Der Kater der Braut: Roman (German Edition)
Tag sollten wir nach Hause fliegen. Trotz dieser betrüblichen Aussicht wollten wir uns die Stimmung nicht vermiesen lassen. Gleich nach dem Abendessen waren wir an die Bar gegangen, um auf einen rundum gelungenen Urlaub und einen guten Heimflug zu trinken. Als wir gerade unseren ersten Cocktail ausgeschlürft hatten, stießen zwei Texaner zu uns. Die beiden hatten beim Roulette mit hohem Risiko gespielt – und gewonnen! Nun waren die Jungs völlig aus dem Häuschen und bestanden darauf, eine Runde zu schmeißen. Aus dem einen Drink wurden erst zwei und schließlich sogar drei. Die Strawberry Margaritas lösten meine Zunge. Ich hätte wetten können, dass alle Amis mich um mein perfektes »th« beneideten …
Als die Texaner sich im breitesten Slang von uns verabschiedeten, hatte ich bereits ordentlich einen sitzen. Und auch Ludger schien mir nach vier Caipirinhas nicht mehr ganz nüchtern zu sein. Seine Ohrläppchen leuchteten im Dämmerlicht der Bar wie Glühwürmchen, was bei ihm ein sicheres Zeichen dafür war, dass der Alkohol seine Wirkung entfaltete. Trotzdem dachten wir gar nicht daran, ins Bett zu gehen. Aufgekratzt ließen wir alle Stationen unserer Reise noch einmal Revue passieren. Es war alles bestens – bis Ludgers Handy klingelte.
»Meine Mutter«, stellte Ludger mit einem Blick auf das Display fest.
Die Frau verfolgte mich nicht nur in meinen Albträumen, sondern sogar bis ans andere Ende der Welt. »Wie kann man denn um diese Zeit noch anrufen?«, echauffierte ich mich mit schwerer Zunge. »Es ist schon nach elf.«
Ludger grinste. »Hier vielleicht. Aber in Deutschland ist es acht Uhr morgens. Da hat meine Mutter gewöhnlich ihre erste Runde auf dem Heimtrainer hinter sich.« Er lächelte mich entschuldigend an. »Sorry, ich muss rangehen. Immerhin ist es möglich, dass was passiert ist.«
Und ob was passiert war! Die alte Schrapnell hatte es geschafft, mir die Stimmung zu versauen. Bis eben war Deutschland noch Tausende Kilometer entfernt gewesen, nun rückte es mit jedem »Ja, Mutter« und »Natürlich, Mutter«, das Ludger von sich gab, näher und näher.
Ich hielt Ausschau nach dem Barkeeper. »Noch so ’n Erdbeershake! Obst ’s gesund.« Meine Aussprache klang vermutlich etwas verwaschen und undeutlich. Was aber nicht weiter tragisch war, denn der Mann hinter der Theke verstand sowieso kein Deutsch. Dafür aber umso besser Zeichensprache. Im Handumdrehen hatte er mir eine neue Margarita gemixt.
Ha, jetzt konnte Ludgers Mutter und alle meine anderen Probleme und Problemchen sich auf was gefasst machen! Ich nahm mir vor, sie eiskalt im Alkohol zu ertränken. Langsam und qualvoll sollten sie dahinsiechen.
Während ich versonnen an meinem Strohhalm nuckelte, verfolgte ich mit halbem Ohr Ludgers Telefonat. Der Arme kam nicht besonders oft zu Wort. Sein längster Gesprächsbeitrag, soweit ich das mitgekriegt hatte, war: »Ganz wie du meinst, Mutter.«
Mit jedem Schluck verschwamm Ludger mehr vor meinen Augen, doch eins sah ich plötzlich überraschend klar: Unsere Beziehung war zum Scheitern verurteilt. Gegen Jil und seine Mutter hatte ich nicht den Hauch einer Chance. Wenn Ludger aus Rücksicht auf seine Eltern damit gewartet hatte, Jil den Laufpass zu geben, würden sie ihn früher oder später bestimmt auch dazu bringen, wieder zu ihr zurückzukehren. Verdammte Hacke! Warum ging mir das erst jetzt auf? Wieder einmal verplemperte ich nur meine Zeit mit einem Mann.
Mittlerweile waren der Barkeeper und ich ein perfekt eingespieltes Team. Er las mir jeden Wunsch von den vermutlich schon ziemlich glasigen Augen ab. Sobald ich mein Glas leer geschlürft hatte, stand bereits ein neuer, appetitlich angerichteter Cocktail vor meiner Nase. Aber offenbar hatten die quälenden Zweifel Frei-, Jugend- und Fahrtenschwimmer. Sosehr ich mich auch bemühte – sie wollten einfach nicht absaufen.
»O. K., bis morgen, Mutter.« Endlich beendete Ludger sein Telefonat.
»Das hat doch alles keinen Sinn«, brummte ich düster.
»Werden wir jetzt philosophisch? Was hat keinen Sinn? Das Leben?«, neckte mich Ludger. »Könntest du dich vielleicht ein wenig präziser ausdrücken?«
»Na, das mit uns. Sehen wir den Tatsachen doch mal ins Auge: Wir werden eine schöne Zeit zusammen verbringen, aber irgendwann wirst du ›Bye-bye, baby!‹ sagen und reumütig zu Jil zurückkehren.«
»Blödsinn. Wie kommst du denn auf so etwas?«
»Weil deine Mutter mich nie akzeptieren wird«, nuschelte ich. »Sie will Jil
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