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Der Kampf mit dem Dämon

Der Kampf mit dem Dämon

Titel: Der Kampf mit dem Dämon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Zweig
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Hölderlinsche Gedicht, der Hyperionroman, die Empedoklestragödie, diese drei heroischen Varianten seines Aufstiegs und Untergangs. Erst im tragischen Einsturz seines irdischen Geschicks findet Hölderlin die höchste geistige Harmonie.
    »Wer auf sein Leid tritt, tritt höher«, sagt sein Hyperion. Hölderlin hat den entscheidenden Schritt getan, er steht fortan über seinem
    eigenen Leben, über seinem persönlichen Leiden, er erlebt nicht mehr sentimentalisch-suchend, sondern tragisch-wissend sein Schicksal. Wie sein Empedokles am Ätna: unten die Stimmen der Menschen, über sich die ewigen Melodien, vor sich den feurigen Abgrund, so steht er herrlich allein. Die Ideale sind wie Wolken entschwebt, selbst Diotimas Bildnis dunkelt nur leicht wie aus Träumen her: nun heben mächtige Visionen an, prophetische Schau, rollender Hymnus und klingende Verkündigung. Nur eine Sorge rührt ihn noch leise an: zu früh zu sinken, ehe er den großen Päan, das Siegeslied seiner Seele gesungen. So wirft er sich noch einmal hin vor den unsichtbaren Altar mit der Bitte um heldischen Untergang, um den Tod im Gesang:
    Nur einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen!
Und einen Herbst zu reifem Gesange mir,
Daß williger mein Herz, vom süßen Spiele
    gesättigt dann mir sterbe!
    Die Seele, der im Leben ihr göttlich Recht
Nicht ward, sie ruht auch drunten im Orkus nicht;
Doch ist mir einst das Heilige, das am
Herzen mir liegt, das Gedicht, gelungen.
    Willkommen dann, o Stille der Schattenwelt!
Zufrieden bin ich, wenn auch mein Saitenspiel
Mich nicht hinabgeleitet; einmal
Lebt ich, wie Götter, und mehr bedarfs nicht.
    Die Parzen aber, die Schweigenden, halten nur kurz den Faden inne, der zu eng ihm gesponnen; schon blinkt die Schere in derÄltesten Hand. Aber diese kurze Spanne ist erfüllt mit Unendlichkeit: Hyperion und Empedokles, die Gedichte sind gerettet und uns damit höchster Dreiklang des Genius. Dann stürzt er nieder ins Dunkel. Nichts lassen ihn die Götter ganz vollenden. Aber ihn selbst lassen sie vollendet sein.
    Hyperion
    Weißt Du, um was Du trauerst? Es ist nicht erst
seit Jahren hingeschieden, man kann so genau
nicht sagen, wann es da war, wann es wegging,
aber es war, es ist, in Dir ist's. Es ist eine bessere
Zeit, die suchst Du, eine schönere Welt.
    Diotima an Hyperion
    Hyperion ist Hölderlins Knabentraum von der jenseitigen Welt: »Noch ahn ich, ohne zu finden«, heißt es im ersten Fragment – ohne alle Erfahrung, ohne jede Weltkenntnis, ja selbst ohne Wissen um die Kunstformen beginnt der Ahnende sich das Leben zu erdichten, ehe er es erlebt: wie alle die Romane der anderen Romantischen, wie Heinses Ardinghello, Tiecks Sternbald, Novalis' Ofterdingen ist sein Hyperion durchaus apriorisch, vor aller Erfahrung, nur Flucht-Welt statt der wahrhaftigen Lebenswelt, denn in schwärmend beschriebene Blätter flüchten die deutschen jungen Idealisten um die Jahrhundertwende vor der feindlichen Wirklichkeit, indes drüben jenseits des Rheins die französischen Idealisten den gleichen Meister Jean-Jacques Rousseau besser deuten. Die sind müde, ewig von der bessern Welt nur zu träumen: Robespierre zerreißt seine Gedichte, Marat seine sentimentalen Romane, Desmoulins seine Poetastereien, Napoleon seine Werther nachahmende Novelle, und nun gehen sie daran, die Welt nach ihrem Ideal umzuschaffen, indes die Deutschen sich verschwelgen in Ahnung und Musik. Sie nennen Romane, was halb Traumbuch, halb Tagebuch ihrer Empfindsamkeit ist. Sie träumen sich aus bis zur sinnlichen Erschöpfung, sie schwelgen sich empor in die edelsten Verzückungen geistiger Wollust
    : der Triumph Jean Pauls bedeutet den Höhepunkt und das Ende dieses bis zur Unerträglichkeit sentimentalen Romans, dervielleicht nicht so sehr Dichtung war als Musik, ein Phantasieren auf allen Saiten des hochgespannten Gefühls, ein leidenschaftliches Emporahnen der Seele in die Weltmelodie.
    Von allen diesen rührenden, reinen, göttlich-knabenhaften Unromanen – man verzeihe das widersinnige Wort – ist Hölderlins Hyperion der reinste, der rührendste und auch der knabenhafteste. Er hat die Hilflosigkeit des kindlichen Schwärmers und die rauschende Schwinge des Genius, er ist unwirklich bis zur Parodie und doch feierlich durch den Rhythmus dieses kühnen Schreitens ins Uferlose; man muß lange Atem holen, um aufzählen zu können, was an diesem ergreifenden Buche im Sinne der Reife mißlungen und oft gar nicht geahnt ist. Aber man habe nur den Mut (gegenüber

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