Der Kammerjäger
nach Aberglaube. Er brachte Mary gern zum Lachen, und gewöhnlich gelang es ihm auch.
Sehnsüchtig erinnerte sie sich daran, wie sie sich von Bob nach diesem Rendezvous hatte küssen lassen und wie er sie küßte lang und hart. In jener Nacht hätte sie sich sogar von ihm befummeln lassen.
Plötzlich klatschte ein weiteres unidentifiziertes Insekt laut gegen die Windschutzscheibe und riß Mary wieder in die Gegenwart des Taxis zurück, das elf Jahre später nordwärts Richtung Tarrytown raste, immer den Schmetterlingen hinterher. In den Jahren dazwischen hatte sie sich viele Male von Bob küssen lassen, und es gab keinen Teil ihres Körpers, den er nicht berührt hatte, aber jetzt hatte er sie angelogen, und jetzt hatte sie ihn ver-lassen. Und jetzt hoffte sie bloß, daß sie das Richtige getan hatte.
Der griechischen Mythologie zufolge entsprang die Göttin Gaia dem Chaos und wurde Mutter aller Dinge einschließlich Uranus', der der erste Herrscher des Universums wurde.
In einer verdrehten Verbindung, die Jerry Lee Lewis die Schamröte ins Gesicht treiben würde, heiratete Gaia später Uranus und gebar ihm zwölf Kinder, die kollektiv als «die Titanen» bekannt wurden.
Kronos, der jüngste Titan, kastrierte und entthronte seinen Vater Uranus, dessen Blut auf die Erde strömte und die rächenden Furien erzeugte. Anschließend übernahm Kronos die Leitung des Universums.
Der Familientradition folgend (dem Phänomen des «ungebrochenen Zyklus», das in dysfunktionalen Familien vorkommt), heiratete Kronos seine Schwester Rhea und hatte weitere (inzwischen, würde man meinen, ziemlich inzucht-geschädigte) Kinder, darunter Zeus und Hera.
Schließlich wurde Zeus Vorsitzender eines Konsortiums von Göttern, die das Universum vom Berg Olymp aus regierten, daher ihr Name «Olympier».
In einer epischen Schlacht, der sogenannten Titanomachie, führte Zeus die Olympier gegen die Titanen und obsiegte, mit der Folge, daß Zeus Kronos als obersten Gott absetzte und die Freiheit hatte, die Familientradition fortzusetzen. Also heiratete er seine Schwester Hera. Und wie soll man sich jetzt vorstellen, daß jemand mit so einem verschmutzten Gen-Pool oberster Gott des Universums werden konnte? Hier wird die Geschichte interessant.
Der Legende zufolge gebar nämlich Rhea Zeus in einer Höhle, die heiligen Bienen gehörte. Die Bienen wurden Zeus' Ammen, und mit ihrem göttlichen Honig, der wunderbare reinigende Kräfte hatte, wurde er großgezogen. Durch diesen heiligen, magischen Honig genährt - und vermutlich gereinigt -, wurde Zeus schließlich zum Symbol von Macht, Herrschaft und Gesetz, zum Belohner des Guten und Bestrafer des Bösen.
Die heilige Höhle von Zeus' Geburt befand sich auf der Insel Kreta, die im östlichen Mittelmeer lag und die südliche Grenze der Ägäis markierte. Heute lebte rund eine halbe Million Menschen auf Kreta, unter ihnen ein Killer namens Klaus.
Es schien eine seltsame Wahl zu sein für jemanden, dessen Lieblingsbeschäftigung häufige Reisen zu den großen Casinos Europas erforderte. Aber Klaus hatte als Kind hier gelebt, und es fühlte sich immer wie zu Hause an. Vielleicht tröstete der Geist von Zeus die Seele von Killern. Oder Klaus mochte einfach ein schickes Haus mit Meeresblick.
Während die Sonne hinter einem festgemachten Fischerboot unterging, ordnete eine Gruppe Männer mit wettergegerbten Gesichtszügen ihre Taue und Netze. Einige Fische baumelten an einer Schnur von seiner Schulter, als Klaus aus dem Boot stieg und sich von den Männern verabschiedete. Er ging die Kopfsteinpflasterstraße den Hügel hoch und wechselte ein paar freundliche Worte mit den Leuten, denen er begegnete.
Alle wußten, womit Klaus sein Geld verdiente, aber sie kannten auch seine Philosophie, und insgesamt fanden sie, daß er ein guter Kerl war, dessen seltsamer Beruf ein notwendiges Übel in einer Welt war, die vor Gewissenlosigkeit überquoll. Nach Klaus' Auffassung, und der vieler Kreter, verwirkten die ungeheuerlichen Vergewaltiger der Menschenrechte ihr eigenes Recht auf Leben und verdienten es demnach, zu sterben.
Wie die antiken griechischen Götter auf dem Olymp fühlten sich einige der mächtigen Leute, die Profikiller wie Klaus engagierten, verpflichtet, sich um die Leben jener zu kümmern, die sie als machtlos betrachteten. Diese Menschen vertraten eine blutige Moral, die das Töten einer korrupten Seele billigte, um viele unschuldige zu retten. Leute wie Idi Amin, Pol Pot und Pinochet
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