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Der Katalysator

Der Katalysator

Titel: Der Katalysator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L. Harness
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soll­te.
    Vi­tu­ra­te fuhr mit sei­ner Ti­ra­de fort. „Das Küß­chen hat ei­ne lan­ge Ge­schich­te hin­ter sich. Als er noch jün­ger war, hat­te er pau­sen­los Pro­ble­me mit der Post­stel­le des La­bors. Sein Rohr­post­fach war um­ge­ben von den Post­fä­chern der Pa­ten­t­ab­tei­lung. Zu An­fang be­kam er im­mer die wö­chent­li­chen Be­rich­te vom West-Ver­lag. Al­pha­be­tisch war die ers­te Ru­brik auf den Aus­dru­cken An­wäl­te, aber häu­fig gab es un­ter An­wäl­te kei­nen Ein­trag. Die nächs­te Ru­brik war Schlüs­sel ein­und­zwan­zig: Ba­star­de . Kuss­man schi­en je­den West-Aus­druck zu be­kom­men, der mit Ba­star­de an­fing. Er wuß­te, daß sie es auf ihn ab­ge­se­hen hat­ten. Er hat so­gar einen Brief an West ge­schrie­ben und mit ei­ner Be­lei­di­gungs­kla­ge ge­droht, wenn sie nicht auf­hör­ten, ihm die Din­ger zu­zu­schi­cken. Ich ha­be ei­ne Ko­pie von die­sem Brief und von ih­rer Ant­wort.“
    Paul war fas­zi­niert. „Was ha­ben sie denn geant­wor­tet?“
    „Sie schlu­gen ihm vor, ent­we­der sei­nen Na­men zu än­dern oder ein an­de­res Post­fach zu be­an­tra­gen. Das sah er ein und ließ sich von der Post­stel­le ein neu­es Fach ge­ben, ne­ben dem der San­dus­ky-Ab­tei­lung.“
    „Und?“
    „San­dus­ky, Ab­tei­lung Utah. Aber kei­ne be­nutz­te je den vol­len Na­men, son­dern im­mer nur die An­fangs­buch­sta­ben.“
    „Oh. Al­so ließ er sich wie­der ein neu­es Post­fach ge­ben?“
    „Ja, zum drit­ten und letz­ten Mal. Ne­ben mir – A.F.F.E. – Ab­tei­lung Fa­ser­stof­fe, For­schung und Ent­wick­lung. Da­für macht er mich im­mer noch per­sön­lich ver­ant­wort­lich.“ Er trank sei­nen Kaf­fee aus. „Und jetzt, Freun­de, muß ich los. Wir ha­ben für heu­te abend ein kri­ti­sches Py­ro­p­o­ly­mer­fa­ser-Pro­gramm in der Pi­lot­an­la­ge an­ge­setzt.“ Er ver­schwand in der Kü­che.
    Marg­gold warf Paul einen ver­schmitz­ten Blick zu. „Sie woll­ten fra­gen, wie­viel Wah­res an die­ser Ge­schich­te ist?“
    „Nun – ja …“
    „Fra­gen Sie nicht. Ge­hen wir lie­ber zu­rück zu den an­de­ren Neu­ro­ti­kern.“
    Kurz vor elf ging Paul mit Ma­ry Der­rin­ger nach hin­ten in Se­ra­nes Schlaf­zim­mer, um ein Buch über Lin­coln zu su­chen. Was er sah, über­rasch­te ihn nicht.
    Als er sich be­hut­sam ne­ben den Kli­ma­steue­rungs­knöp­fen auf die Kan­te des schat­ti­gen Kraft­feld­bet­tes setz­te, er­klang von ir­gend­wo­her das „Wie­gen­lied“ von Brahms. Über ihm in der Lu­mi­nex-De­cke be­gan­nen hyp­no­ti­sche Farb­mus­ter zu leuch­ten. Er un­ter­drück­te ein Gäh­nen.
    Ma­ry wan­der­te im Zim­mer um­her. An der ge­gen­über­lie­gen­den Wand blieb sie ste­hen und be­trach­te­te das Ho­lo-Por­trät ei­nes we­ni­ge Mo­na­te al­ten Ba­bys. Es lä­chel­te sie an und gur­gel­te, wäh­rend sie ih­ren Kopf hin und her be­weg­te, um den 3 D-Ef­fekt aus­zu­kos­ten. Paul sah, wie sie ei­ne Hand auf ih­ren Bauch leg­te. Sie will ein Kind, dach­te er. Und dann be­gann ein neu­er Ge­dan­ke an ihm zu na­gen. Oder – ist sie ein Klon? Be­tas­tet ih­ren Ge­burts­fleck? Und wenn es so ist, macht es dir et­was aus?
    Ma­rys Bli­cke wan­der­ten zu ei­nem Grup­pen­ho­lo: Se­ra­ne, sei­ne Frau Ales­sa, zwei Kin­der und zwei äl­te­re Leu­te, viel­leicht die Groß­el­tern. Sanft be­rühr­te das Mäd­chen den Rah­men. Paul erahn­te die An­deu­tung ei­ner ab­grund­tie­fen Lee­re in ih­rem Le­ben, viel­leicht die Fol­ge ei­ner nie­mals über­wun­de­nen Kind­heits­ka­ta­stro­phe. Sie will au­ßer­dem (dach­te er) ei­ne Fa­mi­lie um sich ha­ben, sie will Stam­mes­zu­ge­hö­rig­keit emp­fin­den. Des­we­gen hat sie sich für Se­ra­ne ent­schie­den. Se­ra­ne und sei­ne Grup­pe ha­ben sie schüt­zend um­hüllt. Und jetzt steht das al­les auf dem Spiel. Er spür­te ih­re Ver­wund­bar­keit. Ein Klon wür­de viel­leicht so rea­gie­ren …
    Sie setz­te sich zu ihm auf die Bett­kan­te, und sie ver­ga­ßen das Buch.
    Paul merk­te plötz­lich, daß er über Bil­ly re­de­te. Er woll­te, daß sie ver­stand, was er für sei­nen Bru­der emp­fand. „Bil­lys großer Wal­nuß-Schreib­tisch stand in ei­ner Ecke bei den

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