Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Nasenspitze.
»Aber ich. Bitte hör mir erst einmal zu, Belinda. Du hast wirklich allen Grund, wütend auf mich zu sein. Natürlich hätte ich dir sagen müssen, dass ich verlobt bin. Schon in Griechenland oder spätestens bei unserer ersten Verabredung in Düsseldorf. Aber mal ehrlich: Hätte ich dann noch eine Chance bei dir gehabt?«
»Natürlich nicht!« In der Öffentlichkeit pupsen, sich bei Tisch die Nägel schneiden, einer anderen Frau den Mann ausspannen – so was machte man ganz einfach nicht!
»Na siehst du. Was hätte ich denn tun sollen?« Ludgers Augen dackelten um die Wette. Schnell peilte ich wieder seine Nasenspitze an. »Ich hab mich gleich bei unserer ersten Begegnung in dich verliebt. Im Flugzeug, als dir der ganze Krempel durch die Gegend gepurzelt ist. Weißt du eigentlich, wie niedlich du aussiehst, wenn du rot wirst?«
»Heb dir die Süßholzraspelei für deine Verlobte auf!«
»Exverlobte. Glaub mir: Die Sache mit Jil und mir war im Grunde schon vorbei, als wir beide uns kennen gelernt haben«, beschwor mich Ludger. »Darum bin ich ja auch mit Jochen in Urlaub gefahren. Seit ich aus Griechenland zurück bin, wollte ich mit Jil Schluss machen.«
»Aber vor lauter Stress bist du einfach nicht dazu gekommen, stimmt’s?«, unterbrach ich ihn ironisch. Ja, ja, das ist das harte Los dynamischer Jungunternehmer: Wenn sie Glück haben, schaffen sie es zwischen zwei Geschäftsterminen und einer Bypassoperation gerade mal, auf die Schnelle ein Brötchen runterzuschlingen. Wer wollte es Ludger da verübeln, dass er bei all dem Stress weder Zeit noch Muße fand, seine Verlobte in die Wüste zu schicken?!
»Ich wollte mit der Trennung bis nach dem Firmenjubiläum warten. Meinen Eltern zuliebe. Das war ich ihnen einfach schuldig.«
»Deinen Eltern zuliebe?« Eins musste man ihm lassen: Für ’ne schlechte Ausrede war das ziemlich originell.
»Jils Vater ist einer der größten Mandanten, wenn nicht sogar der größte Mandant unserer Kanzlei.« Ludger fuhr sich aufgewühlt durch die Haare. »Er ist natürlich alles andere als begeistert darüber, dass ich die Verlobung mit seiner Tochter gelöst habe. Vorsichtig ausgedrückt sind die Geschäftsbeziehungen derzeit ein wenig angespannt. Meine Eltern wären ausgerastet, wenn ich kurz vor dem Fest die Bombe hätte hochgehen lassen. Besonders glücklich sind sie natürlich auch so nicht … Aber früher oder später werden sie schon begreifen, dass ich nicht immer nach ihrer Pfeife tanzen kann.« Ludger seufzte. »Ich dachte, du könntest mich verstehen. Du würdest für deine Familie doch auch alles tun, oder etwa nicht?«
Er tat ja geradeso, als müsste ich ihn für sein aufopferungsvolles Verhalten auch noch bewundern! Bei allem Familiensinn: Wenn er eine Niere oder Knochenmark gespendet hätte – aber eine Samenspende war doch eher etwas ungewöhnlich …
»Ich weiß, dass ich mich dir gegenüber nicht korrekt verhalten habe.« Ludger hielt mir mit einem bittenden Lächeln die Rosen entgegen. »Aber kannst du mir vielleicht trotzdem verzeihen?«
»Ich weiß es nicht.« Eigentlich wusste ich überhaupt nichts mehr. Zögernd nahm ich Ludger den Blumenstrauß ab, dabei stach ich mich prompt an einem Dorn. Autsch! Aus einem kleinen Kratzer an meinem Zeigefinger quoll ein Tropfen Blut hervor. Wenn ich Ludger noch eine Chance gab, lief ich dann nicht Gefahr, dass er mich noch mehr verletzte? Andererseits: Was hatte ich schon großartig zu verlieren? Beschissener als im Moment konnte es mir eigentlich gar nicht gehen. Und Traummänner waren rar, die fand man nicht an jeder Straßenecke. Die Nachfrage war wesentlich größer als das Angebot. Eigentlich hätte ich mich glücklich schätzen sollen, dass es mir gelungen war, ein Prachtexemplar wie Ludger zu ergattern. Und eine hundertprozentige Garantie gab es in Herzensangelegenheiten sowieso nicht. Allenfalls ein Rückgaberecht …
Man muss nur wollen, hatte meine Mutter mir früher immer eingeimpft. Und ich wollte Ludger verzeihen. »Ohne Ehrlichkeit und Vertrauen funktioniert es einfach nicht«, überlegte ich laut. Ha, ha, guter Scherz. Ich selbst hatte mich in letzter Zeit ja auch nicht gerade als Expertin auf diesem Gebiet hervorgetan.
»Im Prinzip stimme ich dir natürlich voll zu. Aber ich finde, es gibt Situationen, in denen es für alle Beteiligten besser ist, die Wahrheit erst einmal für sich zu behalten. Oder eine kleine Notlüge zu benutzen.«
»Denkst du da an etwas Bestimmtes?«,
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