Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
hektisch nach Nespur um.
Dieser ließ plötzlich von dem Stützpfeiler ab, zog zwei Dolche unter seinem Umhang hervor und rannte den Erinyen entgegen, die nun in Sichtweite kamen.
»Nicht aufhören!«, brüllte er den anderen zu, dann schleuderte er den ersten Dolch. Eine Erinya geriet ins Straucheln und stürzte, während sie sich an den Hals fasste.
Wie in Trance beobachtete Jorim, was geschah, weil alles so rasend schnell ging. Als der letzte Halbling sich endlich auf den Wagen gehievt hatte, flog Nespurs zweiter Dolch durch die Luft und fuhr in einen Erinyen-Körper. Im selben Augenblick knallte eine Peitsche und riss Nespur zu Boden.
»Nespur!« Jorims Schrei verhallte ungehört in dem sie umgebenden Lärm.
Das Holz der Pfeiler barst endgültig unter Fundils letztem Schlag. Blitzschnell stieß er noch Talegrin und Rimen zur Seite, dann erfüllte ein ohrenbetäubendes Knirschen den Stollen. Risse breiteten sich in der Decke aus, erweiterten sich, und schließlich gab das Gestein nach. Jorim konnte noch einen letzten Blick auf Nespur erhaschen, den mehrere Geißelhiebe gleichzeitig erwischten – dann regneten ganze Gesteinsbrocken herab und nahmen ihm die Sicht. Mit Schrecken musste Jorim mit ansehen, wie Nespur und Fundil zusammen mit den Erinyen unter den Trümmern begraben wurden. Eine Staubwolke wälzte sich durch den Gang auf sie zu. Talegrin und Rimen schafften es gerade noch rechtzeitig heftig hustend auf die Ladefläche des Wagens. Jorim klatschte dem Pony die Zügel auf die Hinterhand, und schon preschte das Tier panisch los – es waren nicht nur Staub und Fahrtwind, die Jorim die Tränen in die Augen trieben.
Enna stützte sich auf die Ellbogen und widerstand dem Drang, vor Angst zurückzuweichen. Wie ein Wesen aus einer anderen Welt, ein entkommener Dämon, baute sich die Erinya vor ihr auf. Ihre grünen Augen bohrten sich in ihr Innerstes, und Enna hatte das Gefühl, ein Stachelschwein würde sich durch ihre Gedärme winden. Ihr Magen verkrampfte sich, rebellierte gegen die aufkommende Übelkeit. Die junge Halblingsfrau musste all ihre Kraft aufbringen, um nicht wimmernd davonzukriechen.
Dann blickte Enna demonstrativ auf die zusammengeschnürten Bündel, was der Erinya nicht entging.
»Was ist das?«, fragte sie zischend, und ihre glimmende Fackel näherte sich der Decke, in die das tote Holz eingewickelt war.
»Nichts Wichtiges«, rief Elvor in gespieltem Entsetzen.
»Es ist nicht an euch, dies zu entscheiden!« Die Stimme der Erinya klang kalt. Sie stellte einen Fuß auf das Bündel und beugte sich zu Elvor hinab. »Mach – es – auf«, sagte sie ganz langsam, wobei sie jedes einzelne Wort betonte und das Knäuel mit dem Fuß zu ihm hin schob.
Elvor schluckte und nickte, als wäre er hypnotisiert worden. Und vielleicht war er das wirklich. Seine Hände legten sich um das Bündel, dann löste er ganz langsam die Knoten.
»Es summt«, stellte die Erinya fest und legte dabei den Kopf schräg.
Elvor schwieg sicherheitshalber.
»Und steht auf, wenn ich mit euch spreche!«
Elvor nickte, immer noch stumm.
Enna glaubte schon, Sternenfausts Nachkomme hätte den Verstand verloren, doch dann erhob er sich, und sie und Jul taten es ihm gleich.
In diesem Augenblick rumpelte es am Mineneingang, und Schreie hallten aus dem Stollen heraus. Sowohl die Halblinge als auch die Erinya blickten erschrocken auf. Dann kam auch schon inmitten einer Staubwolke das Pferdefuhrwerk aus dem Eingang herausgeprescht, gefolgt von einem panischen Pony, das nur noch das Geschirr hinter sich her schleifte.
»Oh nein«, flüsterte Enna und hielt sich eine Hand vor den Mund. Die Halblinge auf dem Wagen waren komplett staubbedeckt und ihre Kleidung zerrissen – dann sah sie, wie Jorim eine Flasche auf zwei Erinyen warf, die unmittelbar vor dem Stolleneingang standen und sich gerade auf sie stürzen wollten. Danach überschlugen sich die Ereignisse. Die rothaarige Erinya holte zum Schlag mit ihrer Geißel aus.
»Nimm dies!«, schrie Elvor, packte das Bündel und schleuderte es seiner Gegnerin mitten ins Gesicht. Die Decke fiel ab, und Hunderte erzürnter Insekten attackierten die Fackelträgerin, die daraufhin nach hinten taumelte und um sich schlug. Enna wurde allerdings von Entsetzen erfasst, als die Erinya mit einem Mal stehen blieb, ja, sich sogar aufrichtete.
»Mit Geist und Blut ertrag ich der Bienen stechende Brut«, säuselte sie, und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Zahlreiche Bienen
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