Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kalte

Der Kalte

Titel: Der Kalte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Schindel
Vom Netzwerk:
sagte Rosa aus der Küche und kam ins Zimmer, um auf dem Bildschirm den smarten und sonnengebräunten Gesundheitsminister anzuschauen. Der antwortete lächelnd auf einige Fragen eines Fernsehreporters. Hernach wurde der andere Präsidentschaftskandidat gezeigt, der bis vor kurzem Generalsekretär der UNO war. Ganz wie der vorige beantwortete auch er lächelnd einige Reporterfragen. Eine künftige Präsidentschaftskandidatin kam an die Reihe, allerdings fragte man sie nichts, sondern man sah bloß Archivbilder von der Stopfenreuther Au, wo die schlanke Frau mit dunklen Haaren und Silbersträhne darin inmitten gummibestiefelter Männer, einer davon mit einem Geweih am Kopf, stand und mit entschlossener Miene die Fortsetzung des Kampfes gegen ein Kraftwerk, das eben dort gebaut werden sollte, ankündigte.
    »Sorgen haben die«, sagte Fraul halblaut. Rosa setzte sich neben ihn, und so verbrachten sie den Sonntagabend vor dem Fernsehgerät. Beim Spielfilm, dessen Titel Fraul sofort vergaß, hockte in einer Szene ein Mann auf einem Stuhl, der Fraul an Eduard Wirths erinnerte. Rosa, die den Standortarzt von Auschwitz nicht bewusst gesehen hatte oder sich nicht an ihn erinnerte, wiegte den Kopf.
    »Ach, Edmund. Der hat doch gar keine Ähnlichkeit.«
    »Doch. Große Ähnlichkeit. Schon. Eigentlich nicht. Du
hast recht. Keine Ähnlichkeit.« Und Edmund lehnte sich zurück und schloss die Augen.
     
    Er öffnete sie und schaute aus dem Fenster auf den schmalen Weg, der zur Rampe führte und auf dem ein dünner Nebel die Erde weißte, ob von dort – wie verabredet – Eduard Wirths endlich erschien, denn er wollte mit dem Standortarzt den nächsten Schritt beraten, den man gegen die Machenschaften der politischen Abteilung unternehmen wollte. Fraul war sehr froh, dass er die gewachsene Feindschaft zwischen Maximilian Grabner und Doktor Wirths für die Auschwitzkampfgruppe ausnützen konnte, mehr und mehr. Er war zufrieden mit sich. Sein Einfluss auf Wirths war beträchtlich, und das brachte ihm die unverhohlene Bewunderung von Cyrankiewicz ein. Wenn es mir jetzt noch gelänge, ihn von den Selektionen abzubringen … Denn dort an der Rampe stand Wirths noch, um einen weiteren Ungarntransport abzuwickeln, einen Großteil ins Gas zu schicken, den anderen zur Arbeit.
    Als er schließlich kam, nahm Fraul förmlicher als sonst Haltung an. Wirths schaute ihn finster an und sagte: »Lassen Sie das.«
    Er legte die Offizierskappe auf den Tisch, zog sich den langen Mantel aus und setzte sich. Ohne Fraul anzusehen, sagte er leise: »Ich habe ohnedies einen großen Teil ins Lager genommen. Einen sehr großen Teil. Capesius hat geglotzt.«
    »Jawoll, Herr Doktor.«
    »Kommen Sie, Fraul, setzen Sie sich.«
    Und Fraul setzte sich zu Eduard Wirths an den Tisch im Häftlingskrankenbau von Birkenau und begann vorsichtig die Ideen von Cyrankiewicz dem SS -Arzt zu erläutern.
    19.
    Ich saß beim Frühstück in der Küche, aß meinen Toast und Felix die Spiegeleier mit seinem geliebten Parmaschinken. Er las in der Zeitung, ich sah, wie hinter ihr die kleine Krone des Macbeth hervorlugte, als wäre er mit dieser zu Bett gegangen, aufgestanden, hätte sie unter der Dusche anbehalten. Nun las er das Feuilleton.
    »In den österreichischen Zeitungen steht gar nichts«, brummte er. »An das werde ich mich nie gewöhnen.« Das Telefon läutete, als er seinen Satz beendet hatte. Er stand auf, ging hin.
    »Dauendin.«
    Jedesmal ärgert mich das, wenn er sich bloß mit seinem Namen meldet. Ich werde mir doch einen eigenen Anschluss hier machen lassen.
    »Für dich. Ich denke, dein Fraul.«
    Die verschlafene, aber darin irgendwie jugendscharfe Stimme von Karl bat mich, zu ihm in die Margaretenstraße zu kommen. Ich hatte ja probefrei, aber er musste doch ins Theater, um mit Dünster in der Szene endlich zum Ende zu kommen.
    Was sollte ich denn jetzt in Karls Wohnung? Ich nahm mit der Linken das Telefon, hielt mit der Rechten das Kabel und ging ins Wohnzimmer.
    »Du musst zur Probe, ich bin nicht in den Gängen, warum rufst du mich überhaupt an?«
    »Asta«, flüsterte er, »mir zerspringen die Hüften. Ich flehe Sie an, Freifrau, erlösen Sie mich.«
    »Was dir einfällt.« Mich durchfuhr schon wieder eine dieser Hitzewellen, die von Karls Stimme anscheinend mühelos ausgelöst werden.
    »Hupf ins Taxi«, sagte er. »Bis du bei mir einen Parkplatz gefunden hast, bin ich schon verendet vor Sehnsucht.«
    Felix war mir nachgefolgt, beobachtete mich mit

Weitere Kostenlose Bücher