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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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stieß.
    »Ich möchte bitte telefonieren«, sagte ich.
    Sie starrte mich an, als hätte ich ihr Erstgeborenes eingefordert, doch dann führte sie mich ins Büro. Von dort rief ichMcCrabban an und sagte ihm, er solle so schnell wie möglich ins Krankenhaus kommen. Ich ging in die Cafeteria, holte eine Kanne Tee und wartete auf Dr. Cathcart und Crabbie an einem Fensterplatz zum Garten hin. Ich untersuchte die Patrone: 9mm, aus kurzer Entfernung abgefeuert. Dann besah ich mir den Beutel, den mir Dr. Cathcart gegeben hatte.
    Ich rollte das Papier im Beutel auseinander.
    »Was zum Teufel ist das?«, sagte ich zu mir selbst.
    Das Stück Papier war verdreckt und verblichen, aber es handelte sich ganz eindeutig um die ersten zwölf Takte eines Notenblatts:

    Ich besah mir die Noten eine Weile. Ein paar Dinge waren ganz offensichtlich. Es handelte sich um einen Teil einer Oper, allerdings arrangiert für Solo-Tenor und Klavier. Die Melodie war mir irgendwie vertraut, aber ich kam nicht drauf. Das Libretto fehlte, aber das war bei Transkriptionen ja nicht ungewöhnlich. Ich summte die Melodie noch einmal. Etwas sehr Berühmtes. Italienisch. Verdi oder Puccini. Aberwelche Oper, und was stand im Libretto? Ich brauchte einen Experten. Während ich noch grübelte, tauchte Crabbie auf.
    »Himmel, wie hast du es denn so schnell geschafft?«
    »Zur Hintertür raus über die Gleise. Ist der Tee für mich?«, sagte er.
    »Nein. Hier«, sagte ich und reichte ihm den Beutel. »Dr. Cathcart hat das im Arsch des Opfers gefunden. Matty soll das mit aller forensischen Sorgfalt öffnen. Wenn er damit fertig ist, soll er mir davon eine Fotokopie machen und sie mir von einem der Reserve-Constables bringen lassen, aber zackig. Sorg dafür, dass Matty alles gibt. Vielleicht hat der Mörder nicht damit gerechnet, dass wir das hier finden, und war etwas sorglos.«
    »Ähm, das steckte dem Opfer im … Hintern?«
    »Ja. Hier, nimm.«
    »Okay, Boss«, sagte Crabbie und fasste den Plastikbeutel mit spitzen Fingern an.
    »Und das auch«, sagte ich und reichte ihm die Fingerabdrücke.
    »Was ist das?«, wollte Crabbie wissen.
    »Die Hand, die wir gestern Nacht neben der Leiche gefunden haben? Die stammt von einer anderen Person.«
    »Ernsthaft?«
    »Matty und ich haben das übersehen. Hab mich vor der Pathologin ganz schön blamiert.«
    »Die Hand eines anderen lag neben der Leiche? Worum geht’s hier bei dem Fall?«
    »Es kommt noch dicker.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Er hatte Sperma im Arsch. Gut möglich, dass er post mortem vergewaltigt wurde. Vergewaltigt, ein Notenblatt im Hintern, eine Hand abgetrennt. Wir bewegen uns hier auf ganz schön schrägem Terrain, Crabbie.«
    Er hatte die Augen aufgerissen. »Wenn die Presse davon Wind bekommt …«
    »Aber das tut sie nicht, Crabbie, oder? Erst wenn wir so weit sind.«
    »Bestimmt nicht, Sean. Bestimmt nicht.«
    »Gut. Und hier ist die Kugel. Bring die zur Ballistik. Und lass mir so schnell wie möglich die Fotokopie bringen.«
    Crabbie zog zutiefst unglücklich ab.
    Als er verschwunden war, holte ich mein Notizbuch heraus und schrieb: »Schuss in die Brust. Vergewaltigung? Noten. Oper aus dem 19. Jh. Hand als Trophäe abgetrennt und mitgenommen? Zweites Opfer? Folter? Informant? Etwas anderes, das nur wie Mord an einem Informanten aussehen soll?«
    Ich sah zum Cafeteriafenster hinaus in den sich verdunkelnden Himmel. Der Wind hatte zugenommen, es regnete. Schwerer Regen von Nordost. Die Blumen im gepflegten Krankenhausgarten wurden ziemlich durchgeschüttelt. Ich blätterte um und zeichnete sie: syringa wolfii , syringa persica – hier, im Schatten des Bahndamms, auf totem Boden, wuchs im Mai der Flieder.
    Dr. Cathcart setzte sich. Sie hatte geduscht und Zivilkleidung angezogen. Enger, senffarbener Pullover, schwarze Hose, Highheels. Ihr Haar war ein langer Strom aus Schwarz, der unheimlich präzise über ihre rechte Schulter lief. Sie war der bösen Samantha aus Verliebt in eine Hexe wie aus dem Gesicht geschnitten.
    »Darf ich Mutter spielen?«, fragte sie und schenkte Tee ein.
    »Wenn ich der perverse Onkel sein darf.«
    Sie goss den Tee ein wie eine Chirurgin. Erst Milch, dann Tee, dann wieder Milch, dann zwei Stück Zucker. In der langen Schweigeminute zog ein Armeehubschrauber im Tiefflug über uns hinweg.
    »Haben Sie noch weitere Fragen, Sergeant Duffy?«
    »Der Samen im Rektum des Opfers, gibt es irgendeineMöglichkeit, wie man ihn dazu verwenden könnte, den Mörder zu identifizieren?«,

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