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Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum

Titel: Der kalte Traum - Bottini, O: Der kalte Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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lächelnd steckte Josip das Geld ein. »Ein guter Anfang, Petar, ich danke dir. Das sind bestimmt ein oder zwei gebrauchte Pistolen.«
    »Die Kirche …«, begann der Priester.
    »Und woher bekommen wir die?«, fiel ihm Thomas’ Vater ins Wort.
    »Ich kenne jemanden, der jemanden kennt. Ein Franzose, Michel, ein Freund der Serben. Ich habe ihm eine kleine Lüge erzählt, jetzt freut er sich auf die Zusammenarbeit mit uns.«
    »Die Kirche stiftet die Kollekte. Der Vatikan schätzt Präsident Tuđman sehr.«
    »Danke, Pater Alojzije.«
    »Was für eine Lüge?«, fragte Thomas.
    »Dass wir Serben sind.«
    Für einen Moment herrschte Stille, dann brach Gelächter aus.
    »Und wenn wir uns mit ihm treffen?«, fragte Thomas’ Vater. »Keiner von uns sieht wie ein Serbe aus!«
    »Wir furzen und rülpsen, das reicht«, sagte ein anderer.
    Wieder lachten sie.
    »Er trifft sich nur mit einem von uns.« Michels eiserne Regel, erklärte Josip mit gesenkter Stimme. Nie mehr als eine Kontaktperson. Ein Bote, der das Geld übergab und die Waffen in Empfang nahm und auf den Weg brachte. Irgendwann in den nächsten Wochen, irgendwo in Deutschland, wo und wann genau, würden sie erst kurz vorher erfahren.
    »Und mit wem trifft er sich?«, flüsterte der Vater.
    Schweigen legte sich über die kleine Gruppe.
    »Ich dachte an Thomas«, sagte Josip.
    »Ich auch«, sagte Thomas.

37
    FREITAG, 15. OKTOBER 2010
    ROTTWEIL
    Lorenz Adamek sah zu, wie das Tageslicht langsam in den kleinen Garten kroch.
    Wie die Wahrheit in die Lüge, dachte er.
    Er saß auf demselben Sessel wie am Vorabend, verdrängte dieselben Gefühle, ein Haus wie dieses, zwei Töchter, eine passende Frau …
    Verdrängte den Anblick des zerfetzten Gesichtes von Markus Bachmeier, des malträtierten Körpers. Unter den Bodenplanken hatten sie auch eine zusammengefaltete, blutverschmierte Plane gefunden. Die Folterer hatten Übung gehabt.
    Wieder stellte Schneider die Fragen, wieder kam sie nicht voran. Milo, in Schlafanzug und Morgenmantel, hatte die Hände auf die Knie gestützt und brachte vor Schluchzen kein Wort mehr heraus.
    »Herr Ćavar …«, sagte sie leise.
    Sie hatten sie auf dem Weg zu Milo geholt. Adamek hatte im Wagen gewartet, der Kollege war zur Haustür gelaufen. Eine weitere verkehrsberuhigte Straße, eine weitere adrette Doppelhaushälfte in einer Neubausiedlung … Dann war die kleine, energische Frau aus der heimlichen Sehnsucht auf die Straße getreten und hatte ihm angespannt zugewunken. Im Wagen hatte er ihr mitgeteilt, was geschehen war: dass er Markus Bachmeier gefunden hatte. Dass Bachmeier auf grausame Weise gefoltert und dann erschossen worden war.
    »Herr Ćavar.« Schneider berührte Milos Schulter.
    Die verweinten Augen blinzelten, die Brille lag auf dem Couchtisch. Milo hob die Hände, rieb sich über das Gesicht.
    Erneut waren sie zu dritt, die Mutter kümmerte sich oben um die beiden Mädchen. Der Bote, der die Zerstörung brachte, hatte nur den Vater sprechen wollen, aber die ganze Familie geweckt.
    Milo hatte mit einem abhörsicheren Handy, das er eigens seines Bruders wegen angeschafft hatte, in Hamburg angerufen. Aus der Ferne war für Sekunden Lillys fröhliche Stimme zu hören gewesen.
    Piiiiep …
    Ein paar Minuten danach hatte sich ein Hamburger Kollege gemeldet. Jelena und Lilly unversehrt, Thomas von zwei Bewaffneten entführt, einer heiße Sascha, Thomas kenne ihn offenbar von früher, aus dem Jugoslawienkrieg.
    »Hat Ihr Bruder mal einen Sascha erwähnt?«, fragte Schneider.
    Milo schüttelte den Kopf.
    »Wer könnte das sein?«
    Hilfloses Achselzucken.
    Wieder ein wenig mehr Licht draußen, Adamek konnte jetzt bis zur Mitte des Gartens sehen, wo am Vortag die beiden Mädchen gehockt hatten.
    Er erhob sich. »Gehen wir raus.«
    Auf der Terrasse streifte er Schuhe und Socken ab. Das Gras war feucht und kühl, er fand es belebend, Frische stieg durch seine Fußsohlen hinauf in die Beine. Er legte den Kopf in den Nacken, stemmte die Hände in die Hüften.
    Er sehnte sich nach den Fingern von Elfriede Münzinger.
    Zögernd traten Schneider und Milo auf die Terrasse.
    »Kommt doch her.«
    Milo schlich in Pantoffeln zu ihm, Schneider folgte. Sie standen in einem kleinen Kreis, die Köpfe dicht aneinander. Leise sagte Adamek: »Sie haben Ihren Bruder nicht getötet, obwohl sie die Gelegenheit hatten. Das heißt, sie brauchen ihn lebend. Vielleicht versuchen sie, ihn nach Kroatien zu bringen. Wir haben also etwas Zeit. Die Kollegen

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