Der Kampf der Halblinge: Roman (German Edition)
grasen.
»Wartet!«, rief Elvor und schüttelte den Kopf. »Das geht so nicht. Die werden einfach stehen bleiben und fressen. Dann werden die Erinyen wissen, dass wir abgestiegen sind. Wir müssen die Ponys dazu bringen, weiterzugehen!«
»Elvor hat recht.« Enna strich sich die Haare zurück und wies dann nach Norden. »Es wäre besser, wenn die Ponys dorthin laufen und eine Spur hinterlassen würden, dann könnten wir uns in Ruhe durch den Wald davonstehlen.«
»Hm«, Jorim rieb sich den Nacken. »Aber wie stellen wir das an?«
»Ja, wie bringen wir sie bloß zum Laufen? Jetzt, da sie so müde sind?« Auch Ambrin wirkte recht ratlos.
Jul räusperte sich und trat unruhig von einem Bein aufs andere.
»Du hast nicht noch etwas von deinem Borkentrunk?«, fragte Jorim an Elgo gewandt. Der schüttelte unglücklich den Kopf.
Jul räusperte sich erneut, dieses Mal lauter.
»Hast du ein paar von den Bienen verschluckt?«, wollte Elvor von ihm wissen.
Jul schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich habe eine Idee.«
»Dann nur zu! Jeder Gedanke ist willkommen«, munterte Jorim ihn auf.
»Also«, begann Jul etwas zögerlich, »es ist ein … etwas absonderlicher Gedanke.«
»Na und? Nur Mut«, mischte sich nun auch Talegrin ein.
»Er ist wirklich sehr absonderlich«, wiederholte Jul und wurde rot.
»Nun sprich oder pinkle Buchstaben in den Staub!«, rief Pim, dessen rundliche Wangen von der Anstrengung des Marsches glühten.
»Hier ist kein Staub, nur Gras«, merkte Ambrin trocken an.
»Also, soll ich es euch nun sagen oder nicht?« Jul blickte verunsichert in die Runde.
»Rede endlich!«, rief Enna und verdrehte die Augen.
»Pfeffer«, entgegnete Jul.
»Pfeffer?«, fragten Elvor und Rimen wie aus einem Mund.
»Ich bezweifle, dass die Pfeffer fressen. Die bevorzugen Gras, wie man sieht.« Ambrin zeigte mit seinem abgemagerten Finger auf die grasenden Zugtiere.
Jul zuckte mit den Schultern. »Ich meine nicht fressen .«
Enna blickte ihn ratlos an. »Was dann?«
Wieder einmal räusperte sich Jul. »Ich dachte da eher an das andere Ende – nicht an das Maul, sondern an …«
Die Halblinge schwiegen verwirrt. Nur das Lied der Vögel erfüllte den Wald. Jorim kamen sogar die Ponys seltsam erstarrt vor.
Enna fand als Erste die Sprache wieder. »Ich glaube nicht, was ich da höre.«
»Ich sagte doch, es ist … absonderlich.«
»Absonderlich?«, rief Elgo und klatschte sich auf die Oberschenkel, dass der Staub aufgewirbelt wurde. »Das ist genial!«
»Na ja, einen Versuch ist es wert, meinst du nicht?« Jorim blickte seine Schwester an. Enna seufzte, doch leider hatte sie keine bessere Idee.
»Mir tun die Tiere zwar leid«, sagte sie, »aber lieber Pfeffer im Hintern als eine Erinyen-Geißel im Leib.«
Also begannen sie, nach Juls Anleitung dessen ungewöhnlichen Plan in die Tat umzusetzen. Sie schnitten die Geschirre an, damit sie nach einiger Zeit reißen und abfallen würden, bevor sie alle, bis auf Jul und Jorim, auf die alte Eiche kletterten und warteten, was geschehen würde. Die zwei verbliebenen Halblinge saßen mit dem Pfeffer in der Hand auf dem Kutschbock hinter den Tieren und sahen einander an. »Auf drei«, rief Jorim. »Eins, zwei, drei!«
Rasch hoben sie die Schweife der Tiere in die Höhe und bliesen den Pfeffer auf ihren Handflächen gegen die entblößten Pferdehintern. Dann hüpften sie flink über den Karren auf den Baum, von wo sich ihnen helfende Arme entgegenstreckten. Kaum waren sie in Sicherheit, schauten sie erwartungsvoll zu den Tieren hinab. Nichts geschah. Die Ponys grasten.
»Dein Pfeffer taugt nichts«, beschwerte sich Elvor.
»Das ist feinster Pfeffer!«, klärte Jul ihn entrüstet auf. »Geerntet in Westendweiler, gemahlen in Flusstal.«
Elvor wollte etwas erwidern, doch Enna kam ihm zuvor. »Seht nur!«
Gebannt schauten sie wieder hinab auf die Tiere. Eines der Ponys hatte den Kopf gehoben und blickte nach hinten auf sein Hinterteil. Kurz darauf wirkte auch das zweite etwas unruhig. Sie schnaubten, schlugen wild mit dem Schweif und bewegten die Ohren vor und zurück. Dann brach Panik unter ihnen aus. Im selben Augenblick rannten die Ponys in donnerndem Galopp los. Es dauerte nicht lange, und die Zugtiere waren mitsamt dem Karren verschwunden.
»Na also!«, freute sich Jorim und klopfte Jul derart überschwänglich auf die Schulter, dass der findige Halbling beinahe vom Baum gefallen wäre.
»Das hätten wir viel früher machen sollen«, meinte Elgo.
»Bei den Ponys
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