Der Kater läßt das Mausen nicht
genommen hatte, oder zu irgendeinem
anderen Ort. Hier unten im Dorf standen die Häuser eng beieinander. Was auch
immer aus den Schubladen verschwunden war — wenn Ottermole weiterhin darauf
bestand, daß Ungleys Tod ein Unfall gewesen war, würde es eine Heidenarbeit
bedeuten, es zu finden.
Wenn der alte Mann nun auf dem Campus
getötet worden wäre und nicht unten im Dorf, hätte Shandy veranlaßt, daß
Präsident Svenson auf der Stelle die Staatspolizei hinzugezogen hätte. Doch so
gab es keine legale Grundlage für ein Eingreifen Svensons, da es sich lediglich
um einen toten Professor handelte, den er bereits vor 30 Jahren losgeworden
war, sobald er festgestellt hatte, was Ungley tatsächlich zu leisten
beziehungsweise nicht zu leisten vermochte.
Shandy vermutete, daß er Svenson
trotzdem zu Rate ziehen sollte, doch zuerst tat er sicher besser daran, Goulson
den versprochenen Besuch abzustatten und sich zu vergewissern, ob sie es hier
tatsächlich mit einem Mord zu tun hatten. Mrs. Lomax konnte inzwischen kaum
erwarten zu gehen, denn sie hatte eine dringende Verabredung mit dem
Staubsauger von Familie Arnes oben am Crescent.
»Gehen Sie nur ruhig, Mrs. Lomax«,
forderte er sie auf. »Ich selbst muß um elf wieder bei meinen Studenten sein,
aber ich möchte zuerst kurz bei Goulson vorbeisehen. Ich weiß nicht, ob Mrs.
Shandy bereits zur Bibliothek gegangen ist, aber wenn Sie sie zufällig sehen,
könnten Sie ihr bitte kurz erzählen, was mit Ungley passiert ist, wenn es Ihnen
nichts ausmacht?«
Mrs. Lomax versicherte ihm, es würde
ihr absolut nichts ausmachen, und eilte in Richtung Crescent. Shandy schlug den
Weg ein, den auch Edmund genommen haben mußte, als er zum Clubhaus gelaufen
war. Er bemerkte einige Personen, die sich darüber unterhielten, wie Professor
Ungleys Kopf genau von der Zinke da vorne durchbohrt worden war, wobei sie
allerdings meist auf eine völlig falsche Stelle deuteten.
Der Aussage von Mrs. Lomax nach zu
urteilen, war sein Kopf allerdings überhaupt nicht durchbohrt worden, denn sie
hatte die Leiche zusammengesunken an der Egge liegend gefunden. Es gab keinen
Grund für die Vermutung, daß sie die Unfallstelle nicht als erste betreten
hatte, und noch weniger dafür, daß jemand ihn hochgehoben hatte, danach
woanders hatte fallenlassen und fortgelaufen war.
Die spärlichen Blutspuren auf der
Eggenzinke schienen allerdings auszuschließen, daß Ungley wirklich in die Egge
gefallen war, und schienen eher darauf hinzuweisen, daß hier jemand versuchte,
die anderen an der Nase herumzuführen. Zur Begeisterung der Zuschauer nahm
Shandy sein Taschenmesser wieder heraus, kramte einen benutzten Umschlag aus
seiner Tasche und schabte ein wenig von dem blutbefleckten Rost hinein.
»He, Prof«, brüllte ein Knirps von etwa
elf Jahren, »werden Sie jetzt wieder Nachforschungen anstellen?«
»Ich werde gleich Nachforschungen
darüber anstellen, warum du nicht in der Schule bist und was du hier zu suchen
hast«, fuhr ihn Shandy an. »Weiß deine Mutter überhaupt, daß du hier bist?«
Der Junge murmelte eine höchst
unhöfliche Bemerkung über Shandys Eltern, schlängelte sich durch die
Menschenmenge und verschwand. Shandy verstaute seine Stichprobe in seiner
Tasche und machte sich auf den Weg zu Goulson. Der Bestattungsunternehmer
wartete bereits in seinem zweitbesten schwarzen Anzug und mit einem
Gesichtsausdruck freundlicher Besorgnis auf ihn.
»Direkt hier entlang, Professor. Der
Verstorbene liegt bereits auf dem Einbalsamierungstisch. Ich habe ihn mit einem
Tuch bedeckt, damit Sie nur das anzusehen brauchen, was Sie auch sehen wollen,
obwohl ich fast schon glaube, daß Ihnen inzwischen eine Leiche kaum mehr
ausmacht als mir. Aber wir wollen nicht vergessen, daß es sich immerhin um
einen Menschen handelt, der anderen etwas bedeutet hat«, fügte er hinzu, denn
Goulson war ein sehr gutherziger Mann.
»Mhm«, sagte Shandy. »Ich frage mich
allerdings ernsthaft, wem Ungley wohl etwas bedeutet haben könnte — und was.
Würden Sie ihn bitte einmal umdrehen, Goulson? Ich würde mir gerne die Wunde am
Kopf ansehen.«
»Aber natürlich.« Professionelle
Gewandtheit war eine Selbstverständlichkeit für den Bestattungsunternehmer.
»Wäre es Ihnen lieb, wenn ich das Blut ein wenig abwische? Der Hinterkopf sieht
nicht sehr angenehm aus.«
»Das dürfte eine höfliche Untertreibung
sein.« Shandy schüttelte den Kopf. »Wie um alles in der Welt kann er bloß so
stark geblutet haben, ohne daß
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