Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
angespannte Stimmung ist ja nicht zum Aushalten. Als ich Flippi gestern vom Sender abgeholt habe, wollte er nicht mal mehr auf ’nen Sprung mit reinkommen.«
Puh, Entwarnung. Lili hatte keinen blassen Dunst.
»Bevor Philipp nebenan eingezogen ist, war sowieso alles besser«, maulte ich. »Als Frau Groß noch hier gewohnt hat, da …« Mitten im Satz brach ich ab.
»Was ist denn …?«
Mit einem nachdrücklichen »Psst!« brachte ich meine Schwester zum Schweigen. »Hörst du das?«
»Was?« Lili legte die Hand hinters Ohr. »Was soll ich hören?«
»Na, das Saxophongedudel.« Anklagend wollte ich auf die Küchenuhr weisen, aber leider hatte das gute Stück im Rahmen von Lilis Umräumaktion wohl auch ein neues Plätzchen zugewiesen bekommen. Da ich sie auf die Schnelle nirgendwo entdecken konnte, tippte ich stattdessen mit dem Zeigefinger auf das Glas meiner Armbanduhr. Tock, tock. »Nach acht. Es ist bereits nach acht, und der liebe Philipp dudelt immer noch seine Tonleiter rauf und runter. Lärmbelästigung ist das. Ist es denn zu viel verlangt, dass man abends nach der Arbeit seine Ruhe haben möchte? Rücksichtnahme, ein wenig Rücksichtnahme – das wäre ja wohl das Mindeste.«
Mittlerweile hatte ich mich richtig in Rage geredet. Meine Wangen glühten, und an meinen Schläfen pochte es verdächtig. Am liebsten hätte ich Philipp wegen Ruhestörung die Polizei auf den Hals gehetzt. Und das war, wie ich fand, noch die geringste Strafe, die dieser treulose Schuft verdient hatte! Ich wollte Philipp keinesfalls allein die Schuld für das, was zwischen uns passiert war, in die Schuhe schieben. Während der langen Stunden, in denen ich mich schlaflos im Bett herumgeworfen hatte, war mir jedoch ein Gedanke gekommen, den ich einfach nicht mehr loswurde: Was, wenn ich nicht die Erste war, bei der Philipp es versucht hatte? Wenn nicht mit mir, dann war er vielleicht längst mit einer anderen ins Bett gegangen. Philipp war beim Treuetest mit Pauken und Trompeten durchgerasselt. So sah’s aus. Und das Schlimmste daran: Ich konnte Lili noch nicht einmal warnen, ohne mich damit selbst in die Pfanne zu hauen!
»Sonst hat dich die Musik doch auch nicht gestört.«
»Ach, papperlapapp, natürlich hat mich der Krach genervt«, log ich. »Ich war einfach nur tolerant und wollte den Hausfrieden nicht aufs Spiel setzen. Ich finde das Gedudel schrecklich. Dilettantisch und schräg.«
Lili zuckte ungerührt die Schultern. »Dann geh halt rüber und bitte ihn aufzuhören.«
»Bitten?! Wenn überhaupt, dann befehle ich es ihm. Schließlich gibt es Regeln, an die sich auch ein Herr Gernegroß zu halten hat. Ob ihm das nun passt oder nicht. Aber warum sollte ich mich mit so einem rücksichtslosen Nachbarn herumstreiten? Frau Kötter wird ihm bei nächster Gelegenheit bestimmt kräftig die Meinung geigen. Und ich hoffe, sie ist dabei nicht zimperlich.«
Kapitel 19
N ach wochenlangem Hoffen und Harren, Auf und Ab und Hin und Her war der Premierenabend endlich gekommen. Uff, das wurde aber auch langsam Zeit! Ich war die nervenaufreibende Warterei leid. Nicht einmal das Christkind hatte mich in meiner Kindheit so auf die Folter gespannt. Ludger hatte mich zum Essen zu sich nach Hause eingeladen. Und uns war wohl beiden klar, was es zum Dessert geben würde …
Lieber Himmel, war ich aufgeregt! Ich fühlte mich wie ein Teenager beim ersten Date. Feuchte Hände, weiche Knie, Magengrummeln und der obligatorische Pickel am Kinn – das volle Programm. Die ungewohnte Umgebung heizte meine Nervosität noch zusätzlich an. Ludger wohnte mit zwei weiteren Parteien in einem stillgelegten Fabrikgebäude, das aufwendig saniert worden war.
Nachdem er mich mit einem zärtlichen Begrüßungskuss willkommen geheißen hatte, führte er mich in seinem Reich herum. Wir begannen mit der Wohnungsbesichtigung im oberen Stockwerk. Neben einem großen Gästezimmer, das über eine separate Dusche und ein WC verfügte, befanden sich dort das Arbeitszimmer, ein kühl und funktional eingerichteter Raum mit viel Chrom und Glas, sowie das Badezimmer. Vor allem die riesige Eckbadewanne, die in ein erhöhtes Podest eingelassen war, das über drei Stufen zu erreichen war, zog mich geradezu magisch an. Obwohl die Bezeichnung Badewanne eigentlich unpassend war. Pool traf es eher. Üppige Farngewächse und mehr als ein Dutzend Kerzen, die großzügig im Badezimmer verteilt waren, verwandelten den Raum in eine lauschige Wellness-Oase. Doch wie ich kurz darauf
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