Der Kampf des Geisterjaegers
Kerze am Tag ist erlaubt, die ein paar Stunden den schrecklichen Ort mit gelblichem Licht erfüllt. Dein Bruder Jack ist an eine Säule gefesselt. Er schreit und tobt, seine Augen blicken wirr, sein Gesicht ist hager, sein Geist macht die Hölle durch. Manches davon ist unsere Schuld, aber die meiste Schuld trägst du. Ja, es ist deine Schuld, dass er leiden muss.«
»Wieso soll das meine Schuld sein?«, fuhr ich auf.
»Weil du der Sohn deiner Mutter bist und die Arbeit geerbt hast, die sie getan hat. Sowohl die Arbeit als auch die Verantwortung.«
»Was wissen Sie denn über meine Mutter?«, wollte ich aufgebracht wissen.
»Wir sind alte Feinde«, sprühte sie förmlich. »Und wir kommen aus demselben Land - sie aus dem barbarischen Norden, ich aus dem zivilisierteren Süden. Wir kennen einander gut. Oftmals haben wir in der Vergangenheit gegeneinander gekämpft. Doch nun habe ich die Gelegenheit, mich zu rächen, und ich werde siegen, ganz gleich, was sie tut. Sie ist jetzt zu Hause, doch sie setzt ihre Kräfte immer noch gegen uns ein. Wie du weißt, konnten wir nicht in den Raum eindringen, in dem die Kisten waren. Uns war der Zugang verboten. Sie hat es uns aus der Ferne verwehrt und mit ihren Kräften eine Barriere errichtet, die wir nicht durchdringen konnten. Aus Rache haben wir deinen Bruder geschlagen, bis er blutete, aber er war hartnäckig. Als wir ihn auf diese Weise nicht dazu bewegen konnten, uns zu helfen, haben wir seine Frau und sein Kind bedroht. Da schließlich hat er gehorcht und ist hineingegangen, um die Kisten zu holen. Aber der Raum war nicht nett zu ihm. Vielleicht, weil er dich verraten hat. Denn weil er dir dein Erbe neidete, hatte er sich eine Kopie deines Schlüssels machen lassen, als er ihn noch für dich verwahrt hat. Nur ein paar Minuten, nachdem er uns die Kisten übergeben hatte, verdrehte er die Augen und begann zu schreien und zu toben. So liegt denn nun sein Körper in Ketten in einem Verlies, aber sein Geist muss an einem noch schlimmeren Ort sein. Verstehst du jetzt? Wird dir etwas klar?«
Bevor ich antworten konnte, fuhr Mistress Wurmalde fort: »Seine Frau ist auch da und tut für ihn, was sie kann, wenngleich es nicht viel ist. Manchmal wischt sie ihm die Stirn ab. Manchmal versucht sie, ihn in seiner geistigen Umnachtung mit Worten zu trösten. Und für sie ist es schwer, sehr schwer, denn sie hat ihre eigenen Sorgen. Schlimm genug, dass ihre kleine Tochter vor ihren Augen dahinsiecht und vor lauter Albträumen schreit. Noch schlimmer ist die Tatsache, dass sie ihr ungeborenes Kind verloren hat - den Sohn und Erben, den sich dein Bruder so sehr gewünscht hat. Ich bezweifle, dass die gute Frau noch viel mehr ertragen kann.
Aber wir können noch mehr, wenn das nötig sein sollte, um dich dazu zu bewegen, uns zu gehorchen. Es gibt eine Hexe namens Grimalkin, eine grausame Mörderin, die die Malkins gelegentlich auf ihre Feinde hetzen. Sie kann gut mit Waffen umgehen, besonders mit einer langen Klinge. Sie liebt ihre Arbeit sehr. Sie liebt es, zu töten und zu verstümmeln. Aber noch etwas erfreut ihren perversen Sinn. Sie liebt es, zu foltern. Sie liebt es, jemandem Schmerzen zuzufügen. Sie liebt das Schnipp, Schnipp, Schnipp ihrer Schere. Soll ich ihr deine Familie ausliefern? Dazu braucht es nur ein Wort von mir! Also denk nach, Junge! Kannst du deiner Familie auch nur noch eine weitere Stunde diese Qualen zumuten - ganz zu schweigen von einem Tag und einer Nacht, wie du es verlangst?«
Mein Gehirn schlug Purzelbäume. Ich musste an das Scheren-Zeichen denken, das Grimalkin zur Warnung in eine Eiche geschnitzt hatte. Was Wurmalde beschrieben hatte, war schrecklich, und ich brauchte meine ganze Kraft, um mir nicht die Schlüssel vom Hals zu reißen und sie ihr auf der Stelle zu geben. Stattdessen holte ich tief Luft und versuchte, das, was sie mir so drastisch beschrieben hatte, aus meinem Gedächtnis zu verbannen. In meiner Zeit als Lehrling des Spooks hatte ich mich sehr verändert. In Priestown hatte ich mich einem bösen Geist namens Bane gestellt und ihm den Wunsch nach Freiheit verweigert. In Anglezarke war ich Golgoth begegnet, einem der alten Götter, und obwohl ich der Meinung war, dass es mich mein Leben und meine Seele kosten würde, hatte ich mich geweigert, ihn aus einem Pentagramm freizulassen. Aber das hier war etwas anders: Es war meine Familie, die direkt bedroht wurde, und die Beschreibung hatte einen Kloß in meiner Kehle verursacht und mir die
Weitere Kostenlose Bücher