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Der Kalte

Der Kalte

Titel: Der Kalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Schindel
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zurückgeben sollte, welches Marits zufolge in Stellvertretung des Leutnants Wais bei der SA gewesen war. Tonio hat sich gedacht …«
    »Was, der Halunke will eine alte Schindmähre auftreiben, ihr ein SA -Kapperl aufsetzen, und ihr führt den Klepper vor die Präsidentschaftskanzlei, damit er dort für den Wais SA -Pferdeäpfel produziert. Und Sie servieren sie dem Präsidenten auf …«
    »Sehr witzig, Herr Krieglach. Gaspari will, dass Sie das Pferd entwerfen.«
    »Was soll ich tun?«
    »Das Was ist nicht die Frage, Herr Krieglach.«
    »Sag Herbert zu mir. Prost.«
    »Judith. Prost. Das Wie ists, worauf es ankommt. Wie schaut das Pferd aus?«
    »Wie das SA -Pferd aussieht? Simpel.«
    Krieglach ging in den Arbeitsraum, entrollte Packpapier, fixierte es an einem seiner Tische. »Na komm«, rief er über die Schulter Judith hinzu. Er nahm die Kohle und skizzierte in wenigen Strichen das Ross.
    »Na?«
    Judith schaute lange auf die Zeichnung.
    »Na, was ist?«
    »Toll«, sagte Judith. Krieglach nickte, sie gingen zurück, er trank seinen Kaffee aus.
    »Aus Holz wirds gemacht. Bis wann denn?«
    »Bis zur Wahl?«
    »Ah geh. Zur Amtseinführung.«
    »Wann ist denn die?«
    »Keine Ahnung. Paar Wochen später.«
    »Wir können aber nichts zahlen.«
    »Das zahlt der Wais. Und wie er das zahlt.«
    Krieglach stand auf, verabschiedete sie, wollte ihr beim Hinausgehen einen Klaps auf den Hintern geben, unterließ es, schloss die Tür und rief Emmy an.
    31.
    Am Tag der Stichwahl war Judith bei Roman. Er hatte seine Spaghetti Gorgonzola zubereitet, schnipselte noch am Salat. Sie stand hinter ihm in der Küche, sah zu, ihre Augen wanderten seine Wirbelsäule hinauf und hinunter. Gleich würde sie sich hinten an ihn dranschmiegen, ihren Atem in seinen Nacken blasen. Er würde sich umdrehen, sie kurz und etwas geniert auf die Nase küssen. Sie dachte, er mag mich, aber nicht wirklich, er liebt mich sogar, aber nicht echt, er verbringt Zeit mit mir, aber ist nicht immer dabei. Er dachte, wenn ich ihr den kleinen Finger gebe, ach was, wenn sie da ist, ists genug, aber kaum ist sie weg, geht sie mir doch ab.
    Jeder nahm sich seinen Teller und ein Besteck und trug es ins Wohnzimmer. Judith hatte das Besteck auf den Spaghettiteller gelegt, es fiel auf dem Weg hinunter. Roman hatte es in die Brusttasche seines Hemdes gesteckt. Er kam als Erster vor dem Fernseher zum Sitzen. Sie musste wieder in die Küche zurück, überlegte einen Moment, ob sie ihr Besteck abwaschen oder sich gleich ein neues aus der Lade holen sollte. Schließlich drehte sie den Wasserhahn auf.
    Tagsüber waren sie im Wienerwald herumgelaufen. Auf der Sophienalpe war das Grün satter als anderswo, fand Apolloner. Sie hatten sich dort niedergelassen, er las zum
zwanzigsten Mal in der Waisautobiographie, sie hatte sich einige Theaterstücke von Raimund Muthesius mitgenommen. Sie konnte vorzüglich im Schneidersitz lesen. Er fand, dass das gar nicht zu ihrem hektischen Gehabe passte. Auf dem Ellenbogen liegend, riffelte er mit klecksendem Kugelschreiber Passagen im Text an. Bienen flogen um sie herum, und in geringer Entfernung hatten sich andere Ausflügler in die Wiese gesetzt.
    Gegen vier waren sie in den wenig voneinander entfernt gelegenen Wahllokalen die Stimme abgeben gegangen, trafen sich gleich danach am Margaretenplatz und gingen in seine Wohnung. Pünktlich zur ersten Hochrechnung saßen sie schließlich vorm Fernseher. Als die Teller leer gegessen waren, erfuhren sie wie das übrige Land, dass mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit Doktor Johann Wais die Wahl gewonnen hatte.
     
    Ich klebte Felix ein Pflaster auf den Rücken, dann musste ich los. Die heutige Vorstellung war die erste Phädra ohne Bonker, die schwarze Fahne hing unbewegt an der Burg, der Portier begrüßte mich etwas kühler als sonst, immerhin betonte er wie immer das Von in meinem Namen. Schönn und Scherfele kamen in meine Garderobe. Ich sah sie erstaunt an.
    »Ist was Besonderes heute, außer dass der Vesely nicht nur gesagt hat, dass er einspringt, sondern dass er sogar die Rolle gelernt hat und bereit ist? Seid ihr seinetwegen im Doppelpack hier?«
    »Gut aufgelegt, Astrid, was?«, lächelte Schönn, blieb in der Tür stehen.
    »Wie macht er sich?«, fragte ich Scherfele, denn er wusste, dass ich bei den beiden Vorproben nicht dabei war. Statt seiner redete Schönn allgemein in den Raum hinein:
    »Die Kathi hat ihrem Vater nach Hamburg bereits berichtet, dass ein österreichischer

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