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Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Titel: Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Sonne.
    Kriege ich ohne Lackschäden nicht mehr weg, hatte der Vorbesitzer gesagt. Stören sie dich?
    VfB wär mir lieber.
    Kannst du ja drüberkleben.
    Thomas bückte sich, fuhr mit den Fingern über die Typbezeichnung: GRANADA 2.0. Das letzte »A« hatte den rechten Fuß verloren und saß in einer kleinen Delle.
    Seine Finger glitten weiter.
    Die vier übereinandergesetzten, rechteckigen Rückleuchten, das Plastikgehäuse orange, zweimal rot und unten weiß …
    Dreihundertvierzehn Stunden Arbeit auf dem Feld, verteilt auf ein Jahr und sieben Tage.
    Ein Jahr und sieben Tage Vorfreude.
    Monate des Lernens, obwohl er lieber gearbeitet hätte. Die Abiturprüfungen, obwohl er lieber nach einem Auto gesucht hätte.
    Jetzt hatte er eines.
    Er hatte es Probe gefahren, natürlich, drei-, viermal. Aber er hatte es noch nie als Besitzer gefahren. War noch nie als Besitzer eingestiegen.
    Der magische Moment.
    Er richtete sich auf.
    Begann seine Runde von vorn.
    Eine halbe Stunde später fuhren sie auf der Landstraße in Richtung Schwarzwald. Die Fenster waren geöffnet, die Musik laut gedreht, im Radiorekorder eine Kassette mit dem neuen Album von Phil Collins. Jelenas Hand auf seinem Oberschenkel, er hörte sie summen, manchmal klopfte ihr Zeigefinger den Takt auf sein Bein. Draußen lagen die Dörfer und Felder im Sonnenschein.
    Das Leben, dachte er, meinte es gut mit ihm. Deutschland war Weltmeister, er hatte Jelena, ein Auto – und das Abitur.
    Komm schon, Tommy, nur noch drei Monate!
    Drei Monate, Jelena …
    Von wem ist Der alte Mann und das Meer?
    Wen interessiert das?
    Die Leute, die über deine Zukunft bestimmen.
    Nur ich bestimme über meine Zukunft.
    Die Antwort, Tommy.
    Jacques Cousteau.
    Am Ende hatte er es geschafft, wenn auch nur mit Müh’ und Not. Aber was zählte das jetzt noch.
    Wie es weiterging, wusste er noch nicht. Jelena würde im Herbst in Stuttgart mit dem Studium beginnen, er war sich noch nicht sicher. Schon wieder lernen?
    Er wollte Ingenieur sein, nicht Ingenieur werden.
    Oder Jurist. Oder Arzt. Kinderarzt.
    Das Schulende hatte ihn kalt erwischt. Tage ohne Verpflichtungen, ohne Lehrer, die den Rhythmus, die Aufgaben und die Ziele bestimmten. Denen er sich verweigern oder unterwerfen konnte.
    Hinter ihnen hatte sich eine Kolonne gebildet. Jemand hupte, dann überholten einige Autos. Er ließ sich nicht irritieren, fuhr weiterhin langsam und vorsichtig. Er musste den riesigen Granada erst einmal kennenlernen.
    Ein Auto mit vier Türen, Tommy?
    Klar, wegen der Kinder.
    Was für Kinder?
    Unsere, wenn wir mal welche haben.
    Jelena hatte gelacht. Das wird noch ’ne Weile dauern.
    Sie hatten Zeit, dachte er und bog vorsichtig in die Landstraße ein, die zum Bachmeier-Hof führte. Alle Zeit der Welt. So ein Ford Granada, der machte es noch einmal zehn Jahre. Dann wären sie neunundzwanzig, und hinten auf der Rückbank säßen zwei oder drei Kinder und dahinter ein Schäferhund.
    »Darf man hier drin rauchen?«, fragte Jelena lächelnd.
    »Solange noch keine Kinder mitfahren.«
    Sie zündete zwei Zigaretten an, reichte ihm eine. »Ich will erst studieren, Tommy.«
    »Ich weiß. Danach.«
    »Danach will ich zwei, drei Jahre arbeiten. Mindestens.«
    »Ja. Ich meine, danach .«
    »Und wenn ich dann weiterarbeiten will? Wenn ich keine Kinder haben will?«
    »Ist ja nur so ’ne Idee.«
    »Würdest du dann trotzdem noch mit mir zusammen sein wollen?«
    Er sah sie an. Jelena, die so ernst und zielstrebig und stark war und vielleicht deshalb immer schon an morgen dachte. Die sich nicht darauf verlassen wollte, dass alles bleiben würde, wie es war. Dass es das Leben gut meinte mit ihnen.
    »Wir gehören doch zusammen«, sagte er.
    Sie nickte lächelnd. »Mein Sonnenschein und ich.«
    Der Wald zu beiden Seiten der Straße wich zurück, vor ihnen öffnete sich das Tal. Am Nachbarhof der Bachmeiers endete der Teerbelag. Erneut verringerte Thomas das Tempo. Schottersteine sprangen gegen den Unterboden. Wie ein Schiff in Wellentäler senkte sich der Granada sanft in die Schlaglöcher. Im Schritttempo schaukelten sie auf den Hof zu.
    Jelena drehte die Musik lauter, sang mit. Ihr Deutsch war fast akzentfrei, in ihrem Englisch lag ein ferner slawischer Klang.
    Er liebte ihr Deutsch, ihr Englisch, das Slawische an ihr.
    Er ließ den linken Arm aus dem Fenster baumeln, hatte die Zigarette jetzt zwischen den Lippen. Der warme Fahrtwind, die Musik, Jelenas Hand auf seinem Schenkel, so konnte das Leben bleiben.
    Sie

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