Der Kalte Kuss Des Todes
befanden uns also immer noch im Blue Heart, fragte sich bloß, wo. Ich warf einen Blick auf die Stockwerkanzeige. Ein Schlüssel steckte in der Bronzeplatte, und auch die Notbeleuchtung bestätigte meine Vermutung: Wir standen still und würden erst weiterfahren, wenn der Schlüssel rausgezogen wurde. Bis dahin konnte uns niemand finden.
Malik war hinter mir, wie ich sah, düster, umschattet.
Es wird immer wieder behauptet, dass Vampire kein Spiegelbild haben, aber diese Geschichten sind reine Märchen. Obwohl Malik sicherlich auch sein Spiegelbild hätte verschleiern können, wenn er gewollt hätte. Ich drehte mich zu ihm um.
»Das Ablenkungsmanöver sollte uns eigentlich helfen zu entkommen«, bemerkte ich trocken.
Er musterte mich mit einem seiner undurchdringlichen Blicke. »Weglaufen würde uns nicht helfen, unser Ziel zu erreichen.« Die letzten Schatten lösten sich auf, und ich konnte
nun deutlich seine hervortretenden blauen Adern erkennen.
»Aber bleiben und sich von Old Liz in Schaschlikspießchen verwandeln zu lassen, das hilft uns auch nicht.«
»Elizabetta ist ein Problem, ich gebe es zu, aber kein unüberwindliches, solange wir uns in der Nähe der anderen Blutclans aufhalten, bis diese Angelegenheit erledigt ist.«
»Also, ich hab’s jetzt schon satt, wie ein Bauer auf deinem blutigen Schachbrett rumgeschoben zu werden«, brummte ich mürrisch.
»Ich wollte dich nicht in diese Sache hineinziehen, Genevieve«, sagte er eindringlich. »Ich wollte nur Rosa finden und dieses Problem mit ihr lösen. Und du willst das doch auch, darin sind wir uns einig. Ich hatte dich gewarnt, dass es gefährlich werden könnte.«
»Ja, schon«, gestand ich kleinlaut, »ich weiß, aber ich hab doch nicht gedacht, dass sie gleich versuchen würden, dich zu killen. Ich hatte nur mit dem üblichen Zähnefletschen unter Vamps gerechnet.«
»Aber sie kämpfen um eine Sidhe« – um mich , mit anderen Worten -, »das ist so etwas wie der Jackpot für Vampire. Und ich bin ihnen dabei im Weg. Natürlich nutzen sie jeden Vorwand, um zu versuchen, mich zu töten.«
Wenn er es so ausdrückte … »Aber du hast doch gesagt, dass niemand wagen wird, dich herauszufordern?«
»Würde auch niemand, wenn ich bei vollen Kräften wäre und wenn es nichts derart Wichtiges zu gewinnen gäbe, aber in meinem jetzigen Zustand können sie meine Schwäche förmlich riechen.« Er schob sich müde das glänzende schwarze Haar aus dem Gesicht, und ich bemerkte, dass seine Hand leicht zitterte. »Wie Elizabetta gesagt hat: Wenn ich sterben würde, bevor ich Rosa bezwungen hätte, wäre sie verwundbar, und du wärst reif zum Pflücken.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte ich verwirrt. »Warum macht es überhaupt einen Unterschied, ob Rosa dir diesen Treueeid schwört oder nicht? Ich meine, die könnten dich hinterher doch trotzdem noch töten, oder euch beide – uns alle drei?«
»Rosa hat ihre Autonomie errungen. Unser Gesetz schreibt vor, dass sich ein Vampir nur dann das Eigentum eines anderen, autonomen Vampirs aneignen kann, wenn er diesen zum Kampf herausfordert und besiegt. Wenn dagegen einer von uns seine Autonomie aufgibt, muss sein Meister den Kampf für ihn übernehmen.«
»Womit wir wieder ganz am Anfang wären.« Ich seufzte. »Sie bräuchten dich bloß herauszufordern, und die alte Liz scharrt ja schon mit den Hufen.«
»Nein, nicht mich«, entgegnete er leise, »den Autarchen.«
»Was?«, stieß ich erschrocken hervor. »Du meinst, wenn Rosa sich dir beugt, gehöre ich wieder diesem grausamen Sadisten?« Meine Kehle war vor Angst wie zugeschnürt.
»So mag es scheinen -«
Ich packte ihn bei seinen Jackenaufschlägen. »Ich werde nie, nie im Leben zu diesem Psychopathen zurückkehren, hast du verstanden? Du hattest deine Chance, mich zu ihm zurückzubringen, und hast sie sausen lassen! Ich bring dich und jeden anderen um, der’s noch mal versuchen sollte! Lieber sterbe ich. Ja, lieber würde ich mich umbringen, als Bastien zu gehören. Nie wieder!«
Er legte seine Hände auf die meinen. Kälte breitete sich in meinem Körper aus, meine Ängste legten sich.
»Genevieve«, sagte er leise und eindringlich, »beruhige dich. Ich sagte, es mag scheinen , als müsse man den Autarchen fordern, um dich zu erringen, da ich ihm gehöre.«
»Aber du hast mir mal gesagt« – als er gekommen war, um mich zum Autarchen zurückzubringen -, »dass er schon seit zwanzig Jahren nicht mehr dein Herr ist.« Ich entriss ihm
meine
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