Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
hin.
»Das nenne ich eine gute Idee«, pflichtete Rimen ihm bei und schnappte sich die Flasche. Er zog den Korken heraus, nahm einen kräftigen Schluck und lehnte sich – nun sichtlich zufriedener – an einen Felsen.
Auch Pim genehmigte sich etwas von dem Tropfen und genoss die wohlige Wärme, die sich daraufhin in seinem Bauch ausbreitete.
Eine Weile lang schwiegen sie, blickten hinauf zu den Sternen und lauschten dem Wind. Irgendwann, es musste fast Mitternacht sein, vernahmen sie ein Geräusch.
»Was war das?« Gespannt richtete sich Rimen auf, und wie immer, wenn ihn die Aufregung packte, kratzte er sich die Narbe an seiner Wange.
»Es klang wie ein Flüstern!« Pim erhob sich langsam und lauschte in die Dunkelheit. Der Wind rauschte und pfiff leise um das Felsgestein. Allerdings konnte der Halbling nun nichts Verdächtiges mehr hören. Gerade wollte er sich wieder setzen, da vernahm er es erneut: ein leises Säuseln, ein entferntes Wispern in der Nacht.
In diesem Moment sprang Rimen auf. »Das ist der Geist des Berges!« Hektisch blickte er sich um und packte Pim fest am Arm. »Der graue Felsenriese kommt uns holen, um uns in Stein zu verwandeln.«
»Das ist doch nur eine uralte Legende«, versuchte Pim ihn zu beruhigen. »Niemand hat ihn je gesehen.«
»Weil er alle, die ihm begegnet sind, in Stein verwandelt hat. Noch immer stehen die versteinerten Opfer auf dem höchsten Plateau dieser Berge!« Rimen deutete nach Nordwesten. »Sogar ihre vor Angst verzerrten Fratzen kann man im Gestein erkennen.«
»Die haben nur Wind und Regen erschaffen, das ist alles«, erklärte Pim. »Wenn du genau hinsiehst …« Er brach ab und legte rasch einen Finger an seine Lippen. Da war es wieder, dieses Geräusch, das er nicht einordnen konnte.
»Er kommt«, flüsterte Rimen und beugte sich nach vorn, die Augen weit aufgerissen. »Sieh nur!«
Nun erstarrte Pim. Etwas bewegte sich da draußen. Ein Schemen, als würde die Dunkelheit Gestalt annehmen. Und er kam auf sie zu. Pim zog sein Messer, Rimen hielt bereits eine Axt in der Hand. Beide Waffen waren wenig geeignet, um den Geist des Berges abzuwehren – oder gar drei Erinyen! Diese lösten sich nämlich nun aus der Dunkelheit. Mit großen Schritten und wallenden Umhängen kamen sie näher.
»Was tun wir jetzt?«, fragte Rimen mit zitternder Stimme. Die Worte drangen kaum zu Pim durch. Eine Erinya hatte ihre Kapuze bereits zurückgezogen, schwarzes Haar wurde im Licht der Sterne sichtbar. Ihr Blick hielt Pim gefangen. Doch aus Schönheit wurde Boshaftigkeit. Arglist glitzerte in den dunklen Augen der Frau. Eine schaurige Faszination ging von ihr aus, und Pim war es, als sei er in einem unsichtbaren Spinnennetz gefangen.
»Pim!«, schrie irgendjemand. Verzweiflung schwang in diesem Ruf mit und rüttelte ihn endlich wach. Er fand seine Stimme wieder.
»Das Feuer, Rimen! Wir müssen es an …«.
Weiter kam er nicht. Ein Knall hallte durch die Täler, und etwas schlang sich um seinen Hals. Mit einem Ruck wurde der alte Halbling von den Füßen gerissen und prallte auf den harten Boden. Der Dolch flog ihm aus der Hand und schlug irgendwo klirrend gegen einen Fels. Ein höhnisch grinsendes Gesicht beugte sich über Pim, dann loderte eine Fackel auf und erhellte das Erinyen-Gesicht auf groteske Weise.
Wieder ein Knall, dieses Mal war es Rimen, der qualvoll aufschrie.
Pim rappelte sich trotz des beißenden Schmerzes an seinem Hals auf. Er sah, dass auch sein Gefährte am Boden lag, und wollte ihm zu Hilfe eilen. Aber es war zu spät. Eine Erinya sprang nach vorn, packte Rimen und riss ihn hoch. Dann rammte sie ihm ihre Fackel in die Brust. Mit einem zischenden Laut bohrte sich das Feuer in Rimens Fleisch. Sein Schrei, Ausdruck reinster Höllenqual, erstarb schnell. Rimen war tot, noch ehe er wieder auf dem Boden aufschlug.
»Nein!«, schrie Pim. Panik ergriff ihn. Sein Blick fiel auf die Packtasche, in der Feuerstein und Zunder lagen. Pim zögerte nicht und stolperte vorwärts. Aus den Augenwinkeln erkannte er, dass eine der schrecklichen Frauen zum Schlag ausholte.
»Warte!«, rief eine andere. Es war die Schwarzhaarige. »Lass ihn!«
Pim hatte nicht einmal die Zeit, sich darüber zu wundern, dass sie ihn nicht auf der Stelle töteten. Er stürzte sich auf die Tasche, kramte hastig Feuerstein und Zunder hervor. Auf Knien kroch er zu dem Holzstapel, legte den Zunder darauf und wollte die Steine gegeneinander schlagen – da legte sich eine knochige Frauenhand um
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