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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
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Fens­tern. Es war ein an­tikes Ding, aber sehr so­li­de. So ähn­lich wie der, den John­nie hier hat. Die Vor­der­sei­te läßt sich her­un­ter­klap­pen und wird dann zu ei­ner Schreib­flä­che. Dort mach­te er sei­ne Haus­auf­ga­ben. Die Plat­te war groß ge­nug für sein Zei­chen­brett und stark ge­nug für sei­ne klei­ne elek­tri­sche Schreib­ma­schi­ne. Über­all wa­ren Schub­fä­cher, und je­des war bis zum Rand mit ir­gend­wel­chen Sa­chen ge­füllt. Das Bett war ei­ne schlich­te Ei­sen­kon­struk­ti­on; es stand un­ter den Fens­tern. Er hat­te ei­ne Nacht­tisch­lam­pe – die ein­zi­ge im gan­zen Haus. Und einen Stum­men Die­ner für Hem­den, So­cken und Un­ter­wä­sche. Am obe­ren En­de war ei­ne Ke­ra­mik­scha­le be­fes­tigt, in der sei­ne bei­den Haar­bürs­ten la­gen. Die brauch­te er für sei­ne Don­na­tor-Fri­sur, die in den neun­zi­ger Jah­ren weit ver­brei­tet war.“
    „Und dann ist er ge­stor­ben?“
    „Ja, und ich zog in sein Zim­mer.“
    „Woll­ten Sie um­zie­hen?“
    „Ei­gent­lich nicht. Aber da war es nun – leer. Mam­mi mein­te, ich soll­te hin­ein­zie­hen. Es gab nicht viel um­zuräu­men. Ein paar Hem­den, ein paar So­cken und ein we­nig Un­ter­wä­sche. Ich ha­be al­le sei­ne Sa­chen ge­erbt. Auch die, die ich nicht tra­gen konn­te, weil sie mir zwei Num­mern zu klein wa­ren. Ich ha­be sie ein­fach auf­be­wahrt.“
    „Was glau­ben Sie, wie er es emp­fun­den hät­te, daß Sie sein Zim­mer be­zo­gen – daß Sie es über­nah­men?“
    „Er hät­te es als lo­gisch emp­fun­den.“
    „Und wie fühl­ten Sie sich?“
    „Un­be­hag­lich – zu An­fang.“
    „Klas­sisch“, mein­te Ma­ry, die Psy­cho­lo­gin, ver­son­nen. „Ein Fall aus dem Lehr­buch.“ Nach­denk­lich ließ sie ih­ren Scotch im Gla­se krei­sen, und dann ver­kün­de­te sie ihr Ur­teil. „Was Sie ha­ben, ist ein Großer-Bru­der-Kom­plex.“
    „Was Sie nicht sa­gen.“
    „Er ist Teil ei­nes Fa­mi­li­en­kom­ple­xes. Vie­le Leu­te in As­h­kett­les ha­ben so et­was. Sehr nütz­lich, wenn man es nicht über­treibt. Al­les wird zu ei­ner Wie­der­ho­lung der Kind­heit. Wir spie­len es als Va­ria­tio­nen auf ein und das­sel­be The­ma. Mut­ter und Va­ter. Brü­der und Schwes­tern. Wir ver­tei­len Rol­len, und es wird zu ei­nem Spiel. Das La­bor wird zur großen Mut­ter­fi­gur. Oder das Schiff. Oder das Bü­ro. Der Va­ter ist der La­bordi­rek­tor.“
    Sie weiß, dach­te Paul, daß ich Se­ra­ne mit Bil­ly gleich­set­ze.
    Ma­ry schwieg ei­ne Wei­le. Sie hat­te sich ei­ner ra­schen, traumar­ti­gen Phan­ta­sie hin­ge­ge­ben, mit ei­nem An­fang, ei­ner Mit­te und ei­nem Schluß. Sie hei­ra­te­te Paul, doch oh­ne die Bil­li­gung sei­nes Bru­ders. Bil­ly er­schi­en auf der Sze­ne, mit Blit­zen in bei­den Hän­den, und ver­trieb sie aus dem Ehe­bett. Es war zu scha­de. Aber sie konn­te sich un­mög­lich mit die­sem ernst­haf­ten jun­gen Mann ein­las­sen, auch wenn er den rich­ti­gen, waid­wun­den Aus­druck an sich hat­te. Nicht so­lan­ge sein to­ter Bru­der sein Un­ter­be­wußt­sein über­wach­te.
    Sie seufz­te. Na ja, zu­min­dest hat­te sie Dr. Se­ra­ne und Dr. Se­ra­nes Grup­pe. Aber sie wuß­te, daß es da­mit plötz­lich vor­bei sein konn­te – so wie es mit ei­ner Pfle­ge­fa­mi­lie nach der an­de­ren vor­bei ge­we­sen war, als sie noch ein klei­nes Mäd­chen war.
    Paul hat­te et­was zu ihr ge­sagt. Jetzt lä­chel­te er und wie­der­hol­te sei­ne Fra­ge. „Sie hät­ten bei der Psy­cho­lo­gie blei­ben sol­len. Warum ha­ben Sie es sich an­ders über­legt?“
    Sie ant­wor­te­te un­um­wun­den. „Nach­dem ich ihn ken­nen­ge­lernt hat­te, er­schi­en es mir nicht mehr wich­tig. Er und die Leu­te in sei­ner Grup­pe – sie wa­ren ein­fach ge­nau das rich­ti­ge für mich. Mehr konn­te ich nicht ver­lan­gen.“
    Was sind denn die Din­ge, dach­te Paul, die man vom Le­ben ver­lan­gen soll­te? Die Bit­te der Pries­te­rin in Song kam ihm in den Sinn. Soll­te er da­von spre­chen? Oder wä­re es zu­viel ver­langt, wenn er er­war­te­te, daß sie Don­na­tor kann­te?
    Aber sie war schnel­ler als er.
    Sie las sei­ne Ge­dan­ken. „Ich ha­be ge­se­hen, wie Sie die Lu­mi­nex-Bil­der im

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