Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
dabei fast mit Philipp zusammen, der den Finger schon auf dem Klingelknopf liegen hatte. Offenbar musste man gar nicht vom Teufel reden, es reichte schon, an ihn zu denken.
»Hallo, Belinda.«
»Ach, hallo, Philipp.« Na bitte, das hatte doch verhältnismäßig normal geklungen. Vielleicht eine Spur zu tief, dafür aber weder krächzend noch piepsig. Den Wäschekorb fest vor die Brust gepresst, lehnte ich mich Halt suchend gegen den Türrahmen. Meine Knie waren plötzlich weich wie Wackelpudding. »Lili ist nicht da«, teilte ich Philipp kurz angebunden mit. So, und jetzt verzieh dich wieder!, setzte ich in Gedanken hinterher.
»Ich weiß, dass Lili nicht zu Hause ist. Ich hab sie vorhin im Treppenhaus getroffen.« Ohne auf meinen wütenden Protest zu achten, schob Philipp mich zur Seite und spazierte wie selbstverständlich an mir vorbei in die Diele.
»Komm ruhig rein und fühl dich ganz wie zu Hause.«
Philipp ignorierte meine bissige Bemerkung. Er sah mich durchdringend an. »Kannst du mir vielleicht mal erklären, warum du mich in letzter Zeit gemieden hast, als hätte ich eine ansteckende Krankheit?«
»Ich hab dich nicht gemieden«, behauptete ich, auch auf die Gefahr hin, dass er mir im wahrsten Sinne des Wortes an der Nasenspitze ansah, dass ich log. Ich hatte in den vergangenen Tagen so oft an der Tür geklebt und durch den Türspion gelinst, dass meine Nase vermutlich schon völlig deformiert und platt gedrückt war. Und das alles nur, um Philipp nicht zufällig im Treppenhaus über den Weg zu laufen.
»Halte mich jetzt bitte nicht für kleinkariert, aber findest du nicht, dass es langsam mal an der Zeit ist, dass wir uns über neulich abends unterhalten. Schließlich hätten wir fast zusammen geschlafen.«
»Du sagst es. Wir hätten fast zusammen geschlafen. Es ist doch eigentlich gar nichts passiert.«
»Du meinst, es ist nichts passiert?!«
»Ich hab ›eigentlich‹ gesagt«, erwiderte ich zerknirscht. Erneut übermannte mich das schlechte Gewissen. Was war ich nur für eine lausige Schwester! »Aber wir wissen doch schließlich beide, dass dieser kleine Ausrutscher«, ich wählte absichtlich den Ausdruck, den Mareike im Café verwendet hatte, »nichts zu bedeuten hatte.«
»So siehst du das also.«
Ich war froh, dass Philipp einen sachlichen Tonfall anschlug. Das machte es einfacher.
»Die Sache bleibt unter uns und wird sich ganz bestimmt nicht wiederholen«, versicherte ich eifrig.
»Da bin ich ja beruhigt.«
Damit wäre dann wohl alles geklärt. Gottlob, von nun an konnte ich endlich wieder unbesorgt den Waschkeller benutzen, wie jeder andere Mieter auch. Apropos … Ich verschwand im Badezimmer, um Philipps T-Shirt zu holen. »Hier! Wenn ich mich nicht irre, gehört das dir. Waschen musst du es allerdings selbst.«
»Oh, danke.« Philipp nahm das völlig zerknautschte T-Shirt an sich. »Das hab ich schon gesucht.«
»Wirklich traurig, wenn du nicht mal mehr weißt, wo du deine Klamotten überall ausgezogen hast.« Die Spitze konnte ich mir einfach nicht verkneifen. »Und wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest. Ich hab keine Zeit. Ich muss Koffer packen.«
»Koffer packen? Heißt das, du verreist?«
»Clever kombiniert.« Ich spürte den unbändigen Drang, Philipp zum Abschied noch einen reinzuwürgen. »Ich fliege mit Ludger nach Amerika.«
»Dann ist zwischen euch also alles wieder in Ordnung?«
»Sicher, die Sache mit Jil hat sich geklärt«, antwortete ich cool. Äußerlich war ich die Ruhe und Gelassenheit in Person, doch innerlich bebte ich.
»Jetzt wird mir so einiges klar.« Philipp wandte sich zum Gehen. An der Tür drehte er sich jedoch noch einmal um. »So einen Goldfisch lässt man nicht so einfach von der Angel hüpfen, nicht wahr?« Der Teil im Gehirn, der ihn normalerweise davon abhielt, beleidigende Sachen zu sagen, machte wohl gerade Pause. »Du bist doch nur ein nettes kleines Spielzeug für ihn. Wie sein Porsche. Er wird wohl nicht so geschmacklos sein, dir Geld auf das Kopfkissen zu legen, aber eine Reise nach Amerika ist natürlich auch nicht übel«, sagte er, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand.
»Arschloch!« Natürlich ist es unfein, seine Mitmenschen mit dem bösen A-Wort zu besudeln. Aber ungemein befreiend!
Kapitel 22
A merika, ich komme! Ich brannte darauf, den fernen Kontinent zu entdecken. Heißa, ich fühlte mich wie Christoph Kolumbus. Auch wenn der große Seefahrer mit Sicherheit nicht halb so komfortabel gereist war.
Zum
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