Der Kater läßt das Mausen nicht
Wohnung ein bißchen
gemütlicher aussieht, und Edmund hat mich auch schon besucht. Meine Güte,
dieser Kater ist ja eine richtige Persönlichkeit! Heute nachmittag ist er auf
Wanderschaft gegangen und wegen Herumstreunens festgenommen worden. Fred
Ottermole hat ihn mit dem Streifenwagen nach Hause gebracht. Diese Stadt ist
wirklich völlig anders als Detroit, das können Sie mir glauben! Aber mir
gefällt es, daß hier jeder jeden kennt.«
Er warf Shandys Begleiter einen
höflich-fragenden Blick zu.
»Darf ich Sie mit Professor Joad vom
Chemischen Institut bekanntmachen«, erklärte Shandy, »und das ist Alonzo
Bulfinch, unser neuer Wachmann. Er ist Ungleys Neffe. Joad und ich waren unten
bei der Balaclava Society und haben nach Blutspuren gesucht, Bulfinch. Wir
haben aber leider nichts gefunden, was wir eigentlich auch erwartet hatten,
aber versuchen mußten wir es natürlich trotzdem.«
»Nett von Ihnen, sich darum zu kümmern.
Es tut mir wirklich leid, daß mein Onkel Ihnen so viel Arbeit macht. Ich weiß
gar nicht so recht, was ich von der ganzen Angelegenheit halten soll. Ich
wünschte, ich hätte ihn vor seinem Tod kennengelernt, aber was Betsy so erzählt
— ach, Betsy ist wirklich eine bemerkenswerte Frau! Sie hat mich zum Abendessen
eingeladen. Das beste Essen, das ich seit dem Tod meiner Frau zu mir genommen habe.
Und dann haben wir uns zusammen vor den Fernseher gesetzt und die Nachrichten
gesehen, und dann — nun ja, jedenfalls hat Betsy gesagt, mein Onkel sei
überhaupt nicht gesellig gewesen. Vielleicht hätte er mich nicht einmal
gemocht.«
Bulfinchs Stimme klang bei dieser
Bemerkung etwas überrascht, was Shandy gut nachvollziehen konnte. Dieser
quirlige, liebenswürdige kleine Kerl hatte bestimmt nur selten Probleme mit
anderen Menschen. Mrs. Lomax hatte also ihren neuen Mieter zum Essen
eingeladen. Das würde Helen sicher interessant finden. Shandy selbst übrigens
auch, obwohl er annahm, die Einladung hatte etwas mit der Tatsache zu tun, daß
Bulfinch ein Freund von Silvester Lomax war. Und vielleicht wollte Betsy auch
beweisen, daß sie jederzeit ein ebenso leckeres Essen kochen konnte wie Maude.
Aber all diese Überlegungen konnten
Peter nicht davor bewahren, daß er immer noch seine Klausuren zu korrigieren
hatte. Als er sich schließlich von Joad und Bulfinch verabschiedet hatte und
sich seiner lange aufgeschobenen Arbeit widmen konnte, war es bereits reichlich
spät. Alles in allem, ging es ihm durch den Kopf, als er sich endlich neben
seiner sanft schlummernden Gattin ins Bett kuschelte, war es ein ganz schön
anstrengender Tag gewesen.
Er hatte seinen Schlaf zwar bitter
nötig, konnte aber leider nur sehr wenig davon genießen. Er hatte gerade
angefangen, in einem angenehmen Traum den großen, graugrünen, trägen Limpopo in
einem Heckraddampfer zu befahren, um nach dem perfekten Alligatorpaar zu
suchen, und Krokodilstränen zu vergießen, weil er keine geeigneten Exemplare
finden konnte, als er unsanft geschüttelt und gerüttelt wurde.
»Hart Steuerbord«, murmelte er. »Sie
paaren sich zwei Grad achtern vom Banyanbaum.«
»Peter, wach doch um Gottes willen
auf!«
»Was? Oh, du bist’s, Helen. Komm her zu
mir, meine kleine Alligatorin.«
»Nun hör schon auf, du alter Lustmolch.
Thorkjeld sitzt wieder in der Patsche.«
»Hier?«
»Nein, aber er hat gerade angerufen. Er
will, daß du sofort im Wachgebäude auftauchst.«
»Er muß völlig übergeschnappt sein.«
Trotzdem setzte sich Shandy auf und
fing an, im Eiltempo die Kleidungsstücke wieder anzuziehen, die er erst vor
kurzem abgelegt hatte. »Wie spät ist es eigentlich?«
»Halb drei. Irgendeine Frau ist
ermordet worden. Einer der Wachmänner hat die Leiche gerade auf dem Campus
gefunden.«
»Wer ist die Frau? Hat er irgend etwas
Näheres gesagt?«
»Nein, du kennst doch Thorkjeld. Er
macht nur merkwürdige Geräusche. Es klang so etwa wie Ruth Smuth, aber das ist
ja wohl lächerlich. Wer würde schon Ruth Smuth heißen!«
Shandy stieß einen tiefen Seufzer aus.
»Jetzt vielleicht nicht mehr, aber heute nachmittag gab es noch jemanden mit
dem Namen. Ruth Smuth ist die Frau, die den ganzen Schlamassel angezettelt hat.
Ich frage mich nur, wer beschlossen hat, ihrem Treiben ein Ende zu setzen.
Kannst du mir vielleicht zufällig sagen, wo mein anderer Schuh ist?«
Kapitel 15
R uth Smuth würde ganz sicher keinem
Komitee mehr vorstehen. Der blauweiße Schal, den sie vor den Kameras so
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