Der Kapuzenmörder
oder?« Er umklammerte Corbetts Handgelenk immer fester.
»Ja, Euer Gnaden, ich werde gehen. Aber wenn diese Sache erledigt und das Spiel vorbei ist, werdet Ihr dann Euer Wort halten?«
Edward lächelte wacker genug, aber Corbett sah doch den Spott in seinem Blick.
»Ich bin keine Schachfigur, Euer Gnaden«, murmelte Corbett und blickte zur Seite. Kicherte der Earl etwa über ihn? »De Warenne!« fauchte er.
Der Earl blickte auf.
»Wenn Ihr noch einmal den Dolch gegen mich zieht, Mylord, dann werde ich Euch töten!« Corbett stand auf und ging zur Tür.
»Hugh, kommt zurück.« Der König hatte sich gleichfalls erhoben und balancierte sein Schwert auf beiden Händen. »Eine Schachfigur seid Ihr nicht, Corbett, aber ich habe Euch zu dem gemacht, was Ihr seid. Ihr kennt meine Geheimnisse, und ich habe Euch Reichtum gegeben und einen Landsitz in Leighton. Und jetzt gebe ich Euch noch mehr. Kniet nieder!«
Überrascht beugte Corbett das Knie, und so flink er nur konnte, berührte der König seinen Sekretär mit dem Schwert einmal auf dem Kopf und dann auf beiden Schultern, und zum Schluß gab er ihm einen sanften Backenstreich.
»Ich schlage Euch zum Ritter.«
Die Proklamation war kurz und schlicht. Corbett klopfte sich verlegen den Staub von seinem Rock. Edward schob das Schwert wieder in die Scheide.
»In einem Monat wird die Kanzlei Euch Euren Adelsbrief senden. Na, Corbett, was sagt Ihr nun?«
»Euer Gnaden, ich danke Euch.«
»Scheißdreck!« knurrte Edward. »Wenn Warenne Euch noch einmal bedroht und Ihr ihn dann umbringt, müßte ich Euch hinrichten lassen. Aber nun seid Ihr ein Ritter mit Titel und Sporen, und so wird es ein Kampf zwischen zwei Ebenbürtigen sein.« Der König faßte Corbetts Hand. »Jetzt geht Ihr besser. Meine Schreiber werden die notwendigen Briefe aufsetzen und Euch ermächtigen, in dieser Angelegenheit in meinem Namen zu handeln.«
Corbett ging hinaus, so schnell er konnte; insgeheim war er erfreut über die Ehre, die ihm erwiesen worden war, aber im stillen verfluchte er den König, weil er wieder seinen Willen durchgesetzt hatte.
In der Ankleidekammer wischte de Warenne sich die Augen und wollte sich ausschütten vor Lachen über die Doppelzüngigkeit des Königs. Eine Zeitlang sonnte sich Edward in der Bewunderung des Earls, aber dann beugte er sich plötzlich zu ihm hinüber.
»John«, wisperte er, »ich liebe Euch wie einen Bruder. Aber wenn Ihr noch einmal den Dolch gegen Corbett zieht, dann — bei meiner Krone — bringe ich Euch eigenhändig um!«
Corbett kehrte in sein Gemach zurück und begann geistesabwesend, seine Habseligkeiten zusammenzusuchen und in Satteltaschen zu stopfen. Maeve würde toben, dachte er. Ihr schönes, friedfertiges Gesicht würde sich in Zornesfalten legen, ihre Augen würden schmal werden, und wenn sie die richtigen Worte gefunden hätte, würde sie den König verfluchen, und seinen Hof und die Pflichten ihres Gatten dazu. Corbett lächelte leise. Andererseits würde Maeve sich nur zu bald wieder versöhnen lassen. Der Ritterschlag würde sie mit Stolz erfüllen, und sie würde eine Weile innehalten, ehe sie mit der saftigen Beschreibung seines königlichen Herrn fortführe. Und dann war da noch Eleanor: drei Monate alt, und schon ließ sie erkennen, daß sie so schön wie ihre Mutter werden würde. Ein lebenslustiges, wohlgeratenes Mädchen. Corbett war geneckt worden, weil er sich doch wohl einen Sohn gewünscht habe, aber eigentlich war ihm das nicht so wichtig, solange Maeve und das Kind gesund waren. Er setzte sich auf die Bettkante und lauschte mit halbem Ohr auf die Geräusche, die unten vom Schloßhof heraufhallten. Das Kind mußte gesund sein! Er dachte an seine erste Frau Mary und ihre Tochter, die jetzt schon so viele Jahre tot waren. Manchmal erschienen ihre Gesichter ganz klar vor seinem geistigen Auge, und dann wieder verloren sie sich in einem undurchdringlichen Nebel.
»Es darf nicht noch einmal geschehen«, murmelte Corbett und klopfte mit der Stiefelspitze auf den Boden. »Es darf nicht noch einmal passieren!«
Er griff nach der Flöte, die auf dem Bett lag, und spielte ein paar leise Töne. Er schloß die Augen; schon stieg die Vergangenheit vor ihm auf. Mary war an seiner Seite, und das kleine Mädchen, so rasch von der Pest dahingerafft, stolperte vor ihr her. Andere Erinnerungen folgten: Robert Burnell mit seinem listigen, schlauen Blick, Alice-atte-Bowe mit ihrem schönen, leidenschaftlichen Gesicht. Andere Gesichter
Weitere Kostenlose Bücher