Der Kartograph
widerstehen konnte. Seine fast unstillbare Gier nach ihrem Körper stachelte auch ihr eigenes Verlangen an.
Trotz ihrer Schwangerschaft nahm er wenig Rücksicht. Hastig und hart stieß er in sie, bis endlich der erlösende Moment kam. Er stöhnte auf. Er sah nicht, dass Marie Schotts Augen keineswegs geschlossen waren, sondern triumphierend glitzerten. Der Smaragdton war noch dunkler als sonst. Langsam richtete sie sich auf, band auch den rechten Strumpf fest, ließ die Röcke fallen, drehte sich um und lächelte. «Ihr seid heute aber wieder stürmisch, mein Freund. Ach, übrigens, wann reist Ihr nach Saint-Dié?»
Sein Blick wurde wachsam. Jetzt, wo er sie genommen hatte, konnte er wieder klarer denken. Zum Beispiel an den Brief, der in seiner Truhe lag. Den Brief von Ilacomylus, der ihn darin dringend aufforderte, endlich nach Saint-Dié zu kommen. Waldseemüller hatte es allerdings nicht gewagt, Philesius von der Änderung ihrer Pläne zu schreiben, sondern beließ den Freund im Glauben, er plane noch immer eine Seekarte, allerdings erweitert um eine Einführung. Er, Ringmann solle der Verfasser sein.
«Ich brauche Dich, mein lieber Philesius, als Mann der Wissenschaften, aber auch als der Vertraute und Freund, der Du mir seit unserer ersten Begegnung immer mehr geworden bist. Ich rechne fast täglich mit dem Eintreffen des Manuskriptes der Quatuor navigationes . Das könnte die Grundlage für die Einführung werden. Und unser gemeinsamer Freund Gauthier Lud tut alles, was in seiner Macht steht, um die neue Druckerei von Saint-Dié voranzubringen und ein Originalmanuskript der ptolemäischen Geographia aufzutreiben. Bei all diesen Vorhaben benötigen wir dringend Deine Hilfe und Dein Wissen. Du wirst im Gymnasium Vosagense sehnlichst erwartet. Das lässt Dir auch Gauthier Lud ausrichten. Der Schnee auf den Pässen ist längst geschmolzen. Du hast also keine Ausflüchte mehr.»
Er konnte nicht, er konnte Martin Waldseemüller einfach nicht unter die Augen treten. Es war so schäbig. Da kopulierte er wie ein Tier mit der Frau, die Ilacomylus liebte. Denn mehr war es zwischen ihnen nicht, nur fleischliche Begierde. Doch Ilacomylus liebte Marie Schott nun einmal. Seine Gefühle für diese Frau hatten ihn vollkommen blind gemacht für das, was sie wirklich war. Schamlos und vollkommen ohne Skrupel, wenn es um die Verwirklichung ihrer Ziele ging.
Er wusste allzu genau, was sie wollte. Sie hatte zwar niemals mehr versucht, ihn zu erpressen, doch sie suchte noch immer einen Mann, der sie von Schott befreite. «Dieser Mann ist von einer tödlichen Langeweile. Außerdem sabbert er im Bett wie ein kleines Kind», hatte sie ihm unumwunden erklärt. Sie machte keinerlei Hehl daraus, dass sie ihren Gatten verachtete. Sie hielt ihn für einen Schwächling, während er sie anbetete. Ringmann hatte ihr nichts zu bieten außer der körperlichen Vereinigung. Er wusste, dass sie ihn benutzte wie einen Schuh, ihn wegwerfen würde, wenn sie hatte, was sie wollte. Sie wollte Martin Waldseemüller, einen Mann mit einer vielversprechenden Zukunft. Er würde reich sein, wenn seine Karte erst einmal veröffentlicht war, davon war sie überzeugt. Und er betete sie an. Sie konnte ihn kontrollieren.
Marie Grüninger betrachtete das mürrische Gesicht ihres Liebhabers von der Seite. Sie war nicht dumm. Sie wusste, dass er wusste, was sie wollte. Doch er ahnte noch nicht einmal ansatzweise, warum sie so darauf erpicht war, nach Saint-Dié zu kommen. Welches Angebot sie Martin Waldseemüller zu überbringen hatte. Wenn Ilacomylus das hörte, dann musste er einfach zustimmen. Sie lächelte. In Gedanken sah sie sich schon in wunderbaren Roben am Hof der Medici tanzen, umschwärmt von mächtigen Männern. Waldseemüller musste einfach mitmachen. Sie würde schon dafür sorgen.
Und wenn sie dann erst einmal dort war, wo sie hinwollte … Nun, gab es nicht genug Männer auf dieser Welt, junge und alte, besonders aber reiche und von Adel, für die es sich lohnte, schön zu sein? Marie von Soundso, das würde ihr gefallen. Ein Haus voller Dienstboten, die auf ihren kleinsten Wink hin alles erledigten, was sie erledigt zu haben wünschte. Was machte es schon, falls der Mann, der dies alles finanzierte, alt war? Oder hässlich? Umso besser. Sie konnte sich immer noch einen Liebhaber nehmen. «Marie, du bist eine Metze», sagte sie sich. Ja, das war sie. Und sie genoss es. Manche Mätresse eines vornehmen Mannes wurde besser gehalten als die eigene
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