Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
eine beeindruckende Persönlichkeit dar, dennoch konnte Enna sich nicht vorstellen, mit ihm zu Hause unter dem Schutz eines Apfelbaumes gemütlich eine Pfeife zu rauchen und ein Pläuschchen zu halten. Für ihr Ziel hingegen, die Drachen zu finden, mochte er sich als durchaus nützlich erweisen. Nach einem kurzen Frühstück brachen sie rasch auf. Nur Yrm trat unruhig von einem Bein aufs andere. »Ich werde euch verlassen.«
»Wo willst du denn hin?«, erkundigte sich Bronn.
Der Mensch mit den braunen Locken rieb sich wieder einmal an der Wange und hob dann die Schultern. »Fort, durch die Berge ziehen, so wie ich es seit langer Zeit tue.«
»Möchtest du nicht versuchen, die Schatten deiner Vergangenheit abzuschütteln?« Bronn ging auf ihn zu und musterte ihn. »Die Einsamkeit lindert den Schmerz nicht. Komm mit uns. Es wird sicher nicht einfach werden, aber wenn du uns begleitest, uns dabei hilfst, die Drachen zu finden, dann tust du mehr Nützliches, als wenn du allein umherziehst.«
»Hmm.« Bedächtig kaute Yrm auf seiner Lippe, dann deutete er auf die beiden Elfen, die schweigend auf sie warteten. »Ihr habt nun bessere Begleiter als mich.«
»Noch niemals zuvor waren wir in diesen Bergen.« Alvendorahs sanfte Stimme war das genaue Gegenteil von Yrms rauem Ton. »Wir könnten dein Wissen brauchen.« Sie sah von ihm zu Bronn. »Euer beider Wissen. Denn wenn wir auch feinere Sinne haben als ihr und zu sehen vermögen, was euren Augen verborgen bleibt, so wissen wir nur wenig von den Geheimnissen der Suravan-Berge.«
»Niemand kennt alle Geheimnisse der Suravan-Berge«, grummelte Bronn, dann schlug er dem deutlich größeren Yrm auf den Rücken. »Dennoch hat die Elfe recht. Du bist der Einzige, der jemals zuvor hier war, und ich habe nur ein wenig über diese Gegend gelesen.«
»Die Elfe.« Sichtlich empört hob Gwendalon sein Kinn. »Dies ist Alvendorah Enduriel, Tochter des …«
»Gwendalon«, unterbrach ihn Alvendorah sanft, »hier spielt das keine Rolle.«
»Richtig«, stimmte Yrm zu. »Ein Gulvar zum Beispiel macht da auch keinen Unterschied.«
»Nun gut. Nachdem dies geklärt wäre«, der Elf verbeugte sich huldvoll, »sollten wir uns auf den Weg machen.« Sein Blick wanderte zum Himmel. Düstere Wolken türmten sich im Süden auf, und der Wind hatte merklich aufgefrischt.
»Wirst du nun mit uns kommen?«, wollte Enna von Yrm wissen und blickte gespannt zu ihm auf.
Noch immer zögerte dieser und brummelte etwas in seine Hand, während er sich über den Bart strich.
»Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich mitgehen«, riet ihm Jorim. »Denn dies ist die Gelegenheit zu helfen, die Herrschaft der Erinyen zu brechen und«, er zögerte einen Moment, »deine Familie zu rächen.«
»Ist Rache denn der richtige Weg?«, fragte Yrm.
»Sie hält dich zumindest am Leben, treibt dich an«, erklärte Bronn düster und starrte vor sich hin. Enna fragte sich, ob er gerade an Yrms Familie dachte oder ob etwas anderes auf seiner Seele lastete, wie das Schicksal seiner Gefährten.
»Welchen Weg wir auch beschreiten, er sollte uns eines Tages nach Hause führen.« Alvendorah sah Yrm an, und in ihren Augen lag kein Drängen, kein Fordern.
Yrm schien kurz zu überlegen, doch schließlich nickte er.
»Vielleicht ist euer Weg doch der bessere.«
»Und ein gemeinsamer Weg ist stets dem einsamen vorzuziehen«, sinnierte Bronn und nickte auffordernd in südwestliche Richtung. »Sag, Yrm, ist es nicht dort hinter den Wäldern, wo der Bergkegel liegt, den man Drachenkrater nennt?«
»In der Tat. Dort sollte das Oberhaupt der Drachen zu finden sein.«
»Umso besser«, freute sich Jorim. »Man sollte mit dem Wirt sprechen, wenn man mehr Bier haben möchte, nicht mit dem Fassbinder.«
»Ha, ein sehr alter, aber immer noch kluger Spruch.« Bronn schlug Jorim kräftig auf den Rücken. »Dann auf zum Drachenkrater!« Der alte Halbling schulterte sein Bündel und stapfte los, und die anderen folgten ihm.
Wenig später überquerten sie ein kurzes Stück von Bäumen durchsetztes Grasland und gelangten schließlich in einen Wald. Laub- und Nadelbäume drängten sich dicht aneinander. Fast hätte es ein normaler Wald sein können, wäre da nicht diese Stille gewesen. Kein Vogel zwitscherte, und auch kein anderes Geräusch drang an die Ohren der Wanderer, die sich hier wie Eindringlinge vorkamen.
Dennoch war Enna von neuem Mut erfüllt. So gefährlich und beinahe aussichtslos es auch erschienen war, die Drachen zu
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