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Der Kampf des Geisterjaegers

Titel: Der Kampf des Geisterjaegers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Delaney
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würde auch niemand Essen zubereiten. Daher öffnete ich, ohne zu zögern, die Küchentür. Von dort aus würde ich in den Hof gelangen und fliehen können.
    Sofort bemerkte ich meinen Fehler. In einem schmalen Streifen Mondlicht, der durch das Fenster schien, sah ich Mistress Wurmalde am Tisch zwischen mir und der Tür stehen. Es war, als hätte sie auf mich gewartet und gewusst, wie ich zu fliehen beabsichtigte. Hatte Tibb ihr das verraten? Ich wich ihrem Blick aus und sah mich im Raum um: Er war düster und es gab viele dunkle Ecken. Von Tibb war keine Spur zu sehen, aber er war klein. Er konnte sich überall im Schatten verstecken - vielleicht unter dem Tisch oder in einem Schrank. Vielleicht verbarg er sich immer noch unter ihren Röcken?
    »Hättest du vorhin zu Abend gegessen, dann hättest du jetzt auch keinen Hunger«, sagte sie mit einer Stimme so kalt und bedrohlich wie eine scharfe Stahlklinge.
    Ich sah sie an, antwortete aber nicht. Ich war angespannt und bereit, davonzulaufen, Doch Tibb konnte geradeso gut irgendwo hinter mir sein.
    »Das ist doch der Grund, weshalb du mitten in der Nacht in meine Küche schleichst, oder? Oder wolltest du vielleicht fortgehen, ohne ein Wort des Dankes für die Gastfreundschaft, die dir entgegengebracht wurde?«
    Ihre Stimme hatte sich leicht verändert. Als ich sie mit Pater Stocks zusammen getroffen hatte, war es mir nicht aufgefallen, aber nun erkannte ich einen leichten ausländischen Akzent. Erschrocken bemerkte ich, dass ihre Stimme so ähnlich klang wie die meiner Mutter.
    »Hätte ich zu Abend gegessen, wäre ich wahrscheinlich im gleichen Zustand wie Pater Stocks«, erklärte ich rundheraus. »Auf so eine Gastfreundschaft kann ich verzichten.«
    »Nun, mein Junge, du redest frei heraus, das muss ich dir lassen. Daher werde ich ebenso offen sein. Wir haben deine Truhen und jetzt wollen wir die Schlüssel. Warum gibst du sie mir nicht einfach und ersparst dir damit jede Menge Ärger und Leid?«
    »Die Schlüssel gehören mir und die Truhen auch«, erklärte ich ihr.
    »Aber natürlich«, gab Mistress Wurmalde zu. »Deshalb sind wir ja auch bereit, sie dir abzukaufen.«
    »Sie sind nicht zu verkaufen ...«
    »Oh, ich glaube doch. Besonders, wenn du den hohen Preis kennst, den wir dafür zu zahlen bereit sind. Im Austausch für die Kisten und die Schlüssel schenken wir dir das Leben deiner Familie. Andernfalls ...«
    Ich öffnete den Mund, um zu sprechen, aber es kam kein Wort hervor. Dieses Angebot machte mich sprachlos.
    »Nun, ich glaube, das lässt dich etwas nachdenken, nicht wahr?«, meinte sie, während sich auf ihrem Gesicht ein höhnisches Lächeln breitmachte.
    Wie konnte ich mich weigern, ihr die Schlüssel zu geben? Sie hatte praktisch gesagt, dass meine Weigerung den Tod von Jack, Ellie und Mary zur Folge haben würde. Doch trotz des großen Schmerzes in meiner Brust hatte ich einen sehr guten Grund, mich zu weigern. Die Truhen schienen für die Hexenzirkel überaus wichtig zu sein. Sie könnten etwas enthalten - vielleicht eine Art Wissen das die Bedrohung durch die dunklen Mächte verstärkte. Wie Mr. Gregory gesagt hatte, stand mehr auf dem Spiel als die Sicherheit meiner Familie. Ich brauchte Zeit. Zeit, um mit meinem Meister zu sprechen. Außerdem war da noch etwas merkwürdig. Hexen waren sehr stark. Warum nahm sie mir die Schlüssel nicht einfach mit Gewalt weg?
    »Darüber muss ich erst nachdenken«, sagte ich, »das kann ich jetzt nicht entscheiden ...«
    »Ich gebe dir eine Stunde und keinen Moment länger«, gestand sie mir zu. »Geh in dein Zimmer und denk darüber nach. Dann kommst du wieder hierher und gibst mir deine Antwort.«
    »Nein!«, protestierte ich. »Das ist nicht genug Zeit! Ich brauche einen Tag. Einen Tag und eine Nacht!«
    Mistress Wurmalde runzelte zornig die Brauen. Sie trat einen Schritt auf mich zu, wobei ihre Röcke raschelten und ihre spitzen Schuhe zwei knallende Laute auf dem Fliesenboden der Küche machten.
    »Zeit, darüber nachzudenken, ist ein Luxus, den du dir nicht leisten kannst«, erklärte sie. »Hast du Fantasie, Junge?«
    Ich nickte. Zum Sprechen war mein Mund zu trocken.
    »Dann lass mich dir mal ein Bild darstellen. Stell dir ein finsteres Verlies vor, dunkel und trübselig, in dem es von Ungeziefer und Ratten nur so wimmelt. Stell dir eine Knochengrube vor, die nach den gefolterten Toten riecht und zum Himmel sinkt. Kein Tageslicht fällt aus den oberen Stockwerken hier herunter, und nur eine kleine

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