Der Kampf des Geisterjaegers
stiegen sie einen steilen Hang hinab und ich konnte den Schein eines Feuers am Himmel vor mir sehen. Ich blieb ein Stück zurück und suchte dann Schutz in einem Wäldchen mit Eschen und Erlen. Es hätte eigentlich einmal gelichtet werden sollen und stellte ein gutes Versteck dar. Einen Augenblick später spähte ich zwischen dichtem Unterholz hervor und konnte genau erkennen, was vor sich ging.
Direkt unter mir befanden sich mehrere Reihenhäuser - acht insgesamt und am Rand des großen Hinterhofes loderte ein riesiges Feuer, das seine Funken in den Nachthimmel fliegen ließ. Etwas weiter weg, zwischen den Bäumen, war eine weitere Reihe von Häusern. Wahrscheinlich war das Bareleigh, wo der Mouldheel-Clan lebte.
Insgesamt konnte ich etwa zwei Dutzend Menschen unter mir erkennen, ungefähr gleich viele Männer und Frauen, die mit den Fingern von ihren Tellern aßen. Das sah harmlos aus, so als hätten sich ein paar Freunde an einem warmen Sommerabend am Feuer zusammengesetzt. In die Stimmen, die zu mir heraufklangen, mischte sich Gelächter.
Am Rand des Feuers hing ein großer Topf von einem metallenen Dreifuß, und als ich hinsah, schöpfte gerade eine Frau etwas in eine Schüssel und brachte sie einem Mädchen, das in einiger Entfernung von den anderen saß. Sie hielt den Kopf gesenkt und starrte auf die Fliesen, aber als ihr die Schüssel hingehalten wurde, sah sie auf und schüttelte entschlossen dreimal den Kopf.
Es war Alice! Ihre Hände konnte sie frei bewegen, aber im Feuerschein sah ich es metallisch aufleuchten: Ihre Füße waren mit einer Kette samt Vorhängeschloss gefesselt.
Kaum hatte ich sie erblickt, als die drei Schwestern den Hof erreichten. Als sie zu den anderen traten, verstummten die Gespräche.
Ohne ein Wort zu verlieren, ging Mab zum Feuer. Sie schien hineinzuspucken, woraufhin es sofort erlosch. Innerhalb weniger Sekunden hörten die Funken auf zu sprühen, die Flammen sanken in sich zusammen, und die Asche glühte kurz auf, bevor sie grau wurde. Immer noch erhellten Laternen die Szene, und auf ein Zeichen von Mab hin stand einer der Männer auf, warf sich Alice über die Schulter und brachte sie durch die offene Hintertür in das letzte Haus zu meiner Linken.
Mir schlug das Herz bis zum Hals, denn mir fiel ein, was Mab gesagt hatte: dass ich ihr gehören würde, wenn Alice tot war. Wollten sie sie jetzt umbringen? Hatte der Mann sie deshalb hineingebracht?
Am liebsten wäre ich den Hügel zum Haus hinuntergelaufen, um ihr zu helfen. Gegen so viele Leute hätte ich zwar keine Chance gehabt, aber ich konnte doch nicht einfach untätig zusehen, wie Alice ein Leid zugefügt wurde. Ich wartete ein paar Augenblicke, in denen mir die Angst die Eingeweide zerfleischte. Schließlich hielt ich es nicht länger aus, doch bevor ich mich noch bewegen konnte, erschien der Mann wieder an der Tür der Hütte. Er war allein und schloss die Tür sorgfältig hinter sich ab. Gleich darauf führte Mab mit ihren zwei Schwestern die Menge durch ein Tor hinaus und auf einen Weg hinter dem Haus, der parallel zu einem Bach verlief.
Ich wartete, bis alle in der Ferne verschwunden waren - augenscheinlich gingen sie zur Ortsmitte von Bareleigh -, und stieg dann vorsichtig den Hügel hinunter. Es bestand die Gefahr, dass sich noch jemand in der Hütte aufhielt, jemand, der vorher schon darin gewesen war. Ich meine, würden sie Weggehen und Alice unbewacht lassen? Das erschien mir sehr unwahrscheinlich.
Ich erreichte die Tür und schloss sie mit Andrews Spezialschlüssel auf.
Langsam schob ich sie auf und trat in eine unordentliche Küche. Im Licht dreier schwarzer Wachskerzen sah ich eine Spüle voll ungespültem Abwasch und auf dem mit Fett und Öl verschmierten Fliesenboden lagen Tierknochen. Leise schloss ich die Tür hinter mir und sah mich wachsam um. Der Raum schien leer, aber ich bewegte mich nicht. Ich lehnte mich an die Tür, den Gestank von ranzigem Fett und vergammeltem Essen in der Nase, und atmete langsam, um meine Nerven zu beruhigen. Sorgfältig lauschte ich. Es schien niemand im Haus zu sein, aber es war fast zu still. Es kam mir unwahrscheinlich vor, dass Alice überhaupt kein Geräusch machen würde. Bei dem Gedanken begann mein Herz in meiner Brust wild zu hämmern und die Angst schnürte mir die Kehle zu. Was war, wenn sie sie schon getötet hatten? Was war, wenn der Mann sie dazu ins Haus gebracht hatte?
Der schreckliche Gedanke brachte Bewegung in mich. Ich musste alle Zimmer
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