Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Glück gab sich Ludgers Vater, ein leicht untersetzter Mittfünfziger, weniger reserviert. Allerdings war von ihm keine allzu große Unterstützung oder Fürsprache zu erwarten. In der Kanzlei mochte er der Boss sein, aber zu Hause hatte er nicht viel zu melden. Da führte seine Frau das Regiment. Vermutlich war sie auch für die scheußliche Einrichtung verantwortlich. Im Gegensatz zu Ludgers hypermodernen Möbeln stand überall nur alter Plunder herum. Kostbarer alter Plunder. Zwar kannte ich mich mit Antiquitäten nicht aus, aber ich war mir sicher, dass allein der Ölschinken über der Sitzecke den Wert meiner gesamten Wohnungseinrichtung übertraf.
Nachdem wir an der Kaffeetafel Platz genommen hatten und mit Getränken versorgt waren, schnitt Frau vom Hagen erst die Sahnetorte und dann ein brisantes Thema an. »Ich soll dir ganz, ganz liebe Grüße von Jil bestellen«, teilte sie ihrem Sohn übertrieben überschwänglich mit. »Wir waren gestern zusammen Golf spielen.«
Grrr, hatte ich’s doch gewusst, dass ich mich vor Jil in Acht nehmen musste. Dieses hinterhältige Luder! Jetzt versuchte sie sogar über die Mutter, an Ludger ranzukommen. Eine feine Allianz, die sich da gegen mich gebildet hatte.
»Es ist wirklich bemerkenswert, was für Fortschritte Jil in den vergangenen Monaten gemacht hat«, fuhr Frau vom Hagen fort, während sie reihum jedem ein Stückchen Sahnetorte auf den Teller schaufelte. »Ich hatte nicht den Hauch einer Chance gegen sie. Aber wem erzähle ich das?! – Du weißt schließlich selbst, wie gut sie ist.« Ohne Zweifel war damit nicht nur Jils Talent beim Golfspielen gemeint. So viel war sicher: Ludgers Ex hatte bei seiner Mutter einen dicken Stein im Brett. »Hat Ludger Ihnen eigentlich schon von dem wohltätigen Projekt erzählt, bei dem seine Verlobte mitwirkt?«
»Exverlobte«, berichtigte Ludger sie mit einem besorgten Seitenblick auf mich. »Außerdem glaube ich kaum, dass Belinda das interessiert.«
»Entschuldigen Sie bitte, wie unhöflich von mir.« Ludgers Mutter bedachte mich mit einem Lächeln, das so falsch war wie der Monet, der bis vor kurzem bei mir zu Hause in der Diele gehangen hatte. »Ich konnte schließlich nicht ahnen, dass Sie karitative Arbeit langweilt.«
Im Vergleich zu dieser Frau war eine Klapperschlange ein possierliches Kuscheltierchen!
»O nein, da irren Sie sich. Ich finde es bewundernswert, wenn sich jemand für einen guten Zweck engagiert.«
Offenbar verstand sie das als Aufforderung, eine weitere Lobeshymne auf die ach so großherzige Jil und ihre soziale Ader anzustimmen, dabei tippte Ludgers Ex lediglich die Adressliste für eine Spendengala. Aber Frau vom Hagen tat, als wäre sie die zweite Mutter Teresa. Erst als sich Jils Heiligenschein beim besten Willen nicht weiter aufpolieren ließ, wechselte sie das Thema: »Aber lassen Sie uns doch zur Abwechslung mal von Ihnen reden.«
Von mir? Muss das sein?, dachte ich. Plötzlich war ich ganz heiß darauf, noch ein paar Lobhudeleien über Jil zu hören. Aber den Gefallen tat mir Ludgers Mutter bedauerlicherweise nicht. »Es kann sich ja schließlich nicht jeder in seiner Freizeit karitativ betätigen. Dafür sind Sie sicher sportlich aktiv. Was haben Sie beispielsweise für ein Handicap?«
»Handicap?« Ich tat, als würde ich angestrengt nachdenken. »Ich glaube, meine großen Füße sind ein echtes Handicap. Versuchen Sie mal, in Größe 43 ein Paar schicke Damenpumps zu kriegen«, versuchte ich die Atmosphäre mit einem kleinen Scherz aufzulockern.
Ludgers Vater schmunzelte, seine bessere Hälfte verzog jedoch keine Miene. »Ich dachte dabei eigentlich mehr ans Golfspielen.«
»Tut mir leid. Ich spiele kein Golf.«
»Ach nein? Und was ist mit Tennis?«
»Ich fürchte, auch da muss ich passen«, antwortete ich freundlich. »Aber ich kann Rommee, Backgammon und Mau-Mau spielen …«
»Stell dein Licht bloß nicht unter den Scheffel.« Ludger blinzelte mir zu und drückte unter dem Tisch aufmunternd meine Hand. »Belinda ist beim Tennis ein echtes Naturtalent. Mit ein bisschen Übung und ein paar Trainerstunden würde sie mich in null Komma nichts vom Platz fegen.«
Nachdem dieser Punkt nun abgearbeitet war, wandte Frau vom Hagen sich dem nächsten Themenkomplex zu. »Und was machen Sie beruflich?«
»Ludger hat erzählt, dass Sie in der Modebranche arbeiten«, startete Ludgers Vater zum ersten Mal den Versuch, sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Vielleicht wollte er sich aber auch
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