Der Kampf des Geisterjaegers
schon nervös genug zu sein, und wenn ich den Spook erwähnte, würde ich ihn wahrscheinlich ganz abschrecken. Noch bevor ich recht darüber nachdenken konnte, schlüpfte mir eine Lüge über die Lippen.
»Pater Stocks ...«
Bei diesem Namen nickte der Mann zustimmend. »Ich werde mich bemühen, da zu sein. Aber versprechen kann ich nichts - ich habe einen anstrengenden Tag vor mir.« Damit knallte er die Tür hinter sich zu, wandte sich auf dem Absatz um und eilte den Hang hinauf.
Ich drehte mich zu Alice um und sagte: »Ich fühle mich nicht ganz wohl dabei, dass ich gelogen habe.«
»Es nutzt aber nichts, darüber nachzudenken«, entgegnete sie. »Es war jedenfalls gut so. Wenn der Priester noch leben würde, hätte er doch genau diese Versammlung gefordert. Wo ist dann da der Unterschied? Wir rufen sie nur für ihn zusammen.«
Unsicher nickte ich, doch von diesem Moment an war unser Plan gefasst, und bei jeder weiteren Gelegenheit brachte ich Pater Stocks’ Namen ins Spiel. Es war schwer zu sagen, wie viele tatsächlich zur Versammlung kommen würden, aber sehr zuversichtlich war ich nicht. Ehrlich gesagt machten sich manche Leute nicht mal die Mühe, uns die Tür zu öffnen, andere murmelten eine Entschuldigung, und ein alter Mann bekam sogar einen Wutanfall.
»Was macht denn Gesindel wie ihr in unserem Dorf, würde ich gerne mal wissen?«, zürnte er und spuckte Alice vor die Füße. »Wir sind lange genug von den Hexen geplagt worden, aber damit ist es jetzt vorbei! Geh mir bloß aus den Augen, du kleine Hexe!«
Alice nahm es gelassen, wir drehten uns einfach um und gingen weiter. Der Spook und James hatten nicht viel mehr Erfolg. Mein Bruder meinte, dass alles vom Schmied abhing. Er schien unentschlossen zu sein, aber wenn er sich zu unseren Gunsten entschied, dann würden ihm viele andere folgen. Ich erzählte dem Spook von meiner Lüge. Er sagte nichts dazu, sondern nickte nur bestätigend.
Den Rest des Tages verbrachten wir in ängstlicher Erwartung. Die Zeit wurde wirklich knapp. Würden genügend Dörfler auftauchen, dass wir eine Chance hatten? Und wenn ja, konnten wir sie dazu überreden zu handeln? Bliebe uns dann wiederum genügend Zeit, zum Pendle zu laufen und das Lammas-Ritual noch aufzuhalten? Während mir diese Gedanken durch den Kopf gingen, fiel mir plötzlich noch etwas anderes ein: Am dritten August, zwei Tage nach Lammas, hatte ich Geburtstag.
Ich erinnerte mich an die Geburtstagsfeiern zu Hause auf unserem Hof. Wenn einer von uns Geburtstag hatte, buk Mama immer einen besonderen Kuchen. Von solch glücklichen Momenten hatte ich mich sehr weit entfernt. Wie konnte ich auch nur an etwas denken, was jenseits der Gefahr lag, die uns drohte, wenn die Dunkelheit kam? Es schien nutzlos, sich von diesem Leben viel zu erhoffen. Solches Glück gehörte zu meinem kurzen Leben als Kind, aber das war vorbei.
Als die Sonne unterging, warteten wir geduldig in der kleinen, einschiffigen Kirche. Aus der winzigen Sakristei holten wir Kerzen und stellten sie auf den Altar und in die Kerzenhalter neben der Tür.
Lange bevor der erste Dorfbewohner nervös in die Kirche kam und sich weit hinten hinsetzte, hatte der Himmel die Farbe der Kohle von Horshaw angenommen. Der erste Besucher war ein alter, leicht hinkender Mann - der seine müden Knochen lieber am warmen Herdfeuer wärmen sollte, als zum Pendle in eine Schlacht zu ziehen, die sehr gefährlich werden konnte. Andere folgten, entweder einzeln oder paarweise, doch selbst nach fast einer Stunde waren es nicht mehr als ein Dutzend. Beim Eintreten nahmen alle Männer ihre Mützen ab. Zwei der Kühnsten nickten James zu, aber alle ohne Ausnahme vermieden es, den Spook anzusehen. Ich konnte ihre Nervosität förmlich spüren. Die Angst stand ihnen ins Gesicht geschrieben, manche fröstelten, obwohl es recht mild war, und sahen aus, als ob sie eher fliehen als kämpfen würden. Mir schien, dass sie sich beim ersten Anzeichen einer Hexe in alle Winde zerstreuen würden.
Doch als alles schon verloren schien, wurde plötzlich draußen ein Murmeln laut, und ein großer Mann in einem ledernen Wams betrat an der Spitze von mindestens zwei Dutzend weiteren Dorfbewohnern die Kirche. Ich vermutete, dass es sich um Matt Finley, den Schmied, handelte. Aus Respekt vor der Heiligkeit der Kirche setzte er den Hut ab, nahm dann seinen Platz in der vordersten Bank ein und nickte James und dem Spook zu. Wir hatten links von dem kleinen Altar dicht vor der Wand
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