Der Kammerjäger
Ameisensklaven! Sie waren wahrscheinlich gezwungen, für ihre Herren die Betten zu machen, ihre Zimmer aufzuräumen, den Müll rauszutragen und solche Sachen.
Katy hatte auch gelesen, daß eine Ameisenart tatsächlich Ameisensäure aus ihrer Analdrüse absonderte. Autsch! dachte sie, aber trotzdem, ganz schön cool.
Mary sah zu, wie Katy einen Zweig aufhob und ihn den Ameisen in den Weg legte, darauf achtend, keine der Arbeiterinnen zu zerdrücken. Die Ameisen zögerten kurz, ein Gewirr von Fühlern erklärte anscheinend, daß sie über das Hindernis rüberlaufen und mit der Arbeit zügig weitermachen würden, und Beschwerden wurden nicht berücksichtigt.
«Liebling», sagte Mary leise, «es tut mir leid, daß ich dich von deinem Dad weggeholt habe. Darf ich es dir erklären?»
Katy sah nicht auf, während sie ihrer Mutter antwortete. «Weißt du noch, das letzte Mal, wo Daddy versucht hat, sich selbständig zu machen, und er ganz traurig wurde, als es nicht funktioniert hat, und du ihm gesagt hast, daß du an ihn glaubst und daß du ihn unterstützen würdest und so, und gesagt hast, er soll dabei bleiben, solange es das war, was er machen wollte? Weißt du noch?»
Verschmitzt lächelte Mary und nickte. Sie befürchtete, zu wissen, worauf ihr frühreifer kleiner Doodlebug hinauswollte. «Wieso ist das jetzt anders?» fragte Katy und versetzte ihrer Mutter mit diesem scharfsinnigen Argument einen Schlag unter die Gürtellinie.
«Nun, Liebling, manchmal, vor allem wenn man älter wird, stellt sich heraus, daß vieles nicht so einfach ist, wie man sich das vorgestellt hat.»
Mary nahm einen kleinen Stein und legte ihn den Ameisen in den Weg. Sie gingen drum herum und setzten ihre Arbeit fort. «Liebst du Daddy noch?»
«Natürlich. Es ist nur, daß er mir gegenüber nicht sein Wort gehalten hat, und da habe ich mich aufgeregt und gedacht, daß er vielleicht Zeit braucht, um über das, was er getan hat, nachzudenken.»
«Du hast auch nicht Wort gehalten. Weil du gesagt hast, daß du tun willst, was du tun mußt, damit er mit den Viechern arbeiten kann, bis es hinhaut.»
Katy war entschlossen, sie darauf festzunageln.
«Na ja ... du hast recht, Schatz. Ich glaube, wir brauchen beide Zeit, um drüber nachzudenken.»
Mary versperrte den Ameisen mit einem großen Blatt den Weg und sah zu, wie etwa fünfzig von ihnen sich versammelten und das Blatt aus dem Weg zogen. Es schien egal zu sein, welches Hindernis sie ihnen hinlegte, sie würden es überwinden und mit dem weitermachen, was sie machen mußten.
Während Mary fortfuhr, die Ameisen zu testen, entdeckte sie, wie erstaunlich stark und entschlossen sie waren. Sie erinnerten sie an Bob, natürlich bis auf ihre gekrümmten Fühler.
8
Die Sicherheitstruppe der bolivianischen Festung von Ronaldo und Miguel Riviera war ebenso eindrucksvoll wie kostspielig - fünfzig bis an die Zähne bewaffnete Soldaten patrouillierten auf dem Gelände; Posten mit Nachtsicht-brillen hielten auf einem Dutzend sieben Meter hohen Türmen Wache. Der Hang war mit Wärme- und Bewegungsmeldern übersät, die mit einem Zentral-Computer verbunden waren; drinnen und vor der drei Meter hohen Mauer, die das Gelände umgab, patrouillierten scharfe Hunde. Jedes Mitglied der Truppe besaß auch eine hochmoderne Funkausrüstung, und alle waren in den üblichen Techniken ausgebildet, mit denen man Eindringlinge unschädlich machte.
Der einzige, der hier jemals einen Attentatsversuch unternommen hatte, war schon tausend Meter vor der Mauer durch ein ausgefeiltes Ortungsgerät aufgespürt worden, das in der Flora installiert war, obwohl gesagt werden muß, daß man über die Ankunft des Killers vorgewarnt gewesen war. Wie jeder Sicherheitsberater bestätigen wird, ist gute Information auch der raffiniertesten Elektronik jederzeit haushoch überlegen.
Es war folgendes passiert: Ein hochstehendes Mitglied der Sicherheitstruppe des Medellin-Kartells hatte seinen Arbeitgeber verraten und Miguel Informationen bezüglich eines geplanten Attentats verkauft. Er lieferte Miguel sogar das Datum des Anschlags.
Nach Beratung mit ihrem Sicherheits chef beschlossen Ronaldo und Miguel, den Killer hereinzulassen, so daß er nicht entkommen konnte, wenn sie ihn sich schnappten.
Der Tag kam und der Killer auch. Entlang der Wachtürme hielten die Posten Ausschau, während Miguel und Ronaldo drinnen auf Video-Monitoren dem Spiel zusahen. Der Killer muß sich stolz und unsichtbar gefühlt haben, nachdem er den
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