Der Kampf beginnt
du nicht provoziert wirst, und auch dann nur, wenn sich keine diplomatische Lösung findet. Alles Gute, Neffe. Von der Familie.« Die Nachricht endete mit einem kurzen, entschiedenen Nicken .
... und machte dem Lärm streitender Stimmen und hastiger Schritte vor Eriks Bürotür Platz. Er glaubte, Michael Eus' Stimme zu erkennen, die sich undeutlich über den Krach erhob. Die lauten Stimmen verklangen, doch Erik konnte noch immer hören, wie sich nahe Büros leerten und die Angestellten den Gang hinabliefen.
»Was, zur Hölle, geht da draußen vor?«
Erik steckte den Datenkristall seines Onkels ein und nahm sich vor, ihn so bald wie möglich zu zerstören. Dann sprang er auf und ging hinüber zu der hohen Doppelflügeltür. Bevor er sie erreichte, klopfte es und er blieb wie angewurzelt stehen. Das konnte nur Eus sein. Die Warnung schenkte Erik einen kurzen Moment, sich zu sammeln. Er verschränkte die Arme vor der Brust, legte verärgert über die Störung die Stirn in Falten und bellte ein knappes: »Ja!«
Michael Eus öffnete die Tür. Hinter ihm stritten heftig gestikulierend Topmanager von Taibek Mining, während sie den Gang hinunterströmten. Eus machte sich nicht die Mühe, ins Büro zu kommen, was nur bedeuten konnte, er wollte Erik aus irgendeinem Grund abholen. Aus einem Grund, der die ganze Firma in helle Aufregung versetzt hatte, wenn man nach dem Verhalten ihrer Führungsriege gehen konnte.
Eus schüttelte den Kopf, als sei er wütend auf sich selbst, weil er Eriks Anweisung missachtet hatte, oder möglicherweise wütend wegen des Problems, das ihn in eine derartige Lage gebracht hatte. Er blickte seinem Arbeitgeber direkt in die Augen, und Erik sah wirklich und wahrhaftig Angst in den phlegmatischen grauen Augen. »Lord Sandoval-Gröll, wir haben ein Problem.«
Planetare Zollbehörde, River's End, Achernar Präfektur IV, Republik der Sphäre
Ein Deckenventilator drehte sich träge und bewegte die warme Luft. Raul Ortega saß mit gebeugtem Rücken in seinem Büro im Zollgebäude von River's End und teilte seine Aufmerksamkeit zwischen einem Stoß Formulare, dem Compblock und dem in den Schreibtisch eingearbeiteten Computerterminal. Ein angebissenes Teilchen lag vergessen auf dem fahrbaren Beistellschrank des Tisches. Der Zuckerguss des Gebäcks schmolz langsam auf den Papierteller und füllte die Luft mit dem Geruch von Zucker und Ahornsirup. Warme Milch stand unberührt in einem Pappbecher.
Der Tag hatte einfach nicht genug Stunden. Raul rief eine gemeinsame Anweisung des Legaten Stempres und der planetaren Gouverneurin Susanne Haider auf. Seit vorgestern waren sämtliche per Landungsschiff eintreffenden Nachrichten - von den Zollbehörden
- zu sichten, katalogisieren, kopieren und an Achernars leitende Zivil- und Militärführer weiterzuleiten.
Geheimdienstler. Eine weitere Funktion in der beständig länger werdenden Liste der zusätzlichen Aufgaben eines Zollbeamten.
Und noch eine Stunde Arbeit mehr jeden Tag.
Auf dem Gang vor dem Büro ertönten Schritte. Raul kannte das Geräusch der meisten Schuhe auf den Vinylfliesen. Das wütende Stampfen mit Stahlkappen verstärkter Militärstiefel. Das nervöse Schlurfen von Patentleder, wenn Spediteure um einen Gefallen bitten wollten, und das selbstbewusste Knallen von Kunstleder, wenn sein Chef, Carl Rossiter, eine Erklärung verlangte. Bequeme Zivilschuhe, ungleiche Schritte, lange Pausen - in der Regel verirrte oder in die falsche Richtung geschickte Paketempfänger, die eigentlich den Abfertigungsschalter eine Etage tiefer suchten.
Diese Schritte gehörten in eine letzte Klasse. Professionelle Arbeitsschuhe. Bequem, aber nicht zu komfortabel. Zollbeamte bevorzugten solches Schuhwerk, passend zur Uniform und geeignet für jemanden, der den ganzen Tag auf den Beinen war. Raul hörte die entschiedenen Schritte geradewegs auf die Tür hinter sich zusteuern, das Büro betreten und warten.
»Ich kann es nicht, ich will es nicht, und selbst wenn, ich habe keine Zeit«, stellte er fest, ohne sich umzudrehen. Die üblichen Entschuldigungen. »Was kann ich dir antun?« Ein Gespräch auf Autopilot.
»Abendessen wäre nett«, stellte eine warme Stimme mit einem Hauch von Belustigung fest.
Raul wirbelte den Stuhl herum und lächelte, als hätte ihm gerade jemand die halbe Tagesarbeit abgenommen. Jessica Searcy stand im Eingang und lehnte sich an den Türrahmen. Die große, gut gebaute MedTech trug das honigblonde Haar straff nach hinten gekämmt, eine
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