Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
hatte. »Der Pfeil bei der Silbermine«, sagte sie leise. »Das wart ihr?«
Alvendorah nickte. »Wir waren stets in eurer Nähe. Sehr zu Gwendalons Ärger. Ginge es nach ihm, wären wir bereits zurückgewandert, um uns auf den Angriff aus dem Süden vorzubereiten.«
»Und ihr wäret gut damit beraten«, erklang plötzlich eine vertraute Stimme. Enna wandte den Kopf. »Bronn?«
Tatsächlich kam der ergraute Halbling auf sie zu, und direkt hinter ihm schob sich noch jemand aus dem Gebüsch.
»Jorim!«, rief Enna erfreut. Jetzt konnte sie nichts mehr halten. Sie sprang auf, stürmte auf ihren Bruder zu und umarmte ihn. »Jorim«, flüsterte sie noch einmal und vergrub ihr Gesicht in seinen Locken.
»Schon gut, Enna. Du drückst mir ja die Luft ab«, beschwerte er sich nach einer Weile. »Dagegen war der Schlund des Sumpfmonsters eine zärtliche Umarmung.« Langsam schob Jorim Enna von sich und betrachtete sie von oben bis unten. »Geht es dir gut?«
»Ja. Die Elfen haben mich gerettet.«
»Ich weiß. Der riesige Elf mit den hellen Haaren hat uns alles erzählt.«
»Aber du«, Enna beäugte Jorim von oben bis unten, »du siehst schmutzig aus.«
Jorim grinste nur schief und wollte etwas erwidern, da stand plötzlich Gwendalon neben Enna, und dann war da noch jemand. »Yrm?«
»Ja, ich bin’s«, grummelte der Mann, während er näher trat, jedoch nicht ohne Gwendalon misstrauisch zu beäugen.
»Yrm und Bronn sind Freunde«, klärte Jorim Enna auf. Allerdings zuckte ihr Bruder nur mit den Schultern, als Enna ihn fragend ansah, und schwieg.
Schließlich gesellten sie sich zu Alvendorah, die sich nun erhob. Wie gebannt starrten Yrm und Jorim und sogar der alte Bronn Sternenfaust auf die Elfe, und auch Enna musste zugeben, dass sie schön war wie ein Frühlingsmorgen und dabei so geheimnisvoll wie die Tiefen des Ozeans.
»Setzt euch«, sagte sie und machte eine einladende Handbewegung. Ihre melodische Stimme schien die drei aus ihrer Erstarrung zu reißen, und so ließen sie sich auf dem Gras nieder. Nur Gwendalon blieb wieder einmal stehen, sein ernster Blick suchte ständig die Umgebung nach drohender Gefahr ab.
Aufgeregt erzählten Jorim und Enna einander, was sie zwischenzeitlich erlebt hatten. Alvendorah lauschte schweigend den Berichten.
»Du und Yrm, ihr kennt euch wirklich?«, wandte sich Enna schließlich an Bronn.
»Yrm gehörte zu jenen Menschen, die mich nach meiner Begegnung mit dem Gulvar und dem Sturz in die Tiefe an dem Flussufer fanden.«
»So war es«, stimmte Yrm ihm zu. »Wir sahen zum ersten Mal einen Halbling und brachten ihn in unser Dorf, wo wir ihn gesund pflegten. Später sagte er uns, sein Name sei Elgo.« Yrm zog eine Augenbraue empor und legte den Kopf schräg. »Offensichtlich hast du uns angeschwindelt«, stellte er fest, doch es lag keine Anklage in seinen Worten.
Bronn blickte ein wenig betreten drein. »Ich schämte mich meines Namens wegen«, erklärte er, und dann erzählte er Yrm, wer er wirklich war.
»Ich mache dir keinen Vorwurf, alter Freund«, meinte Yrm, nachdem Bronn geendet hatte. »Am Ende sind es nicht unsere Namen, die uns verbinden, sondern unsere gemeinsamen Erlebnisse.« Yrm senkte kurz den Kopf, dann holte er tief Luft, so als müsse er Kraft sammeln, ehe er weiterreden konnte. »Sie kamen im Morgengrauen«, fuhr er plötzlich fort. »Wie gewaltige Leuchtkäfer, die über einem Meer aus Gras schweben, sahen die Fackeln der Erinyen aus der Ferne aus. Ein fauliger Geruch traf unsere Nasen, dann schlugen sie auch schon zu.«
»Ghule!«, flüsterte Jorim.
»Ja, stinkende Ghule«, bestätigte Yrm und spuckte angewidert aus. »Plötzlich waren sie mitten unter uns. Panik brach aus, alle rannten schreiend durcheinander. Ich packte meine Frau und meine beiden Kinder, wollte sie in Sicherheit bringen.« Yrm brach ab, man sah, dass das Sprechen ihm schwerfiel. Sein Blick glitt in die Ferne, wo die untergehende Sonne einen rötlichen Schimmer auf die Gipfel der Suravan-Berge zauberte. Enna bemerkte, dass Yrms Augen feucht wurden, als er weitererzählte. »Wir rannten durch das Chaos. Drei Ghule versperrten uns den Weg. Da erschien Elgo … also, ich meine … Bronn, an meiner Seite. Einer seiner Dolche streckte den ersten Ghul nieder, die beiden anderen zögerten.« Yrm kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. »›Wollt ihr nicht zartes Menschenfleisch kosten‹, säuselte da eine Stimme hinter uns. Es war eine Erinya. Voller Arroganz kam sie näher und
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