Der Katalysator
drücken, und sogleich würde der Wochentag aufleuchten, dann der Monat und schließlich irgendwelche Terminierungen.) Er beschäftigte sich weiter mit diesem Rätsel. Wahrscheinlich war es Samstagnachmittag. (Wenn er nur Fenster hätte. Das Apartment hätte auch auf der tiefsten Sohle einer Kohlenzeche liegen können, denn es vermittelte kaum mehr Gefühl für die Außenwelt.) Er hatte dreizehn Stunden geschlafen. Nicht daß er es bedauerte. Aber jetzt war er wach und mußte sich an die Arbeit machen. Er hatte einen Patentantrag zu entwerfen, und dann mußte er ihn irgendwann am Montag Serane zur Durchsicht und zur Unterschrift vorlegen.
Er drückte (um sich seine deduktive Cleverness zu beweisen) auf den Datumsknopf seiner Uhr. Gehorsam leuchtete die Sequenz auf:
Vormittag
Sonntag
-ter Mai
2006
Er war völlig verdattert. Wo war der Samstag geblieben? Was hatten sie mit dem Samstag angestellt?
Seine Uhr war kaputt.
Taumelnd kam er auf die Beine und ging unsicher zur Wandsprechanlage. „Zeit?“ flüsterte er mit rauher Stimme.
„Die Zeit erfahren Sie mit einer freundlichen Empfehlung von Achselschutz-Elegance – für den Mann, der lieber nicht täglich badet. Elegance gibt Ihnen das gewisse Etwas. Die Zeit ist ein Uhr acht, Sonntag morgen, -ter Mai 2006.“
„Du lieber Gott!“
Er hatte geschlafen, weil er sich nicht hatte erinnern wollen. Aber jetzt mußte er sich beeilen, und er mußte sich erinnern.
Er drehte das Licht an, ging in die Küche und zog eine Kanne mit dampfendem Kaffee aus dem Spender. Dann kehrte er zurück ins Wohnzimmer, setzte sich an seinen Schreibtisch, und während er seinen Kaffee schlürfte, schaltete er das Dikta ein und begann, langsam und stockend zu diktieren.
„Erfindung in der Zusammenfassung: Umwandlung von pyrolysierten Harnstoffdämpfen in Trialin bei atmosphärischem Druck und bei dreihundertfünfundzwanzig Grad Celsius über einem spezifischen, porösen Kieselsäure-Katalysator, angereichert mit …“
Er hörte, wie das Gerät seine Worte beinahe lautlos in Maschinenschrift ausdruckte. Dann machte er eine kurze Pause, um das Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit zu begutachten.
„ Er fing dumm immerzu Lampenfassung: Ummantelung von paralysierten Bahnhofkämpfen in die Pralinen bei Atom meerfrischem …“
„Scheiße“, sagte er leise.
„… angereichert mit Scheiße“, schloß das Dikta mit professionellem Stolz.
Es schaltete es ab. Nichts ging jemals kaputt, außer wenn man es ganz dringend brauchte. Die Analysatorspulen? Ganz gleich, was es war – das Ding mußte in die Werkstatt. Frühestens am Montag. Gut. Dann würde er den Antrag eben mit der Hand schreiben.
Er begann seine Schreibtischschubladen zu durchwühlen. Er brauchte Papier. Notizpapier. Weißes Papier. Liniertes Papier. Briefpapier. Gelbe Gerichtsblocks. Aber es war nichts da. Dikta-Ausdruckpapier? Das war beschichtet und nahm weder Bleistift noch Tinte an. Woher sollte er an einem Sonntag morgen um halb zwei echtes Papier bekommen?
Wieder trat er an die Sprechanlage. Er schob seine Kreditkarte in den Schlitz, und einen Moment später leuchtete das Display auf: KREDIT BESTÄTIGT. Dann, zu den Klängen der Arie der Priesterin aus Song: WAS BRAUCHEN SIE?
Mary Derringer. Erst eine Sekunde später wurde ihm bewußt, was er dachte.
Aber pflichtbewußt gab er seinen Auftrag über die Tastatur ein:
SCHREIBPAPIER.
BITTE MACHEN SIE GENAUERE ANGABEN, leuchtete es auf dem Display. Er tippte die verschiedenen Möglichkeiten ein: NOTIZPAPIER/ BLOCK/ LINIERT/ UNLINIERT …
Im nächsten Augenblick würde im Empfangsschacht ein Plop ertönen, er würde die kleine Metalltür
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