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Der Kartograph

Der Kartograph

Titel: Der Kartograph Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Gabriel
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und zumindest schon einmal die groben Umrisse skizzieren», räumte er ein.
«Es tut gut, Euch wieder einmal hier bei uns zu wissen, werter Viator», wendete sich nun Gauthier Lud an den Freund: «Ich habe die Dispute mit Euch schmerzlich vermisst. Habt Ihr noch andere gute Nachrichten für uns? Und wie lange könnt Ihr bleiben? Ihr seid immer noch Kanonikus von Saint-Dié, und wir brauchen Euch hier.»
«Es ehrt mich, dass ich hier so gerne gesehen bin. Ich bin aber auch Domherr von Toul. Ich muss übermorgen wieder aufbrechen. Bedauerlicherweise habe ich sonst keine guten Neuigkeiten mitgebracht. Unser lieber Pierre Jacobi hat leider noch keine geeignete Druckerpresse für Saint-Dié gefunden, auch bei den beweglichen Lettern war ihm bisher kein Glück beschieden. Doch Ihr habt bei der Seekarte ja die Möglichkeit, mit Druckstöcken aus Holz zu arbeiten. Leider habe ich noch eine schlechte Nachricht. Sie betrifft die Originalausgabe des Ptolemäus, um die Ihr mich gebeten habt. Ich hatte sie einem Freund ausgeliehen. Er hat sie mir bisher noch nicht zurückgegeben. Ich ließ ihm aber mitteilen, dass die Angelegenheit drängt. Ist Philesius denn bereits in Saint-Dié?»
Lud zog ein enttäuschtes Gesicht. «Das wirft unsere Pläne entschieden zurück. Wir hatten gehofft, den neuen Atlas noch dieses Jahr herauszubringen. Ihr wisst ja, wir sind nicht die Einzigen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Es wäre schön, wenn die Druckerei von Saint-Dié die erste sein könnte, die einen überarbeiteten Weltatlas veröffentlicht. Weil Ihr es ansprecht: Nein, Ringmann ist bisher auch noch nicht eingetroffen. Was mich etwas wundert. Er hatte mir verbindlich zugesagt, den Ptolemäus aus dem Griechischen ins Lateinische zu übersetzen, sobald das Manuskript hier eintrifft. Ich hatte fest damit gerechnet, dass es sich in Eurem Gepäck befindet, zumal Ihr mir nichts davon mitgeteilt hattet, dass Ihr diese wertvolle Schrift verliehen habt.» Dann hellte sich seine Miene wieder auf. «Hauptsache ist, Ihr seid wieder einmal bei uns.»
«Und was ist nun mit den Soderini-Briefen?» Martin Waldseemüller konnte sich nicht mehr länger zurückhalten.
«Ich fürchte, bester Ilacomylus, darauf werdet Ihr noch eine Weile warten müssen. Der Herzog von Lothringen lässt derzeit seine Verbindungen spielen. Ich bin absolut gewiss, dass es ihm gelingen wird, sie zu bekommen. Vielleicht ist es ihm sogar möglich, die genauen nautischen Daten Vespuccis zu beschaffen. Vertraut ihm nur. Wenn einer es zustande bringt, dann er.»
«Da bin ich mir ebenfalls sicher», bestätigte Gauthier Lud.
Martin Waldseemüller blieb nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden. Der Höflichkeit halber blieb er noch eine Weile sitzen, während Lud und Pélerin Erinnerungen an alte Zeiten austauschten. Er hatte das Gefühl, tausend Ameisen in den Beinen zu haben. Am liebsten wäre er hochgeschossen, um endlich in Ruhe diese wunderbaren neuen Schätze betrachten zu können. Er schreckte auf, Lud und Pélerin lachten schallend über einen Scherz, den Waldseemüller überhaupt nicht mitbekommen hatte.
«Lieber Viator, da habt Ihr etwas angerichtet. Unser Freund Ilacomylus ist schon nicht mehr von dieser Welt, er schwebt geistig längst über den Wassern des großen Meeres und dem Land im Westen des Atlantiks. Ich denke, wir sollten ihn entschuldigen.»
Martin Waldseemüller erhob sich glücklich. Die beiden Männer waren schnell wieder ins Gespräch versunken; sie bemerkten gar nicht mehr, wie er die Bibliothek verließ.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, wusste er, wie er anfangen würde. Die Feder flog über das Papier, eine flüchtige Skizze entstand. So in etwa könnte der neue Kontinent aussehen. Dann starrte er auf das, was er da gezeichnet hatte: eine einzige Landmasse, die sich über den Äquator hinweg von Nord nach Süd zog. Er schüttelte den Kopf. Es sah unmöglich aus. Hastig fuhr er die Linien erneut nach. Dieses Mal trennte eine Meerenge die beiden Teile des vierten Kontinents.
Er legte das Papier zur Seite und begann von neuem. Er würde über die gesamte Seekarte ein Raster legen, ein Netz gekreuzter Linien, die die Winde andeuteten. Sie halfen den Schiffsführern, den Seeweg vorzubereiten und ihm dann zu folgen. Er hoffte, dass die beweglichen Lettern bald kamen. Dann könnten die Orte auf diese Weise gedruckt werden, während die Karte selbst ein Holzschnitt war.
Sie würde als erstes Werk den gesamten nordöstlichen Teil jener Territorien

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