Der Kartograph
Waldseemüller.
«Oha, hier haben wir ja nicht nur einen begnadeten Kartographen und Künstler, hier haben wir ja auch noch einen wahrhaften Menschenfreund», witzelte Nicolas Lud. Gleich danach wurde er wieder ernst. «Ihr habt Recht, Onkel. Offiziell arbeitet Ilacomylus an seiner Seekarte weiter. Das solltet Ihr im Übrigen auch wirklich tun. Für alle Fälle. Denn falls stimmt, was wir vermuten, dann haben unsere Gegner vielleicht die Skizzen. Aber mit unserem Globus werden wir sie alle schlagen.»
«Die Skizzen haben übrigens jetzt schon eine Besonderheit», meldete sich Martin Waldseemüller zu Wort. «Ich zeigte sie bereits Viator. Der neue Erdteil ist dort in Umrissen eingezeichnet.»
Gauthier Lud hielt inne. «Ihr habt die Skizzen Pélerin gezeigt?»
«Ja. Und er bestätigte meine Ansicht, dass die Möglichkeit eines vierten Erdteils, vielleicht sogar eines, der sich über den Äquator hinwegzieht, zumindest nicht auszuschließen sei.»
«Aha», erwiderte Gauthier Lud nur. Mehr sagte er nicht dazu.
«Aber ich muss Vespucci sprechen. Unbedingt. Ich bin überzeugt, da ist noch mehr an seinen nautischen Daten, ein Navigations-Geheimnis, das er nicht öffentlich gemacht hat. Ich muss einfach mit ihm reden. Könntet Ihr Euch nicht beim Herzog von Lothringen dafür verwenden, dass dieser ein Treffen in die Wege leitet? Ich habe schon Viator darum gebeten, aber vielleicht, wenn zwei …»
«Habt keine Sorge, mein Freund, ich werde tun, was ich kann, das schwöre ich Euch.» Das Gesicht von Gauthier Lud wirkte plötzlich grimmig.
«Außerdem brauche ich für diese Arbeit Ringmann und seine Kenntnisse. Er muss einfach endlich kommen.»
«Schickt ihm eine Botschaft», erwiderte Gauthier Lud, in Gedanken halb abwesend. Die beiden anderen konnten ihm ansehen, dass er über etwas nachgrübelte, das ihn sehr beunruhigte. «Ich denke, Ihr solltet ab sofort in einer abschließbaren Kammer arbeiten, Ilacomylus», erklärte er schließlich.
Noch am selben Tag zog Martin Waldseemüller mit seinen Arbeitsgeräten, den Karten und Büchern in einen Raum um, der schlecht einzusehen war. Vormittags arbeitete er weiter am Holzschnitt der ursprünglich geplanten, kleineren Seekarte – sichtbar für jedermann. Nachmittags und manchmal bis spät in die Nacht im Geheimen an den Skizzen seiner monumentalen Karte der Welt. In seinem ganzen Leben hatte er noch nie so viele Kerzen gebraucht.
Er zeichnete wie ein Besessener. Jeden Tag hoffte er aufs Neue, dass endlich die Abschrift der Quatuor navigationes eintreffen würde. Vergeblich. Auch die Einladung zu einem Treffen mit Amerigo Vespucci blieb aus. Gauthier Lud setzte zur gleichen Zeit alles daran, endlich eine brauchbare Druckerpresse aufzutreiben. Doch alle Agenten, die er lossandte, ob nach Straßburg, nach Freiburg, sogar bis nach Paris, kamen achselzuckend zurück. Der Markt schien wie leergefegt zu sein.
Matthias Ringmann beobachtete Marie Schott, geborene Grüninger, beim Ankleiden. Sogar jetzt noch, mit dem bereits runden Bäuchlein des fortgeschritteneren Stadiums der Schwangerschaft, wirkte sie begehrenswert. Ihre Bürste waren schwerer geworden, größer, offenbarten die Erwartung ihres Körpers, das Sehnen nach den saugenden Lippen eines Neugeborenen. Sie wirkte reifer, damit aber umso verführerischer. Er hasste sich für das, was er tat.
Marie Grüninger verkniff sich ein zufriedenes Lächeln. Sie hatte zunächst befürchtet, die Schwangerschaft könnte sie unattraktiv machen. Doch das Gegenteil war der Fall. Sie wusste sehr wohl, dass Matthias Ringmann immer wieder versuchte, von ihr loszukommen. Doch er hatte sich längst fest im Netz ihrer Verlockung und seiner eigenen Begierden verstrickt. Bald hatte sie ihn da, wo sie ihn haben wollte. Bald würde er sie mit nach Saint-Dié nehmen. Sie verkniff sich gerade noch ein zufriedenes Lächeln, während sie betont langsam ihre Stümpfe über die Füße zog. Dann stellte sie das linke Bein auf einen Schemel und schürzte den Rock, bis ihre nackten Pobacken aus der Masse des Stoffes auftauchen. Möglichst langsam rollte sie den linken Strumpf nach oben und befestigte ihn mit einem Band. Dieselbe Prozedur wiederholte sie mit dem rechten.
Matthias Ringmann erhob sich vom Bett. Er konnte nicht anders. Erneut forderte sein Geschlecht die Vereinigung mit diesem Körper. Er packte sie an den nackten Hinterbacken und drang von hinten in sie ein. Marie Grüninger stöhnte wohlig. Sie liebte es, ihn zu reizen, bis er nicht mehr
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