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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adrian McKinty
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Fotos. Fingerabdrücke. Befragung der Nachbarn. Eine aus der Wand gepolkte 9-mm-Patrone. Ich bat Laura darum, bei der Autopsie auf weitere Schussverletzungen zu achten.
    Der Tag wurde lang und verging. Wir fuhren Laura heim und dankten ihr für ihre Hilfe. Auf dem Revier setzten wir uns erneut zusammen.
    Natürlich: Jetzt, wo wir den Toten kannten, kam die Bestätigung des ersten Satzes Fingerabdrücke aus Belfast zurück: »Andrew Young, geb. 12.3.1921. 4 Lough View Way, Boneybefore, Carrickfergus. Keine bekannten Verwandten. Keine Vorstrafen.«
    Der zweite Satz wurde noch bearbeitet.
    Wir tüteten die Beweise ein. Ich schickte die Jungs heim und fuhr zurück nach Boneybefore, um den Abtransport der Leiche ins Carrick Hospital zu beaufsichtigen. Ein privates Bestattungsinstitut kümmerte sich darum, da die Polizei überfordert war. Danach zog ich mich um, Hemd und Krawatte, und überbrachte die Nachricht dem Arbeitgeber von Young, Jack Cook, Leiter der Carrickfergus Grammar School.
    »Andrew? Das kann ich nicht glauben! Andrew war einer unserer besten Lehrer. Ein toller Mann. Wie? Wann? Nein, er hatte keine Feinde. Machen Sie Witze? Alle liebten Andrew.«
    Nun war es Mitternacht, und ich mixte mir einen Wodka Gimlet, hörte mir die schlechten Neuigkeiten im Radio an und legte La Bohème auf. Eine alte 78er. Toscaninis eigene, eilige, eigenwillige Einspielung von 1946.
    Als ich zu Mimis berühmter erster Arie kam, nahm ich das Libretto und las mit: »Man ruft mich Mimi, ich weiß nicht, warum! Ma quando vien lo sgelo. Il primo sole è mio. Der erste Kuss im Lenz ist mein!«
    Ich las und lauschte, bis ich einschlief, doch mich überkam keine große Erkenntnis.
    Nein, die kam erst mit der ersten Post am Morgen.

5
QUECKSILBERSCHALTER
    Der Lumpensammler weckte mich mit seinem »Pennys für Lumpen! Pennys für Lumpen!« Ich hörte das Hufgeklapper der alten Schindmähre, dann all die anderen Herolde einer um Ordnung bemühten Gesellschaft: Milchmann, Postbote, Bäcker.
    Ich war im Wohnzimmer unter einer dünnen Decke eingeschlafen und fror. La Bohème hatte die ganze Nacht auf Wiederholung gespielt, und wahrscheinlich hatte ich damit die Rille einer äußerst seltenen Aufnahme ruiniert. Ich hob den Plattenarm ab und begutachtete die 78er. Sie schien in Ordnung zu sein. Ich pustete den Staub von der Schallplatte und schob sie vorsichtig zurück in die Hülle.
    Dann schlurfte ich in die Küche und stellte den Wasserkessel auf den Herd. Ich machte das Radio an, Radio Ulster mit den Nachrichten: »Die Schlagzeilen um Viertel nach. Erneut aufflammende Unruhen erschütterten letzte Nacht Stadtviertel von Belfast, nachdem der Hungerstreikende Frankie Hughes seine letzte Ruhe gefunden hatte. Ein Reserve-Offizier der Polizei wurde in den frühen Morgenstunden vor seinem Haus in Bangor erschossen. Ein Polizeirevier im County Tyrone wurde mit Raketen und Mörsern angegriffen …«
    Ich schaltete das Radio wieder aus und ging in den Flur. Die lächerliche Maschinenpistole lag immer noch auf dem Abstelltischchen. »Wenn hier jemand einbricht und die klaut«, murmelte ich, »dann erwürgt mich Brennan mit meinen eigenen Eingeweiden.« Ich fragte mich, ob ich die Waffe an einem Wochenende, wenn der zuständige Beamte derWaffenkammer nicht im Dienst war, zurückschmuggeln konnte.
    Ich hob die Post vom Boden auf und öffnete die Haustür, um die Milch hereinzuholen, bevor sich die Sperlinge darüber hermachten. Mrs Campbell holte gerade ihre Milch herein. Sie hielt sich den Morgenmantel mit einer Hand zu und griff mit der anderen nach den Flaschen. Ich konnte die Wölbungen ihrer Brüste sehen.
    »Guten Morgen, Mr Duffy«, sagte sie.
    »Guten Morgen, Mrs Campbell«, erwiderte ich.
    »Haben die dreckigen Tinker Sie auch geweckt?« fragte sie.
    »Nein, Mrs Campbell, ich war schon auf«, log ich, um eine rassistische Tirade über »Tinker«, »Zigeuner« und so weiter zu unterbinden. Sie wischte sich eine lose Strähne ihrer roten Haare zurück, lächelte und ging wieder hinein.
    Oben auf den Feldern jenseits der Kuhweide konnte ich ein sich wiederholendes Klatschen hören. Vielleicht übte ein örtlicher Virtuose ein modernistisches Stück von Steve Reich, dachte ich sarkastisch … sarkastisch deswegen, weil wohl eher jemand mit einer .22er Schießen übte.
    Eine Gruppe verärgerter Sperlinge kam auf den Treppenabsatz geflattert und suchte nach Milchflaschen, die sie aufhacken und ausräubern konnten, doch diesmal hatte ich sie alle

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