Der Kampf um die Sieben Inseln
selten ihren geringen Sold und stehen immer am Rande einer Meuterei. Die russischen Schiffe sind dafür fast am Auseinanderfallen. Nur ein Teil hat gekupferte Rümpfe, und weit und breit steht ihnen keine große Werft zur Verfügung.«
»Das sind ja recht ernüchternde Informationen, Mr. Foresti.«
»Ach, wissen Sie, Sir David, eigentlich kann es uns nur recht sein, wenn sich die beiden Verbündeten gegenseitig in Schach halten. Wir haben nicht die Kräfte und nicht den diplomatischen Spielraum, um die Sieben Inseln unter britische Vorherrschaft zu bringen. Wir müssen nur sehen, daß Englands Interessen auf den Inseln nicht übersehen werden. Die wichtigen Männer sollen England als Wahrer ihrer Interessen sehen, in der künftigen Verfassung soll der britische Parlamentarismus erkennbar sein, die wirtschaftlichen Beziehungen sollen garantiert werden. Das wäre vor allem wichtig. Auf Malta dagegen sollten sich die Russen auf keinen Fall festsetzen. Sie können bei der Blockade helfen, aber Malta ist als Stützpunkt im Mittelmeer viel zu wichtig, als daß wir es in andere Hände fallen lassen dürften.«
David wandte ein, daß Lord Nelson auf die Teilnahme der Russen an der Blockade dränge.
»Seine Lordschaft denkt da stärker als Flottenoffizier. Als Diplomat müßte er die Russen auf die Adria beschränken. Dort können sie Frankreich schwächen, ohne uns in die Quere zu kommen. Ich bitte Sie ganz herzlich, Admiral Ushakov zu Angriffen auf Ancona und Brindisi zu ermuntern.«
»Erst einmal ist doch Korfu an der Reihe.«
»Wenn Vido fällt, wird General Chabot aufgeben. Er ist am Ende mit Vorräten und Munition. Sorgen machen mir dann vor allem die albanischen Regimenter der Türken.«
»Was ist mit denen?« fragte David.
»Sie werden in der Stadt so plündern und morden, daß die Franzosen als Heilige in Erinnerung bleiben und alle Verbündete der Türken zu Teufeln werden. Die Albaner sind wie wilde Tiere. Einer ihrer Hauptleute hält sich einen Harem minderjähriger Jungen zur sexuellen Befriedigung. Er ließ ihnen die Zähne herausbrechen, damit sie sein Glied nicht verletzen können. Er mißbraucht sie in kaum vorstellbarer Form. Eine Bestie! Kadir Bey braucht die Albaner und kann sie nicht zähmen. Ich überlege immer, wie wir sie bändigen könnten. Es sind ja immerhin etwa zweitausend Mann.«
»Mein Flottille ist leider nur auf dem Meer eine Macht, Mr. Foresti.«
»Ja, ich weiß. Wäre es Ihnen möglich, die nächstgelegenen Inseln zu besuchen, sobald Korfu gefallen ist? Es geht darum, Flagge zu zeigen und auf Zakynthos vielleicht sogar eine kleine Truppe zu stationieren.«
»Was spielt diese Insel für eine besondere Rolle?«
»Zante oder Zakynthos ist traditionell britenfreundlich. Es beliefert England vor allem mit Korinthen, und dieser Handel ist für die Insel lebenswichtig. Zur Zeit der Franzosen war er unterbunden, und nun suchen die Bewohner eine starke Schutzmacht, Rußland oder England. Sie kümmern sich nicht viel um die Einheit der Inseln. Nur als Gesamtheit können sie sich aber vor der türkischen Küste behaupten, wenn das auch kaum eine Inselbevölkerung einsieht.«
»Wir werden mit unserer Flottille alle Inseln besuchen, sobald Korfu gefallen ist. Aber bei dem Zustand der russischen Schiffe werden sie uns auch die ständige Überwachung der Straße von Brindisi übertragen wollen, damit die Franzosen nicht aus der Adria hinauskommen. Doch erst müssen wir Vido einnehmen, und darüber muß ich jetzt mit meinen Offizieren sprechen, Mr. Foresti.«
Die Inseln vor den Bergen der Feinde
(April und Mai 1799)
Sie hatten sich in der Tageskajüte des Kommodore zu einer Besprechung getroffen: Kapitän Harland, Mr. Watt und Hauptmann Ekins von Davids Flottille, Kapitän Myatlev und Oberst Tomski von den Russen sowie Oberst Mustafa von den Türken. Mr. Örgazan und Mr. Demetros standen als Übersetzer zur Verfügung.
Auf Davids Bitte erläuterte Tomski die Lage auf der kleinen Insel Vido, die die Franzosen ›Insel des Frieden‹ getauft hatten und die nun in den Brennpunkt des Krieges rückte, weil sie Strand und Hafen der Zitadelle schützte. Die Insel war flach, wie Tomski erläuterte, und lief nach Westen spitz zu. Vor dieser Spitze lag die Klippe Kondilonissi. »Da müssen sich die großen Schiffe bei der Beschießung in acht nehmen!« betonte Tomski.
Die Franzosen hatten auf der Insel etwa fünfzig Geschütze aufgestellt und circa fünfhundert Mann dort stationiert. Außer einer
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