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Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Titel: Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Daniela Schneider lehnte am Kotflügel, die Arme verschränkt, eine Sonnenbrille im blonden Haar. Neben dem mächtigen Wagen kam sie ihm zerbrechlich vor.
    Der Eindruck täuschte. Sie war zwar klein, aber kräftig, üppig, wellig.
    »Hocherfreut«, sagte er. »Lorenz.«
    Ein Lächeln glitt über ihre Lippen. »Gleichfalls. Daniela.«
    Sie reichten sich die Hand. Im Sonnenlicht glitzerte ein goldener Ehering mit rosafarbenem Stein.
    »Was macht das Becken?«
    »Probleme.«
    »Der einzige Orthopäde, den ich kenne, sitzt wegen Steuerhinterziehung.«
    »Verdammt.«
    Die Google-Fotos hatten Schneider mit zum Pferdeschwanz gebundenen Haaren gezeigt, jetzt hingen sie offen über ihre Schultern. Schon am Bildschirm war Adamek die lange Nase mit dem sagenhaft ebenmäßigen, hohen Rücken aufgefallen, ohne die das Gesicht beliebig gewesen wäre. So fand er es außergewöhnlich.
    Staunend betrachtete er die Nase, die sogar das Schwäbeln aufwog.
    »Isch nur ä Neeßle«, sagte Schneider kühl.
    »Entschuldige.«
    »Du hast im Internet mehr Haare, wenn ich das anmerken darf.«
    Er runzelte die Stirn. »So?«
    »Und weniger Falten.«
    »Und du siehst im Internet freundlicher aus.«
    »Du charmanter.«
    »Ja, ich hatte gute Jahre«, knurrte er.
    Schmunzelnd öffnete sie ihm die Beifahrertür. »Sagt dir der Name Markus Bachmeier etwas?«
    »Ein Jugendfreund von Ćavar.« Adamek zog den Mantel aus, ließ sich vorsichtig auf den Sitz sinken. Tief in seinen Eingeweiden, wo Erfahrung, Instinkt und Sorge hausten, rumorte es plötzlich. »Was ist mit ihm?«
    »Seine Scheune ist heute Nacht in die Luft geflogen.«
    Schneider fuhr zügig, selbstbewusst, nicht allzu rücksichtsvoll. Wer zu langsam war, wurde überholt, wer zu lange stand, durch Annäherung vorangedrängt. Adamek fand die Straßen Rottweils zu schmal und kurvenreich für eine solche Fahrweise, aber er sagte nichts – wo der schwarze Daimler hinkam, wich alles Blech und Fleisch wie von Zauberhand zur Seite.
    Zuerst zu Bachmeier, hatte Schneider vorgeschlagen.
    Zuerst zu Ćavar, hatte er erwidert.
    »Du denkst also, dass er lügt«, sagte er jetzt.
    »Bachmeier? Ja.«
    Markus Bachmeier hielt Fremdeinwirkung für ausgeschlossen. Brandstiftung? Wer solle so etwas tun, er habe keine Feinde. Nein, Ursache des Brandes sei ein Kurzschluss in einem defekten Kabel gewesen. Eine Angestellte, die auf dem Hof wohnte, wollte dagegen eine »Explosion« gehört haben. Zwei Zeugen von anderen Landwirtschaftsbetrieben im Tal hatten von einem »lauten Knall« gesprochen. Nein, nein, hatte Bachmeier gesagt, definitiv keine Explosion. Einen Knall hätte er gehört – er sei noch wach gewesen. Die Scheune habe ganz plötzlich in Flammen gestanden.
    Ein Kurzschluss in einem Kabel, ein Funke im Heu.
    »Was sagt die Feuerwehr?«, fragte Adamek.
    »Offiziell noch nichts.«
    »Und inoffiziell?«
    »Mutmaßlich ein Sprengkörper.«
    »Wie bitte?«
    Schneider wandte sich ihm zu. Sie hatte die Sonnenbrille aufgesetzt, und Adamek sah nur ein schiefes Lächeln, die faszinierende Nase und zwei riesige braune Fliegenaugen. »Eine Bombe, die per Fernbedienung gezündet wurde.«
    »Ach komm, du verarschst mich.«
    Sie wandte sich ab, das Lächeln blieb. »Einer der Kroaten war am Samstag auch bei Bachmeier.«
    Ein benachbarter Landwirt hatte von einem »Osteuropäer« berichtet, der sich nach Arbeit erkundigt habe. Er habe den Mann zu Bachmeier geschickt. Die Beschreibung passte auf einen der Fremden, die in der Stadt nach Thomas Ćavar gefragt hatten.
    »Das mit der Arbeit war ein Vorwand«, sagte Schneider. »Sie wissen, dass Bachmeier und Ćavar befreundet waren.«
    Adamek seufzte lautlos. Genauso zielstrebig und rücksichtslos, wie sie fuhr, stellte Daniela Schneider Hypothesen auf. »Woher sollten sie das wissen?«
    »Frag deinen Herrn Ehringer.«
    Wenn er ehrlich war, hatte der Onkel diese Frage schon beantwortet.
    Adamek erzählte von Ivica Marković und der Wanze.
    »Kroatisches Verteidigungsministerium?« Schneider stieß einen Pfiff aus. »Die hören einen deutschen Diplomaten ab?«
    »Exdiplomaten.«
    »Um was herauszufinden?«
    »Das ist die Frage.« Er hob die Hand. »Vorsicht, Radler …«
    »Hat gleich Rot.« Sie schnalzte mit der Zunge, die Ampel schaltete um, im letzten Moment bremste der Radler.
    Adamek rollte die Augen.
    Sein Blick blieb an zwei Bubengesichtern hängen, die ihn von einem Foto aus anstrahlten. Es baumelte an einem Lederband vom Rückspiegel herab. Die Buben wirkten sehr

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