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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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ich konnte sie auch als anständige Soldaten respektieren. Ihresgleichen aber... manchmal frage ich mich, wer mehr Russen auf dem Gewissen hat, die Deutschen oder Sie.«
    Watutin blieb ungerührt. »Rekrutiert wurden Sie von dem Verräter Penkowski, nicht wahr?«
    Â»Mumpitz! Ich habe ihn selbst angezeigt!« Filitow zuckte die Achseln. »Nun ja, zu irgend etwas müßt ihr ja nutze sein. Penkowski war ein armer, wirrer Mann, der seine Taten mit dem Tode büßen mußte.«
    Â»Wie Sie auch«, sagte Watutin.
    Â»Ich kann Sie nicht daran hindern, mich zu ermorden. Der Tod ist mir vertraut. Er hat mir die Frau und die Söhne genommen, so viele meiner Kameraden – und auch mich oft genug zu erwischen versucht. Früher oder später wird er siegen. Ich fürchte ihn nicht mehr.«

    Â»Was fürchten Sie dann?«
    Â»Sie jedenfalls nicht.« Diese Antwort wurde nicht von einem Lächeln, sondern von einem kalten, herausfordernden Blick begleitet.
    Â»Irgend etwas fürchtet doch jeder«, bemerkte Watutin. »Hatten Sie in der Schlacht Angst?«
    Mischa, du redest zuviel. Merkst du das eigentlich?
    Â»Ja, am Anfang schon. Als die erste Granate meinen T-34 traf, machte ich in die Hosen. Später erkannte ich, daß die Panzerung die meisten Treffer abhält. Man gewöhnt sich an die Gefahr, und als Offizier ist man meist zu beschäftigt, um zu erkennen, daß man eigentlich Angst haben soll. Man fürchtet um seine Untergebenen. Man fürchtet, als Führer, von dem andere abhängen, zu versagen. Man fürchtet sich vor dem Schmerz – davor immer, aber nicht vor dem Tod.« Filitow war von seiner Redseligkeit überrascht, aber er hatte nun genug von diesem KGB-Schleimer.
    Â»Ich habe gelesen, daß alle Männer Angst vor der Schlacht haben, aber was sie aushalten läßt, ist ihr Selbstwertgefühl. Sie wissen, daß sie sich vor ihren Kameraden keine Blöße geben dürfen, und fürchten die Feigheit mehr als die Gefahr. Sie haben Angst, ihre Männlichkeit zu verlieren und ihre Mitkämpfer zu verraten.« Mischa nickte leicht. Watutin drückte unter der Tischplatte auf einen Knopf. »Filitow, Sie haben Ihre Männer verraten. Sehen Sie das denn nicht? Sie haben militärische Geheimnisse an den Feind weitergegeben und damit alle Männer verraten, die mit Ihnen dienten.«
    Â»Es bedarf mehr als Ihrer Worte, um mich –«
    Leise ging die Tür auf. Der junge Mann, der eintrat, trug eine ölverschmierte Montur und den Lederhelm eines Panzersoldaten. Alle Details stimmten: Vom Helm baumelte das Kopfhörerkabel der Sprechanlage, und der junge Mann verbreitete einen starken Geruch nach Pulver. Sein Anzug war zerrissen und angesengt, sein Auge und seine Hände waren verbunden. Blut sickerte unter dem Augenverband hervor und zog auf der rußverschmierten Haut eine Spur.
Und er war Alexej Iljitsch Romanow, dem Gefreiten der Roten Armee, wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Filitow hörte ihn nicht eintreten, drehte sich aber um, als ihm der Geruch in die Nase stieg. Vor Schreck blieb ihm der Mund offen.
    Â»Sagen Sie, Filitow, wie würden Ihre Männer wohl reagieren, wenn sie hörten, was Sie getan haben?«
    Der junge Mann, ein Gefreiter und Assistent eines kleinen Funktionärs im Dritten Direktorat, sagte kein Wort. Der Reizstoff in seinem rechten Auge ließ ihm die Tränen über die Wange strömen. Filitow wußte nicht, daß seiner letzten Mahlzeit eine Droge beigegeben worden war. Das Koffein bewirkte, daß sein Verstand so hellwach war wie im Gefecht, alle Sinne geschärft für alles, was um ihn herum vorging -, doch die ganze Nacht über war nichts wahrzunehmen gewesen. Sein Verstand, der Sinneswahrnehmungen beraubt, begann zu halluzinieren. In Watutin hatte er nun etwas, auf das er sich konzentrieren konnte. Mischa war aber auch körperlich erschöpft, und die Kombination aus psychischer Wachheit und physischer Müdigkeit versetzte ihn in eine Art Traumzustand, in dem er nicht mehr in der Lage war, die Realität von Imaginärem zu unterscheiden.
    Â»Drehen Sie sich um, Filitow!« dröhnte Watutin. »Schauen Sie mich an, wenn ich mit Ihnen rede! Ich habe Ihnen eine Frage gestellt: Was würden die Männer sagen, die mit Ihnen gedient haben? «
    Â»Wer –«
    Â»Wer? Die Männer, die Sie anführten, Sie alter

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