Der Kampf des Geisterjaegers
nacheinander durchsuchen. Es war ein schmales, einstöckiges Häuschen, daher musste ich kein oberes Stockwerk durchsuchen. Eine Tür öffnete sich zu einem kleinen, engen Zimmer. Auf dem Bett lagen verkrumpelte, schmutzige Laken und auf dem Fensterbrett brannte eine weitere schwarze Kerze. Kein Zeichen von Alice. Wo konnte sie sein?
Hinter dem Bett an der gegenüberliegenden Seite befand sich eine weitere Tür. Ich drehte den Türgriff, öffnete sie und betrat ein Wohnzimmer.
Auf den ersten Blick erkannte ich, dass ich nicht allein war. Rechts von mir war der Kamin, in dem die Asche eines Kohlefeuers glühte. Aber mir direkt gegenüber saß eine Hexe mit irrem Blick und strubbeligen weißen Haaren gebeugt an einem Tisch. In ihrer linken Hand hielt sie einen Kerzenstummel mit flackernder Flamme, von der viel Rauch aufstieg. Instinktiv hob ich den Stab und öffnete den Mund, während sie zu rufen begann und mir mit den Fäusten drohte. Doch es erklang kein Laut, und ich bemerkte augenblicklich, dass die Hexe nicht wirklich im selben Raum war wie ich. Ich sah in einen großen Spiegel. Sie benutzte ihn, um das Zimmer aus der Ferne zu beobachten.
Wie weit war sie weg? Meilenweit oder ganz in der Nähe? Wo auch immer sie war, mit einem anderen Spiegel konnte sie den Mouldheels möglicherweise mitteilen, dass es einen Eindringling in der Hütte gab. Wie lange würde es dauern, bis jemand kam?
Unter dem Spiegel und links von mir bemerkte ich schmale Stufen, die ins Dunkle hinunterführten. Es musste einen Keller geben. Konnte Alice dort unten sein?
Schnell zog ich meine Zunderschachtel und einen Kerzenstummel aus der Hosentasche. Einen Augenblick später ging ich, die Hexe ignorierend, die immer noch still hinter dem Spiegel fluchte, mit der Kerze in der rechten Hand und dem Stab in der linken, die Treppe hinunter. Unten stieß ich auf eine verschlossene Tür, aber mit der hatte mein Schlüssel keine Schwierigkeiten. Ich zog sie auf und leuchtete mit der Kerze in den Raum.
Erleichtert stellte ich fest, dass Alice mit dem Rücken zur Wand neben einem Haufen Kohle saß. Sie schien unverletzt. Sie sah auf, öffnete den Mund, ihr Gesicht von Furcht verzerrt. Dann erkannte sie mich und seufzte erleichtert auf.
»Oh Tom, du bist es. Ich dachte schon, sie kommen, um mich zu töten.«
»Ist schon gut, Alice«, beruhigte ich sie. »Gleich bist du frei.«
Ich kniete neben ihr nieder und brauchte tatsächlich nur einen Augenblick, um das Vorhängeschloss mit meinem Schlüssel zu öffnen und ihr die Kette von den Beinen zu nehmen. So weit lief es noch ganz gut. Aber als ich ihr auf die Füße half, zitterte sie und schien immer noch Angst zu haben. Erst da bemerkte ich etwas Seltsames in diesem Keller. Er war zu hell. Eine Kerze allein hätte ihn nicht so erleuchten können.
Als ich aufstand, sah ich auch, warum. An jeder der vier Wände hing etwa auf Höhe meines Kopfes ein großer Spiegel in einem schwarzen, verzierten Rahmen. Dort spiegelte sich der Kerzenschein und verstärkte das Licht. Doch zu meinem Entsetzen sah ich noch etwas: Aus jedem Spiegel blickte mich ein Gesicht mit zornsprühenden Augen an. Drei waren Frauen - Hexen mit wilden, bösartigen Augen und ungekämmten Haaren - das vierte jedoch schien das Gesicht eines Kindes zu sein. Und genau dieses vierte Bild hielt meinen Blick gefangen und fixierte mich so, dass ich mich nicht in der Lage fühlte, mich zu bewegen. Der Kopf war klein - daher hatte ich angenommen, dass es ein Junge war -, doch die Züge waren die eines Mannes, vollkommen kahlköpfig und mit einer Hakennase. Einen Augenblick lang war das Bild still, eingefroren wie ein Porträt, aber während ich zusah, öffnete sich der Mund wie die Kiefer eines Raubtieres, das sich anschickt, seine Beute zu verschlingen. Die Zähne in diesem Maul waren rasiermesserscharfe Nadeln.
Ich hatte keine Ahnung, was oder wen ich da gerade sah, aber es flößte mir ungeheure Furcht ein - ich musste fort aus diesem Keller! Alle vier Gestalten sahen uns an. Sie wussten jetzt, dass ich Alice befreit hatte. Ich blies die Kerze aus und steckte sie wieder in meine Tasche.
»Komm, Alice«, forderte ich sie auf und nahm ihre Hand. »Lass uns hier verschwinden.«
Mit diesen Worten begann ich, sie die Treppe hinaufzuziehen, aber entweder hatte sie Angst oder sie war irgendwie geschwächt, denn sie hing schwer an meinem Arm und versuchte, mich zurückzuziehen.
»Was tust du denn, Alice?«, fragte ich. »Sie können jeden
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