Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
verdammt.«
Crabbie und ich sahen uns aufgeregt an.
»Was hat er gemacht, Walter?«
»Ich sag nichts mehr!«, blaffte Hays.
Anderes Tempo. Schritt für Schritt.
»Ist Tommys Wagen schon aufgetaucht?«, fragte ich. Walter schüttelte den Kopf.
»Was für einen Wagen fuhr er denn?«, fragte Crabbie.
»Einen blauen Ford Granada, Baujahr 78, BXI 1263.«
Ich schrieb das Kennzeichen in mein Notizbuch.
»Wie lange waren Sie und Tommy zusammen?«, fragte ich.
»Vier Jahre.«
»Vier Jahre. Er muss Ihnen sehr viel bedeutet haben. Na, kommen Sie schon, Walter. Wollen Sie denn nicht, dass wir Tommys Mörder finden?«
»Aus mir kriegen Sie nichts raus. Nichts«, schluchzte er. »Verschwinden Sie jetzt endlich!«
Ich griff in die Tasche, um ihm eine von meinen Karten zu geben, doch er wollte sie nicht nehmen.
»Wenn sie die im Haus finden, bringen die mich hundertprozentig um«, sagte er. Jetzt flossen richtige Tränen.
»Schon gut, Mann«, sagte ich. Ich drückte ihm die Schulter. »Schon gut«, sagte ich, »schon gut.«
Die Tränen flossen.
Eine Minute verging.
Walter schniefte und riss sich zusammen. Ich sah ihm in die Augen.
»Wen wollte er besuchen, Walter? Nennen Sie uns einen Namen.«
Wieder schniefte er. Sein Gesichtsausdruck nahm eine Spur von Härte an. Er hatte einen Entschluss gefasst.
»Zwei Namen«, flüsterte er.
»Sagen Sie sie.«
»Sie werden ihnen nichts nützen.«
»Warum nicht?«
»Keiner von den beiden ist der Mörder. Die IRA hat schon eine interne Untersuchung durchgeführt, und beide leben noch.«
»Nennen Sie sie mir trotzdem. Sagen Sie mir alles.«
Er putzte sich die Nase. »Also gut. Wenn ich Sie damit loswerde.«
»Wir verschwinden, versprochen.«
Walter seufzte und holte tief Luft. »Okay. Also, es war halb sieben abends, auf BBC2 lief Snooker, Alex Higgins, Tommy liebt es, Alex zuzuschauen, eigentlich, aber er zieht sich eine Jacke an, und ich frage ihn, wohin er will, und er sagt, er müsse mal bei Billy White vorbei, wegen der Unruhen. Ich hab mir nichts dabei gedacht, er geht eh alle vierzehn Tage oder so bei Billy vorbei. Ich hab ihm auch nicht richtig zugehört. Tommy ist schon halb zur Tür raus, da klingelt das Telefon, er geht ran und telefoniert vielleicht eine Minute, aber ich hab mich nicht darum gekümmert, weil ich auch gern Snooker gucke, dann legt er auf, und ich frag ihn, wer dran war. Er sagt nichts. Also dreh ich mich zu ihm um und frag ihn, was los ist. Und er murmelt was von Geschäften, um die er sich kümmern muss, und danach muss er zu Freddie Scavannis Haus. Und dann ist er gegangen. Das war … da hab ich ihn zum letzten Mal gesehen.«
»Was war denn bei Scavannis Haus?«, fragte ich und notierte alles.
Walter machte den Mund auf, schloss ihn, wendete den Blick ab.
»Da ist doch noch was, na los, Walter, raus damit.«
»Nein. Nicht mehr viel. In derselben Nacht rief einer der Hochrangigen an und suchte nach Tommy – etwa eine Stunde nachdem er fortgegangen war –, und ich sagte ihm, was Tommy gesagt hatte.«
»Was meinen Sie mit ›hochrangig‹?«
»Einer der großen Bosse. Aber den Namen kriegen Sie niemals aus mir raus.«
»Einer der großen Bosse der IRA, meinen Sie?«
»Ja.«
»Wie groß?«
»Oben. Ganz oben. Mehr sag ich nicht.«
Wieder warf ich Crabbie einen Blick zu. Er konnte ebenfalls nicht fassen, was er da zu hören bekam.
»Okay, Walter, und was genau haben Sie diesem hohen Tier gesagt?«
»Dass Tommy schon fort ist. Dass er zu Billy White und Freddie Scavanni wollte.«
Ich schrieb mit. »Und was ist dann passiert?«
»Na ja, Tommy ist nicht zurückgekommen, die Bosse haben gegen Mitternacht wieder angerufen, und ich sagte, dass ich ihn noch nicht gesehen hatte. Andauernd bleibt Tommy für die Jungs über Nacht weg, da habe ich mir noch keine Sorgen gemacht. Aber am Morgen haben die Bosse wieder angerufen und dann den ganzen Nachmittag lang. Dann fing ich an, mir richtig Sorgen zu machen, und am Abend klopften ein paar Kerle mit Sturmhauben an die Tür, schleppten mich fort und verhörten mich …«
Er zögerte, unterbrach sich, so als habe er sich gerade dabei ertappt, wie er einen fürchterlichen Fehler gemacht hatte. »Informant« war in Irland schon immer ein vergiftetes Wort gewesen, und heutzutage war ein »Informant« jeder, der in Anwesenheit eines Polizisten auch nur den Mund aufmachte.
»Okay, Sergeant Duffy, das war’s. Sie wissen, was ich weiß. Jetzt gehen Sie und kommen Sie nie wieder«, sagte Walter
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