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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clancy Tom
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Sie mir sagten!«
    Â»Und das Signal, das Sie hinterließen? Gab es der anderen Seite zu verstehen, daß wir Sie erwischt haben?«
    Â»Nein!« Der Kurier geriet nun fast in Panik. »Das habe ich Ihnen doch alles erklärt.«
    Â»Das Problem ist nur, daß wir ein Kreidezeichen nicht vom anderen unterscheiden können. Wenn Sie schlau sind, haben Sie uns getäuscht.« Der Vernehmungsbeamte beugte sich vor. »Genosse, Sie können uns hinters Licht führen, aber nicht für lange.« Er legte eine Pause ein, um diesen Satz im Raum stehenzulassen. »Gut, fangen wir von vorne an«, meinte er schließlich. »Wer ist die Frau, die Sie in der U-Bahn treffen?«
    Â»Ihren Namen kenne ich nicht. Sie ist über dreißig, sieht aber jung aus für ihr Alter. Blond, schlank, hübsch. Immer gut gekleidet, wie eine Ausländerin, obwohl sie keine ist.«
    Â»Gekleidet wie eine Ausländerin? Was meinen Sie damit?«
    Â»Sie trägt gewöhnlich einen Mantel aus dem Westen.
Das merkt man an Stoff und Schnitt. Sie sieht gut aus, wie ich sagte, und sie ...«
    Â»Weiter«, sagte der Vernehmungsbeamte
    Â»Unser Zeichen ist, daß ich ihr ans Gesäß fasse. Das scheint sie zu mögen, denn manchmal übt sie Gegendruck aus.«
    Von so etwas hatte der Vernehmungsbeamte bisher nicht gehört, aber er erkannte sofort, daß es die Wahrheit war. Solche Details erfand niemand, und sie paßten auch zum Profil der Kontaktperson, die eine Abenteurerin sein mußte und kein Profi, sonst würde sie nicht so reagiert haben. Damit stand praktisch fest, daß sie Russin war.
    Â»Wie oft haben Sie sich mit ihr getroffen?«
    Â»Nur fünfmal. Nie am gleichen Wochentag, niemals regelmäßig, aber immer im zweiten Wagen desselben Zuges.«
    Â»Und der Mann, an den Sie Dinge weitergeben?«
    Â»Sein Gesicht habe ich noch nie gesehen, jedenfalls nicht ganz. Er steht immer, hat die Hand am Haltegriff und versteckt sein Gesicht hinter seinem Arm. Ich glaube, daß er Ausländer ist, aber woher er kommt, weiß ich nicht.«
    Â»Fünf Treffs, und Sie haben sein Gesicht nicht einmal gesehen!« donnerte der Vernehmungsbeamte und hieb auf den Tisch. »Wollen Sie mich für dumm verkaufen?«
    Der Kurier zuckte zusammen und begann dann rasch zu sprechen. »Er trägt eine Brille, die bestimmt aus dem Westen stammt. Gewöhnlich hat er einen Hut auf. Außerdem trägt er immer die Iswestija bei sich, immer gefaltet. Wenn er mir das Zeichen geben will, daß alles klar ist, dreht er die Zeitung um, als läse er einen Artikel, und wendet sich dann ab.«
    Â»Und wie geht die Übergabe noch einmal vor sich?«
    Â»Wenn der Zug hält, tritt er auf mich zu, als wolle er an der nächsten Station aussteigen. Ich habe den Gegenstand in der Hand, und er nimmt ihn mir von hinten ab.«
    Â»Sie kennen also das Gesicht der Frau, aber sie weiß nicht, wie Sie aussehen. Ihr Gesicht ist ihm vertraut, aber Sie kennen seines nicht ...« Geschickt, aber warum benutzte
man denselben Trick zweimal in einer Kette? Der Vernehmungsbeamte kam langsam zu dem Schluß, daß in dieser Kette nicht mit toten Briefkästen gearbeitet wurde.
    Schon versuchte man, die undichte Stelle zu identifizieren, mußte dabei aber vorsichtig sein. Es bestand immerhin die Möglichkeit, daß der Spion selbst ein Sicherheitsoffizier war, denn dies stellte die ideale Tarnung für einen Agenten dar – mit dem Beruf ging Zugang zu allem einher, plus Vorausinformationen über Geheimdienstoperationen.
    Seltsam war, daß das einzige vorliegende Foto keine richtige Planskizze darstellte, sondern eine Handzeichnung.
    Handschrift – durfte es aus diesem Grund keine toten Briefkästen geben? So ließe sich der Spion doch identifizieren, oder? Wie ungeschickt.
    Aber so ungeschickt war die Operation nicht, und auch Zufälle fehlten. Die Techniken, die man bei dieser Kette anwandte, waren seltsam, aber professionell. Hier mußte sich etwas auf einer anderen Ebene abspielen, zu der der Vernehmungsbeamte bisher keinen Zugang hatte.
    Â»Ich glaube, morgen werden wir beide mal mit der U-Bahn fahren.«
    Â 
    Oberst Filitow wachte zur Abwechslung einmal ohne Kopfschmerzen auf. Sein »normaler« Tagesbeginn unterschied sich nicht zu sehr von den anderen, aber die Schmerzen und der Gang ins Bad fielen aus. Nach dem Anziehen überzeugte er sich davon,

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