Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
mein schmerzendes Steißbein rieb, schickte ich einen verzweifelten Hilferuf gen Himmel: »Warum nur?!?«
»Du willst wissen, warum ich den Sessel umgestellt habe? Moment, das haben wir gleich.« Eifrig blätterte meine Schwester in ihrem dicken Wälzer. »Ich bin mir sicher, das hatte auch irgendwas mit den Energieströmen zu tun.«
»Dann wird es dich sicher freuen zu hören, dass im Moment jede Menge Energie durch meinen Körper fließt«, presste ich mühsam beherrscht hervor.
»Wirklich?« Lili pustete sich eine störrische Haarsträhne aus der Stirn. »Das ist ja fantastisch! Ich hätte echt nicht gedacht, dass das so schnell wirkt.«
»Und ob! Ich hab es gleich beim Betreten des Raumes gespürt. In meinem Bauch ist es plötzlich ganz heiß geworden. Verdammt, Lili, ich bin wütend. Was hast du dir bloß dabei gedacht, unsere Küche so zu verschandeln?!«
Lili zog den Kopf ein. »Ich konnte doch nicht ahnen, dass du es so schrecklich finden würdest. Philipp gefällt die neue Raumaufteilung«, murmelte sie zerknirscht. »Er meint, das Zimmer wirke jetzt viel luftiger.«
»Schon gut, schon gut.« Versöhnlich strich ich ihr die Haarsträhne, die schon wieder vor ihren Augen hing, aus der Stirn. »Vielleicht hast du ja wirklich Recht.«
Die Erwähnung von Philipps Namen hatte gereicht, um mich Lili gegenüber milde zu stimmen. Wenn meine Schwester dieser ganze Feng-Shui-Kram glücklich machte, dann würde ich ihr die Freude eben lassen und in Zukunft immer erst den schweren Sessel zur Seite schieben, wenn ich ein Glas brauchte. Zur Not konnte man ja mehrere Tage hintereinander dasselbe Glas benutzen. Was mit Socken funktionierte, musste mit Gläsern auch gehen. Ich fühlte mich Lili gegenüber immer noch schuldig. Zwar schien zwischen Philipp und ihr alles im Lot zu sein – sie war in letzter Zeit einige Male nachts nicht nach Hause gekommen –, trotzdem hatte ich ständig das Gefühl, etwas wiedergutmachen zu müssen.
»Du wirst dich bestimmt schnell an die neue Anordnung der Möbel gewöhnen.« Lili legte das Buch beiseite. »Philipp meint auch …«
»Apropos Philipp«, unterbrach ich sie unwirsch und froh darüber, endlich ein Ventil für meine Wut gefunden zu haben. »Richte dem feinen Herrn bitte aus, dass er letzte Woche schon wieder vergessen hat, das Treppenhaus zu putzen.«
»Spinnst du? Wenn du ihm was zu sagen hast, dann mach das gefälligst selbst. Ich lege mich doch nicht mit Flippi an, nur weil du plötzlich meinst, die Frau Saubermann rauskehren zu müssen.« Sie warf einen kurzen Blick auf den Putzplan, der an der Kühlschranktür hing. »Außerdem war nicht Philipp letzte Woche mit der Treppenhausreinigung dran, sondern wir.«
»Na schön, dann haben eben wir es vergessen. Aber das ist ja auch schließlich etwas ganz anderes.«
»Interessant. Warum ist das was anderes?«
»In den fünf Jahren, die ich jetzt in diesem Haus wohne, habe ich noch nicht ein einziges Mal meinen Putzdienst versäumt. Und Philipp wohnt gerade mal ein paar Wochen hier, und schon vernachlässigt er seine Pflichten. Wenn das alle Mieter so machen würden …«
»Aber Flippi hat doch gar nicht vergessen, das Treppenhaus zu putzen.«
»Noch nicht. Aber er wird es vergessen«, orakelte ich düster. »Denk an meine Worte.«
»Ich weiß ja nicht so genau, was zwischen Philipp und dir vorgefallen ist«, meine Schwester warf mir einen durchdringenden Blick zu, »aber irgendwas scheint da mächtig schiefgelaufen zu sein.«
O nein, schoss es mir durch den Kopf, sie weiß es! Heiliger Strohsack!!! Vielleicht hatte Philipp ihr in einem Anflug von Reue unseren kleinen Ausrutscher gebeichtet. Oder er hatte sich aus Versehen verplappert. Möglicherweise redete er auch im Schlaf. Egal, auf welche Art sie davon erfahren hatte – jetzt wartete meine Schwester bestimmt schon seit Tagen auf ein Geständnis von mir. Doch statt mich mit ihr auszusprechen, log ich ihr weiter frech ins Gesicht. Ich musste endlich mit der Wahrheit rausrücken, sonst würde ich meine Schwester ein für alle Male verlieren.
»Also, Lili, weißt du, das war so«, begann ich zaghaft. »Sicher erinnerst du dich noch an den Abend, an dem …«
»Hör auf!« Lili hielt sich die Ohren zu. »Klärt das unter euch. Ich will nichts damit zu tun haben. Schließlich seid ihr erwachsen.«
Nun, in gewisser Weise bestand genau darin das Problem.
»Wenn ihr miteinander gestritten habt, dann gebt euch die Hand und vertragt euch gefälligst wieder. Diese
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