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Der Kartograph

Der Kartograph

Titel: Der Kartograph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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Christoph lassen sich
auch nicht so schnell ins Bockshorn jagen. Außerdem sind da noch
die Bediensteten. Also, macht Euch keine Sorgen. An uns kommt so
schnell niemand heran. Was mich auf einen Gedanken bringt: Wollt Ihr
nicht in unser Haus ziehen? Da seid Ihr vor Übergriffen jedenfalls
sicherer als in der ärmlichen Dachstube, in der Ihr zusammen mit
Ringmann haust. Außerdem ist es gewiss bequemer.»
Martin Waldseemüller wollte widersprechen, doch Grüninger
ließ ihn nicht zu Wort kommen. «Glaubt ja nicht, dass ich
das aus purer Menschenfreundlichkeit tue. Nach allem, was ich bisher
gehört habe, seid Ihr ein begnadeter Holzgraveur. Ich habe vor,
tüchtig davon zu profitieren – bis Euch das Blut aus den
Fingern schießt.»
«Und ich werde ohnehin in einigen Tagen nach Italien
abreisen», erinnerte Ringmann seinen neuen Freund. «Ihr
wisst doch, ich habe einen Botengang für einen Freund Wimpfelings
zu besorgen. Ach, übrigens, ehe ich es vergesse – ich habe
in der Sache der Vespucci-Briefe einige Botschaften an Freunde und
Bekannte geschickt. Der eine sandte mir ein Einführungsschreiben
an Kardinal Giovanni de’ Medici in Florenz, das derzeitige
Oberhaupt dieser mächtigen Florentiner Familie. Da Amerigo
Vespucci als Agent lange Jahre in Diensten des Bankhauses der Medici
und der Familie stand, ist sicher anzunehmen, dass sie
Originalbeschreibungen Vespuccis zu seinen Reisen in die neue Welt
besitzen. Wir haben ja schon darüber gesprochen. Die Aussichten
stehen jedenfalls gut, dass ich vorgelassen werde. Vielleicht kann ich
den Medici-Kardinal überreden, dass wir eine originalgetreue
Abschrift bekommen. Das Versprechen, dass Ihr der Familie dafür
Eure Karte als Erste zukommen lasst, könnte dabei hilfreich sein.
Das Handelshaus der Medici kann von einer genauen hydro-geographischen
Seekarte für spätere Reisen nur profitieren. Ich glaube
wirklich, diese Aussicht könnte die Medici sehr interessieren und
die Familie dazu bringen, Euch die Abschriften zu überlassen. Ihr
müsst ihnen einfach hoch und heilig, bei Eurer Ehre und was auch
sonst immer, zusagen, dass sie die ersten sein werden, die diese Karte
zu Gesicht bekommen. Und danach lange niemand. Ein Geschäft gegen
ein Geschäft, das verstehen sie. Ihr bekommt die Originale der
Briefe, sie dafür das Original einer genauen Karte der Meere, der
Winde, der Strömungen und damit Kenntnisse, die ihre
Handelsschiffe schnell und sicher über die Meere geleiten, ihren
Kapitänen einen Vorteil gegenüber allen anderen, einen
Vorsprung vor den Konkurrenten sichern.»
Das klang überzeugend, Martin Waldseemüller nickte.
«Ihr seid ein listiger Kopf, Philesius. Aber später sollte
meine Karte auch anderen Handelshäusern zu Verfügung stehen.
Ihr kennt meine Einstellung dazu.»
«Gemach, gemach. Brütet das Ei nicht aus, bevor die Henne es
gelegt hat. Ein Versprechen kostet nichts. Die Zeit und die Ereignisse
haben schon manche Zusage wertlos werden lassen. Wartet, bevor Ihr
weiter redet, ich habe noch eine gute Nachricht: Ein anderer Freund,
der sich im Umfeld von Piero Soderini, dem Regenten von Florenz,
bewegt, will sich ebenfalls für Eure Sache einsetzen. Ihr wisst
schon, die Lettera auf der Grundlage der Quatuor navigationes ,
der vier Reisen, die der Gonfaloniere veröffentlicht hat. Ihr
solltet dem Regenten für originalgetreue Abschriften dasselbe
Versprechen geben wie den Medici. Eine solche Karte könnte
schließlich auch für ihn im Kampf um die Macht in Florenz
von ungeheurer Bedeutung sein. Ihr wisst sicherlich, dass Giovanni
de’ Medici mit allen Mitteln zurück an die Herrschaft
strebt. Und dass Piero Soderini ihn mit allen Mitteln daran zu hindern
sucht? Übrigens, die beiden sollen einmal Studienfreunde gewesen
sein. Da sieht man, was aus Studienfreunden werden kann. Vielleicht
gelingt es uns ja, diese beiden gegeneinander auszuspielen.»
Martin Waldseemüller ging nicht auf die letzte Bemerkung von
Ringmann ein. Ihn beschäftigte etwas anderes. «Aber das
wäre ja Betrug.»
«Mein Freund, wollt Ihr wegen einer solchen Kleinigkeit der
Menschheit das Wissen um einen vierten Erdteil vorenthalten?»,
meldete sich Grüninger zu Wort. «Lasst unseren Philesius nur
machen. Er hat sich schon in kniffligeren Situationen befunden.»
Der Drucker hatte dem Gespräch mit größtem Interesse
zugehört. Vor seinem inneren Auge rollten bereits die
Goldstücke in seine Börse.
Philesius hatte noch mehr zu berichten. «Stellt Euch vor,
vielleicht besteht

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