ich ein Wiedergänger bin, Genevieve. Ich kann mich nur von Vampiren nähren. Einen Menschen zu beißen wäre zu gefährlich, es könnte viele Leben kosten, weil ich nicht in der Lage wäre aufzuhören. Auch könnte ich unabsichtlich meine Version der Gabe weitergeben, und das könnte zu weiteren Opfern führen. Das hat Elizabetta gemeint, als sie vom Fluch meiner Blutlinie sprach.«
Wiedergänger werden nur von ihrer Gier nach Blut getrieben, sie können an nichts anderes denken und finden weder Rast noch Ruhe , hatte Malik einmal zu mir gesagt. Und hatte er nicht zu Elizabetta gesagt, dass ihr Wunsch, er solle mich sofort beißen, zu einem Blutbad führen würde?
»Willst du damit sagen, dass du nie einen Menschen beißt?«, fragte ich verblüfft.
»Sehr selten. Nie, wenn ich so ausgehungert bin wie jetzt.«
»Dann kannst du dich also nur dann ernähren, wenn du die Erlaubnis dazu erhältst?«
Seine Miene verdüsterte sich. »Es ist der einzige Weg. Alles andere wäre unehrenhaft.«
Was das für ihn bedeuten musste! Ich hatte das Gefühl, von einer Horde wilder Kobolde überrannt worden zu sein. Einfach unfassbar! Hatte er mich deshalb immer nur in die Hand oder die Lippe gebissen, aber nie in den Hals? Und nie wirklich getrunken, nur gekostet? Was würde geschehen, wenn sie ihm die Nahrung verweigerten? Würde er sich dann in eine rasende Bestie verwandeln und wahllos Menschen töten? Und dass er von jenen abhängig war, die seinen Tod wollten, daran wollte ich gar nicht denken. Fragen über Fragen. Aber Elizabetta hatte noch etwas anderes gesagt.
»Sie hat recht, was mein Blut betrifft, es verleiht tatsächlich zusätzliche Kräfte.«
Er breitete die
Weitere Kostenlose Bücher