Der Kapuzenmörder
Holzblock stieß.
Corbett und seine Begleiter drängten sich durch die Menge auf den heruntergekommenen Friedhof. Cade ging hinüber zum Priesterhaus, klopfte an die Tür und sprach kurz mit jemandem drinnen. Nach einer Weile kam eine kleine, rundliche Gestalt mit einem großen Schlüsselbund heraus. Corbett warf Ranulf einen warnenden Blick zu; er solle sich nur zurückhalten. Die Leibesfülle des Priesters, sein rosiges Geweht und der weibische Watschelgang ließen vermuten, daß dieser Geistliche sich eher für die Genüsse des Lebens als für die Errettung der Seelen interessierte. Er trug einen grünen, mit hellem Eichhörnchenpelz verbrämten Tuchmantel, und ai1 Handgelenken und Fingern funkelte billiger Schmuck. Seine kleinen Knopfaugen blitzten Corbett entgegen. Niemand stellte sich vor. Statt dessen öffnete der Priester einen kleinen Lederbeutel, den er bei sich trug, und zog drei mit Essig und Kräutern getränkte Schwämme hervor.
»Die werdet Ihr brauchen«, schnarrte er und reichte jedem einen davon. »Jetzt folgt mir.«
Er führte sie hinten um die Kirche herum zu einem langgestreckten, fensterlosen Schuppen. Dort öffnete er das Vorhängeschloß an der Tür und winkte sie hinein.
»Genießt den Augenschmaus!« stichelte er. »In einer Stunde begrabe ich das arme Weib. Eine Kerze findet ihr auf dem Bord rechts neben der Tür.«
Corbett trat als erster in die Dunkelheit, und sofort drang ihm Verwesungsgestank in die Nase. Er war froh, daß er den Schwamm und einen robusten Magen hatte. Ranulf aber wurde gleich fahlgrau, und nachdem er mit einem Kienspan die Kerze angezündet hatte, befahl Corbett ihm, draußen zu warten.
»Kümmert Euch nicht um die Ratten!« rief der Priester. »Der Sarg steht auf zwei Holzböcken in der Mitte.«
Corbett hielt die Kerze in die Höhe. Trotz seines Unbehagens verspürte er ein trauriges Mitgefühl angesichts der einsamen langen Kiste. Leise fluchend hob Cade den unverschlossenen Deckel hoch und offenbarte den grausigen Anblick der Frau, die dort lag. Anscheinend sollte sie begraben werden, wie man sie gefunden hatte; niemand hatte den Versuch unternommen, den Leichnam herzurichten. Das kreideweiße Gesicht sah im Flackerschein der Kerze noch greller aus; die Haut wurde bereits schwammig, und der Leib war durch die Verwesung aufgedunsen. Corbett untersuchte den langen, purpurrot unterlaufenen Schnitt, der die Luftröhre durchtrennt hatte. Cade preßte die eine Hand mit dem Schwamm fest an Nase und Mund und hob mit der anderen den Kleidsaum des Mädchens hoch. Corbett warf einen Blick auf die Verstümmelungen, wandte sich ab und erbrach den Wein, den er gerade getrunken hatte. Er taumelte zur Tür, und Cade folgte ihm mit bleichem Gesicht hinaus in die Sonne. Corbett warf dem Priester Schwamm und Kerze vor die Füße.
»Gott erbarme sich ihrer!« murmelte er zwischen Würgekrämpfen. »Sie war jemandes Tochter, jemandes Schwester!« Und unvermittelt mußte er an seine eigene kleine Tochter Eleanor denken. Einmal mußte der verwüstete Fleischklumpen, den er gerade gesehen hatte, ein kleines Kind gewesen sein, das gurrend in der Wiege lag.
»Gott helfe ihr«, sagte Corbett.
Er hockte sich nieder und wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Ranulf kam mit einer Wasserkanne aus dem Pfarrhaus und hielt sie Corbett wortlos hin, damit er sich Gesicht und Hände waschen konnte. Dann richtete der Sekretär sich auf, funkelte den Priester an und nestelte seinen Geldbeutel auf.
Zwei Silbermünzen flogen in die Richtung des Priesters. »Hier, Pater«, knurrte Corbett, »ich will, daß eine Messe für sie gelesen wird. Und um der Barmherzigkeit willen, besprengt den Sarg mit einer Mischung aus Essig und Rosenwasser, bevor Ihr sie begrabt, und legt ein weißes Tuch über die Tote. Sie hat wahrscheinlich ein elendes Leben gelebt und ist eines schrecklichen Todes gestorben. Sie hat ein wenig Achtung verdient.«
Der Priester schob die Silbermünzen mit der Spitze seines hochhackigen Stiefels von sich. »Das mache ich nicht«, quiekte er.
»Doch, das werdet Ihr, verdammt!« donnerte Corbett. »Sonst beschaffe ich Euch jemanden, der es tut, und wenn das nicht geschieht — ich werde mich davon überzeugen —, dann sorge ich persönlich dafür, daß Euch diese Pfründe hier genommen wird. Wie ich höre, braucht Seine Gnaden, der König, Kapläne für seine Soldaten in Schottland.« Er trat dicht an den verängstigten Priester heran und schaute auf ihn herab. »Mein Name«,
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