Der Kammerjäger
waren Freiwild, aber ein Killer, der einen Gandhi, einen Kennedy oder einen Mandela umbringen würde, wurde selbst gejagt und zur Strecke gebracht.
Klaus tötete mit professioneller Distanziertheit, nie aus Böswilligkeit. Er haßte nicht diejenigen, die er aus dem Leben scheiden ließ, er glaubte nur, daß sie ihr Schicksal verdienten, sonst würde er sie nicht töten.
Sein melancholisches Äußeres schien sagen zu wollen, daß ihm seine Tätigkeit keinen Spaß machte, daß er irgendwie gefangen war, als hätten die Götter sein Schicksal bestimmt und als gäbe es keinen Ausweg. Er war eine tragische Figur, wenn nicht geliebt, dann wenigstens bemitleidet.
In letzter Zeit hatte Klaus oft daran gedacht, sich zur Ruhe zu setzen. Aber jedes mal wenn er einen Auftrag beendet hatte, wurde ihm der nächste angeboten, und Klaus redete sich ein, daß dies vielleicht derjenige sein könnte, bei dem es anders ist.
Und so tötete er wieder, strich sein Honorar ein und begann den Kreislauf von vorne. Im Durchschnitt führte Klaus zwei Aufträge im Jahr durch, wobei er stets seinen Qualitätsstandard wahrte. Aber Gerüchte machten allmählich die Runde, daß Klaus seinen Vorteil verlor und ein Newcomer sich zum ersten Platz der Killer-Weltrangliste hochballerte.
In gewisser Weise stimmte es: Klaus verlor tatsächlich seinen Vorteil. Er wurde seines sinnlosen Lebens zunehmend überdrüssig. Während früher einmal die Vorstellung, die Welt von ihrem Abschaum zu befreien, eine gewisse Befriedigung beinhaltet hatte, war es jetzt nichts weiter als ein unbefriedigender Teilzeitjob, der gut bezahlt war, etwas Reisen mit sich brachte und ihm gestattete zu zocken. Das war die einzige Form der Selbstzerstörung, zu der er fähig war. Er trank gerne, aber nicht genug, um sich umzubringen, und richtiger Selbstmord, nun, Klaus hatte das auch schon in Betracht gezogen, aber ihm fehlte der Mut dazu. «So macht Gewissen Feige aus uns allen», geisterte ihm dann durch den Kopf.
Vor sich im verblassenden Licht sah Klaus seine wunderschöne Villa auf dem Hügel, und er mußte über irgendetwas lächeln. Ihm fiel plötzlich ein Vers aus der Heiligen Schrift ein, genauer gesagt dem Römerbrief, 6: 23- «Denn der Sünde Sold ist Tod», stand da. Klaus dachte, wenn der Sold der Sünde der Tod war, dann war anscheinend der Sold des Todes ein hübsches Anwesen auf den griechischen Inseln. Über seinen Witz kichernd ging er weiter den Hügel hoch.
Als Klaus sein Zuhause betrat, über der Schulter seine Angelschnur, von der noch die Fische baumelten, stutzte er, hatte das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmte, konnte aber nicht genau sagen, was es war.
Hatte er eine Platte auf dem Herd angelassen? War das Bügeleisen an? Oder war jemand da, um ihn zu töten? Es war möglich.
Wie Revolverhelden im alten Wilden Westen waren Killer manchmal die Zielscheibe von Emporkömmlingen, die sich einen Namen machen wollten, indem sie bewiesen, daß sie die schnellsten Schützen waren.
Klaus war sich nicht sicher, ob er schlechte Gesellschaft hatte oder ob es bloß seine Paranoia war, die täglich schlimmer zu werden schien. Er ging weiter in die Küche und tat den Fisch ins Spülbecken.
Und wieder ließ ihn das ungute Gefühl, daß etwas nicht stimmte, aufblicken. Plötzlich registrierte er aus den Augenwinkeln eine Bewegung, und im gleichen Moment, als Maschinengewehrfeuer die Schränke über seinem Kopf zerfetzte, ließ er sich zu Boden fallen. Es war allerdings jemand da, aber sie waren nicht gekommen, ihn umzulegen, sonst wäre er bereits tot. Nein, dies war anscheinend bloß ein Höflichkeitsbesuch.
Als die Schießerei zu Ende war, lauschte Klaus einen Moment und steckte dann vorsichtig den Kopf um die Ecke. Ein Mann saß auf dem Sofa in den Schatten des Wohnzimmers. «Guten Abend, Klaus. Gibt es heute Fisch zum Abendessen?»
Klaus erhob sich. Er erkannte die Stimme. Der Mann in den Schatten war von mehreren Schlägern flankiert.
«Na ja, ich habe etwas Suvlakia übrig, aber ich glaube nicht, daß es für sechs reicht.»
Der Schatten mann sprach wieder. «Ich bin neugierig wegen Ihrer Zahlung. Es ist nicht Ihre Art, sich zu verspäten.»
«Ich habe Ihr Geld.»
«Das nützt mir nichts, wenn Sie das Geld habell», sagte der Schattenmann gereizt.
Klaus ging zu einem versteckten Safe und holte die Aktentasche heraus, die er kürzlich von Marcel bekommen hatte. Er warf die Tasche einem der Schläger zu. «Das hier ist die Hälfte von dem,
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